Seit 1. Januar 2023 ersetzt Bürgergeld das Arbeitslosengeld II und bringt einige Veränderungen mit sich. Dazu zählt etwa ein Schwerpunkt auf der Weiterbildungsförderung von Leistungsberechtigten. Daneben gibt es höhere Freibeträge bei Vermögen und Einkommen sowie höhere Regelsätze beim Regelbedarf.
Was ist das Bürgergeld?
Seit Januar 2023 ersetzt in Deutschland das neue Bürgergeld das Arbeitslosengeld II (umgangssprachlich Hartz 4) als staatliche Leistung zur Sicherung der Grundbedürfnisse. Wie auch das frühere Arbeitslosengeld II handelt es bei Bürgergeld nicht um bedingungsloses Grundeinkommen. Es ist ein Grundeinkommen, aber an verschiedene Bedingungen geknüpft und kann grundsätzlich nur von Arbeitsuchenden oder von Personen mit geringem Einkommen bezogen werden.
Gesetzliche Grundlage des Bürgergeldes ist das Zweite Sozialgesetzbuch. Darin sind etwa dessen Berechnung und dessen Anspruchsvoraussetzungen geregelt.
Merkmale des Bürgergeldes, die es vom Arbeitslosengeld II unterscheiden, sind unter anderem die folgenden:
Ganzheitliche Betreuung Leistungsberechtigter
Schwerpunkt liegt auf Qualifizierung und Weiterbildung
Zeitnahe Anpassung des Geldes, wenn Preise durch Inflation steigen
Höhere Regelsätze bei Regelbedarf
Erhöhte Freibeträge bei Einkommen
Erhöhtes Schonvermögen
Mildere Sanktionen bei Pflichtverletzungen
Kooperationsplan anstelle einer Eingliederungsvereinbarung (ab Juli 2023)
Durch das Bürgergeld-Gesetz wurde der Vermittlungsvorrang abgeschafft. Während es zuvor wichtig war, möglichst schnell eine Arbeit zu vermitteln, liegt der Schwerpunkt nun auf Weiterbildung und Berufsabschlüssen, um eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Durch nachhaltige Integration werden somit kurzfristige Beschäftigungen vermieden.
Weiterbildungsförderung
Es gibt zwei Maßnahmen des Bürgergeld-Gesetzes, um Weiterbildungen zu fördern. Das Weiterbildungsgeld und den Bürgergeldbonus:
1) Weiterbildungsgeld: Empfänger von Bürgergeld können Weiterbildungsgeld erhalten, wenn sie eine Weiterbildung machen, deren Ziel ein Berufsabschluss ist. Die Höhe des Weiterbildungsgeldes beträgt 150 Euro im Monat.
2) Bürgergeldbonus: Für Weiterbildungsmaßnahmen, die nicht zu einem Berufsabschluss führen, können Bürgergeld-Empfänger einen Bürgergeldbonus in Höhe von 75 Euro erhalten. Vorausgesetzt die jeweilige Maßnahme ist geeignet, die Jobchancen langfristig zu erhöhen und beträgt mehr als 8 Wochen.
Voraussetzungen für Bürgergeld
Die Person ist mindestens 15 Jahre alt und hat das Rentenalter noch nicht erreicht.
Die Person hat ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland. Auf die Staatsbürgerschaft kommt es nicht an.
Die Person ist erwerbsfähig.
Die Person ist hilfebedürftig.
Erwerbsfähigkeit
Erwerbsfähigkeit ist Bedingung für Bürgergeld. Damit diese gegeben ist, muss die Person fähig sein, mindestens 3 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen einer Arbeit nachzugehen. Wer das aufgrund von Krankheit oder Behinderung in absehbarer Zeit nicht kann, gilt nach § 8 Abs. 1 SGB II als erwerbsunfähig.
Die gesetzliche Rentenversicherung stellt fest, ob Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Ist dem der Fall, können Betroffene Grundsicherung bei Erwerbsunfähigkeit erhalten.
Erwerbsfähigkeit hat auch einen rechtlichen Aspekt. So können etwa Ausländer nur dann als erwerbsfähig gelten, wenn sie die Erlaubnis haben, eine Beschäftigung auszuüben (§ 8 Abs. 2 SGB II).
Hilfebedürftigkeit
Bürgergeld können nur Personen bekommen, für die finanzielle Unterstützung erforderlich ist, um ihre Grundbedürfnisse zu sichern.
Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit ausschlaggebend,
wie viel Einkommen oder Vermögen zur Verfügung steht.
ob Angehörige oder Dritte finanzielle Unterstützung gewähren.
ob Anspruch auf Sozialleistungen besteht.
Erst wenn nach Ausschöpfung dieser Alternativen keine ausreichende Sicherung des Lebensunterhalts möglich ist, besteht Anspruch auf Bürgergeld. Leben Leistungsberechtigte in einer Bedarfsgemeinschaft, erfolgt die Bedarfsermittlung unter Einbeziehung des Einkommens und Vermögens des/der Partner.
Definition einer Bedarfsgemeinschaft
Teil einer Bedarfsgemeinschaft sind:
erwerbsfähige Leistungsberechtigte
die im Haushalt lebenden Eltern eines unverheirateten, erwerbsfähigen Leistungsberechtigten unter 25 (auch im Haushalt lebende Partner eines Elternteils)
Kinder unter 25, die im Haushalt wohnen und ihren Lebensunterhalt nicht selbstständig sichern können.
Partner des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
Zu Partnern des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten können verschiedene Personen zählen
der Ehepartner
der Lebenspartner
Personen, die mit dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zusammenleben. Unter der Voraussetzung, dass der wechselseitige Wille vorhanden ist, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen.
Antrag auf Bürgergeld
Bürgergeld ist antragspflichtig. Zuständige Stelle dafür ist das Jobcenter der Gemeinde, in der der Antragsteller wohnhaft ist. Der Antrag kann alternativ online erfolgen und zwar auf der Website der Agentur für Arbeit.
Ein Anspruch auf Bürgergeld besteht erst, nachdem ein entsprechender Antrag erfolgt ist. Deshalb gilt es, rechtzeitig den Antrag zu stellen.
In einer Bedarfsgemeinschaft muss nicht jeder einen Antrag stellen. Ein Leistungsberechtigter führt alle Personen an, die der Bedarfsgemeinschaft angehören.
Bürgergeld: Höhe berechnen
Bürgergeld setzt sich zusammen aus drei Teilen
1) Regelsatz: Deckung der Kosten des Lebensunterhalts
2) Kosten für Unterkunft (Miete und Heizung)
3) Kosten für sonstige Personen, die der Bedarfsgemeinschaft angehören und neben dem Antragsteller anspruchsberechtigt sind
Regelbedarfe im Jahr 2023
Der Regelbedarf soll den Lebensunterhalt sichern und umfasst etwa Dinge wie Ernährung, Kleidung und Heizung. Es gibt verschiedene Regelbedarfsstufen, in die Empfänger von Bürgergeld eingeteilt werden können. Je nach Stufe, variiert die Höhe des Regelsatzes:
Regelbedarfsstufe 1
502 Euro im Monat
Alleinstehende,
Alleinerziehende,
Volljährige mit minderjährigem Partner,
Volljährige mit inhaftiertem Partner,
Volljährige mit Partner in Pflegeheim
Regelbedarfsstufe 2
452 Euro im Monat
Volljährige Partner in Bedarfsgemeinschaft (Ehe, Partnerschaft oder ehe- bzw. partnerschaftsähnliche Gemeinschaft mit gemeinsamer Haushaltsführung)
Regelbedarfsstufe 3
402 Euro im Monat
Volljährige leistungsberechtigte Person ohne eigene oder gemeinsame Haushaltsführung,
Volljährige in stationärer Einrichtung,
Personen unter 25, die ohne Zusicherung des kommunalen Trägers umziehen. ( § 20 Abs. 3 SGB II, § 22 Abs. 5 SGB II)
Regelbedarfsstufe 4
402 Euro im Monat
Jugendliche zwischen 14 bis 17 Jahren
Regelbedarfsstufe 5
348 Euro im Monat
Kinder von 6 bis 13 Jahren
Regelbedarfsstufe 6
318 Euro im Monat
Kinder bis zu 5 Jahren
Kosten für Unterkunft
Neben dem Regelbedarf werden beim Bürgergeld auch Bedarfe für Unterkunft und Heizung des Leistungsberechtigten berücksichtigt. Das Jobcenter übernimmt Aufwendungen in angemessenem Umfang. Welche Kosten angemessen sind, orientiert sich an festgelegten Richtlinien des örtlich zuständigen kommunalen Trägers. Dabei spielen etwa eine angemessene Wohnfläche wie auch eine angemessene Höhe der Miete eine Rolle. Wer ein Haus abbezahlt, für den übernimmt das Jobcenter Belastungen wie Schuldzinsen, Versicherung und Grundsteuer. Ebenfalls aber nur in angemessener Höhe.
Zu hohe Aufwendungen für Unterkunftskosten haben Bürgergeldberechtigte nach Aufforderung zu senken.
Karenzzeit
Das erste Jahr, in dem eine Person Bürgergeld bezieht, gilt als Karenzzeit. Das bedeutet:
1) Kosten für Unterkunft (z. B. Miete) werden in vollem Umfang übernommen (Heizung hingegen nur in angemessenem Umfang).
2) Wohneigentum ist bei Prüfung der Hilfebedürftigkeit ausgenommen. Unabhängig von der Fläche.
3) Vermögen wird nicht berücksichtigt, wenn es in Summe 40.000 Euro für den Antragssteller und 15.000 Euro für jede weitere Personen der Bedarfsgesellschaft nicht übersteigt (§ 12 Abs. 3 SGB II).
Freibeträge von Vermögen
Nach Ablauf der Karenzzeit findet eine Prüfung des Vermögens statt. Bevor eine Person staatliche Leistungen in Anspruch nehmen kann, muss sie zuvor ihr gespartes Geld ausgeben. Allerdings gibt es einen Freibetrag in Höhe von durchschnittlich 15.000 Euro pro Person in der Bedarfsgemeinschaft.
Es gibt Arten von Vermögen, die bei der Vermögensprüfung nicht zu berücksichtigen ist. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Schonvermögen. Dazu zählen nach § 12 Abs. 1 SGB II etwa:
Versicherungsvertrag für Alterssicherung
angemessenes Kraftfahrzeug
selbstgenutztes Haus mit bis zu 140 Quadratmetern Wohnfläche oder selbstgenutzte Wohnung mit bis zu 130 Quadratmetern (Bei mehr als 4 Personen im Haushalt erhöht sich die Fläche um 20 Quadratmeter pro Person.)
Hinzuverdienst: Freibeträge
Einkommen aus Erwerbstätigkeit wird auf das Bürgergeld angerechnet. Allerdings gibt es dabei Freibeträge, die gemäß § 11b SGB II nicht angerechnet werden:
Der Grundfreibetrag beträgt 100 Euro im Monat.
Bei Bruttoeinkommen zwischen 101 und 1000 Euro beträgt der Freibetrag 20 Prozent.
Bei Bruttoeinkommen zwischen 1001 und 1200 Euro beträgt der Freibetrag 10 Prozent.
Ab 1. Juli 2023 gelten folgende Regelungen:
Der Grundfreibetrag beträgt 100 Euro im Monat.
Bei Bruttoeinkommen zwischen 101 und 520 Euro beträgt der Freibetrag 20 Prozent
Bei Bruttoeinkommen zwischen 521 und 1000 Euro beträgt der Freibetrag 30 Prozent.
Bei Einkommen zwischen 1001 und 1200 Euro beträgt der Freibetrag 10 Prozent.
Minderung des Bürgergeldes
Verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten gegenüber dem Jobcenter, hat das eine Minderung des Regelsatzes zur Folge. Etwa wenn sie sich weigern, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen oder eine zumutbare Eingliederungsmaßnahme anzutreten (§ 31 SGB II).
Die Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen sehen nach § 31a SGB II folgendermaßen aus.
Erste Pflichtverletzung: 10 Prozent Minderung des Regelsatzes
Zweite Pflichtverletzung: 20 Prozent Minderung des Regelsatzes
Dritte Pflichtverletzung: 30 Prozent Minderung des Regelsatzes
Eine Leistungsminderung kann höchstens 30 Prozent des individuellen Regelsatzes betragen. Keine Minderung ist möglich in Hinsicht auf die Übernahme der Kosten von Unterkunft oder Heizung.
Bürgergeld – Recht einfach erklärt
Was ist der Unterschied zwischen Hartz IV und Bürgergeld?
Bürgergeld ersetzt seit Anfang 2023 das Arbeitslosengeld II, das umgangssprachlich Hartz IV genannt wurde. Gleichfalls ist es ein Grundeinkommen, das der Sicherung der Grundbedürfnisse dient. Allerdings gibt es einige Änderungen, die es vom Hartz IV unterschieden.
Weiterlesen: Was ist das Bürgergeld?
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Wer bekommt Bürgergeld?
Anspruch auf Bürgergeld besteht dann, wenn verschiedene Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählen etwa Hilfebedürftigkeit und Erwerbsfähigkeit. Zudem hat der gewöhnliche Aufenthaltsort in Deutschland zu sein.
Weiterlesen: Voraussetzungen für Bürgergeld
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Wie bekommt man Bürgergeld?
Um Bürgergeld zu beziehen, muss man einen Antrag beim Jobcenter stellen. Das ist sowohl vor Ort als auch online möglich. In einer Bedarfsgemeinschaft genügt die Antragsstellung durch einen Leistungsberechtigten.
Weiterlesen: Antrag auf Bürgergeld
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Wie hoch ist das neue Bürgergeld?
Bei der Änderung von Arbeitslosengeld II zu Bürgergeld haben sich die Regelbedarfe zur Sicherung des Lebensunterhalts erhöht. So erhalten Leistungsberechtigte in Regelbedarfsstufe 1 monatlich 502 Euro.
Weiterlesen: Regelbedarfe im Jahr 2023
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Wird vom Bürgergeld Miete gezahlt?
Neben dem Regelbedarf wird beim Bürgergeld auch Bedarf für Unterkunft und Heizung berücksichtigt. Aufwendungen für die Unterkunft, etwa die Miete, übernimmt das Jobcenter in angemessener Höhe.
Weiterlesen: Was bekommen Bürgergeld-Empfänger alles gezahlt?
Weiterlesen: Was bekommen Bürgergeld-Empfänger alles gezahlt?
Wie groß darf die Wohnung bei Bürgergeld sein?
Eine Vermögensprüfung entscheidet darüber, ob Anspruch auf staatliche Leistungen wie Bürgergeld besteht. Ab einer bestimmten Wohnfläche kann ein selbst genutztes Haus oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung als Vermögen zählen.
Weiterlesen: Freibeträge von Vermögen
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