Arbeitnehmerin nimmt Familienpflegezeit und pflegt damit für 24 Monate eine nahe Angehörige im häuslichen Umfeld. © Adobe Stock | Rawpixel.com

Familienpflegezeit: Wie lange? Wer zahlt? Wie beantragen?

Durch die Familienpflegezeit lassen sich Beruf und Pflege naher Angehöriger besser vereinbaren. Für bis zu 24 Monate können sich Arbeitnehmer dafür einige Stunden wöchentlich freinehmen. Welche Voraussetzungen gibt es? Wie wird der Einkommensverlust kompensiert? Lesen Sie mehr im folgenden Beitrag.

Was ist Familienpflegezeit?


‌Die Familienpflegezeit ermöglicht Arbeitnehmern, die Arbeitszeit zu verringern, um nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen. Die maximale Zeitspanne für eine solche Freistellung beträgt 24 Monate. Die Mindestarbeitszeit in der Woche muss jedoch mind. 15 Stunden betragen

‌Der Arbeitgeber zahlt für diesen Zeitraum weniger Gehalt. Die finanzielle Lage wird aber durch ein sogenanntes zinsloses Darlehen verbessert. Dieses wird vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben gezahlt. 

‌Das Ziel dieser Leistung ist es, Familie, Pflege und Beruf besser in Einklang zu bringen. Die Familienpflegezeit ist etwas anderes wie die Pflegezeit; sie ergänzt die Pflegezeit. 

‌Nachdem die Freistellung beendet ist, steigt der Anspruchsnehmer wieder „normal“ in den Beruf ein. Bis das Zeitkonto ausgeglichen ist, erhält er das reduzierte Gehalt.
Hinweis:
Das Gesetz über die Familienpflegezeit (Familienpflegezeitgesetz - FPfZG) trat am 01.01.2012 in Kraft.

Was ist das Blockmodell?


‌Blockmodell bedeutet, dass die 15 Stunden Mindestarbeitszeit pro Woche im Jahresdurchschnitt gelten. Das heißt, wie sich der Arbeitnehmer freinimmt, kann flexibel an die jeweiligen Bedürfnisse der zu pflegenden Person angepasst werden. Arbeitnehmer und -geber müssen sich untereinander ausmachen, wie die Zeiteinteilung aussieht.

Was ist der Unterschied zwischen Familienpflegezeit und Pflegezeit?


‌Die Familienpflegezeit unterscheidet sich von der Pflegezeit insofern, als für sie bis zu 24 Monate teilweise Freistellung möglich sind. Die Mindestarbeitszeit ist dabei auf 15 Wochenstunden festgelegt. Bei der Pflegezeit hingegen können Beschäftigte für 6 Monate ihre Arbeit einstellen, um einen nahen Angehörigen zu pflegen. Die Arbeit kann dabei also komplett eingestellt werden. 

‌Die Pflegezeit kann zudem bereits beantragt werden, wenn das Unternehmen mindestens 16 Beschäftigte hat; Familienpflegezeit erst bei mindestens 26 Beschäftigten.

Welche Voraussetzungen gibt es?


‌Für die Gewährung von Familienpflegezeit gibt es einige Voraussetzungen: 

‌1) Mind. Pflegegrad 1: 

‌Die erste ist, dass der nahe Angehörige pflegebedürftig mit mindestens Pflegegrad 1 sein muss. Dies muss von der Pflegekasse bzw. des Medizinischen Dienstes bescheinigt werden. 

‌2) Naher Angehöriger:
‌Die „pflegesuchende“ bzw. pflegebedürftige Person muss ein naher Angehöriger der pflegenden Person sein.
Hinweis:
Zu den „nahen Angehörigen“ zählen folgende Personen:

- Eltern, Großeltern, Stiefeltern, Schwiegereltern

‌- Ehegatte, eingetragener Lebenspartner, Lebensgefährte, Schwester/Bruder, Schwägerin/Schwager

- Kinder (auch Adoptivkinder und Pflegekinder – auch des Lebens- bzw. Ehepartners), Schwiegertöchter, Schwiegersöhne, Enkelkinder 
3) Häusliche Umgebung: 
‌Die zu pflegende Person muss in ihrem häuslichen Umfeld gepflegt werden. Das heißt, direkt im Haus oder in der Wohnung des pflegenden oder der zu pflegenden Person. Wird ein minderjähriges Kind gepflegt, kann dies auch „außerhäuslich“ erfolgen. 

‌4) Arbeitsverhältnis: 
‌Der Antrag wird von einem Arbeitnehmer, Auszubildenden oder einem in Heimarbeit Beschäftigten gestellt. 

‌5) Arbeitsausmaß: 
‌Der Antragsteller arbeitet für mindestens 15 Stunden pro Woche in seinem Betrieb (darauf muss er im Jahresdurchschnitt kommen – „Blockmodell“) 

‌6) Unternehmen braucht mind. 26 Beschäftigte: 
‌Das Unternehmen muss mind. 26 Beschäftigte haben, dass ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit bestehen kann. Auszubildende zählen nicht als Mitarbeiter.

Wie und wann muss sie beantragt werden?


‌Wie und wann muss sie beantragt werden?
  • Antragsfrist: 
    ‌Die Freistellung muss mindestens 8 Wochen vor ihrem Beginn dem Arbeitgeber schriftlich angekündigt werden. Soll die Familienpflegezeit nach der Pflegezeit einsetzen, muss die Ankündigung mind. 3 Monate vor ihrem Einsetzen erfolgen.   
  • Unterlagen: 
    ‌Der Arbeitgeber braucht dafür eine Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit der oder des nahen Angehörigen.   
  • Angaben: 
    Dauer und Umfang der benötigten Zeit müssen im Antrag stehen.   
  • Achtung:
    Erklärt der Antragsteller nicht genau, ob er Familienpflegezeit oder Pflegezeit beantragt und erfüllt er die Voraussetzungen für jeweils beide Varianten, so beantragt er automatisch Pflegezeit.
  • Änderungen: 
    ‌Die maximale Dauer der Freistellung beträgt zwei Jahre (24 Monate). Wer zuerst weniger Monate ankündigt, kann auch dann noch weitere Monate ankündigen, wenn die Zeit bereits zu laufen begonnen hat.   
  • Arbeitszeit: 
    ‌Arbeitnehmer und Unternehmen müssen sich über die Arbeitszeiten verständigen. 
  • Hinweis:
    Weitere Informationen zu Freistellung und Darlehen lesen. Hier können Sie auch die notwendigen Dokumente downloaden.

    Was ist ein zinsloses Darlehen für die Familienpflegezeit?


    ‌Der Arbeitgeber zahlt durch die reduzierte Arbeitszeit weniger Geld aus. Aus diesem Grund gibt es die Möglichkeit, ein zinsloses Darlehen zu beantragen. Dadurch können „Familienpflegende“ ihr Einkommen aufstocken. Das Geld wird in Raten zurückgezahlt, sobald die gänzliche oder teilweise Freistellung beendet ist; jedoch ohne Zinsen.

    Höhe


    ‌Wie hoch das Darlehen ausfällt, kann man mithilfe des Familienpflegezeit-Rechners herausfinden. Grundsätzlich ist es halb so hoch wie das Durchschnitt-Netto-Einkommen. Die Berechnung erfolgt unter Berücksichtigung …
  • des Bruttoverdienstes der vergangenen 12 Monate vor Antragsstellung
  • der Arbeitszeit vor sowie nach der Arbeitszeitreduzierung, 
  • der Anzahl der freizustellenden Monate und 
  • der Lohnsteuerklasse. 
  • Auszahlung und Rückzahlung


    ‌Das Darlehen wird monatlich ausgezahlt und es ist später, nach Beendigung der Förderung wieder zurückzuzahlen. Unter Umständen kann eine Härtefallregelung greifen: In diesem Fall muss das Geld erst zu einem späteren Zeitpunkt zurückgezahlt werden. Möglich ist in manchen Härtefällen auch, dass die Darlehensschuld teilweise oder gänzlich erlassen wird. 

    ‌Die Rückzahlung erfolgt, indem der Arbeitgeber monatlich den Aufstockungsbetrag vom Gehalt „abzieht“, bis das Guthaben ausgeglichen ist. Sie startet am Ende des Folgemonats, nachdem die Familienpflegezeit beendet wurde. Möglich ist eine spätere Rückzahlung: Der Arbeitgeber kann dies beantragen. Die Rückzahlung muss aber allerspätestens 25 Monate nach Beginn der Förderung beginnen.

    Wie lange kann man die Leistung in Anspruch nehmen?


    ‌Sie kann maximal 24 Monate in Anspruch genommen werden. Während dieses Zeitraums hat der Freigestellte einen Kündigungsschutz. Wer Pflegezeit und Familienpflegezeit zusammen, also nacheinander, nimmt, dürfen beide zusammen maximal 24 Monate lang in Anspruch genommen werden. Die Pflegezeit darf dabei nur 6 Monate betragen.
    Hinweis:
    Werden beide Zeiten in Anspruch genommen, muss dies „in einem Stück“ ohne Unterbrechung erfolgen.

    Wann endet die Familienpflegezeit?


    ‌Die Familienpflegezeit endet entweder genau zu dem ausgemachten Zeitpunkt, oder vorzeitig 4 Wochen …
  • nachdem mindestens eine Voraussetzung nicht mehr erfüllt werden kann, 
  • nachdem der Beziehende die 15 Stunden wöchentlich wegen gesetzlicher und berufsgruppenbezogener Bestimmungen – wie etwa Tarifverträge – nicht mehr erbringen kann. 
  • Hinweis:
    Führt die Kurzarbeit zu einem Unterschreiten der Arbeitszeit, wird die Familienpflegezeit nicht vorzeitig beendet.
    Der Arbeitgeber ist außerdem verpflichtet, alle Änderungen an das BAFzA zu melden, welche für das Darlehen relevant sind.

    Kann sie verlängert werden?


    ‌Sie kann verlängert werden, wenn sie für weniger als 24 Monate beantragt wurde. Dann kann sie bis auf 24 Monate weitergeführt werden, sofern der Arbeitgeber zustimmt. Gibt es wichtige Gründe, warum die Pflegeperson nicht gewechselt werden kann, hat sie einen Anspruch darauf, bis zur Höchstdauer zu verlängern.

    Wer zahlt bei Familienpflegezeit?


    ‌Der Pflegende bekommt das anteilige Gehalt für die reduzierte Arbeitszeit. Die Hälfte dieser Differenz wird durch das zinslose Darlehen des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben zusätzlich gezahlt (aufgestockt).

    Kann der Arbeitgeber den Antrag ablehnen?


    ‌Wenn die Ankündigung fristgerecht, also mindestens 8 Wochen vor Beginn erfolgte, und es mindestens 26 beschäftigte Mitarbeiter im Unternehmen gibt, dann hat man einen Rechtsanspruch auf diese Freistellung. Der Arbeitgeber darf in diesem Fall nicht ablehnen.

    Läuft die Sozialversicherung weiter?


    ‌Ja, die Sozialversicherung läuft weiter (Kranken-, Arbeitslosen-, Unfall- und Rentenversicherung werden weiterhin bezahlt). Allerdings ist zu beachten, dass Arbeitslosen- und Krankengeld sowie Beiträge zur Rentenversicherung niedriger sind. Das kommt daher, dass das Einkommen während der Freistellung niedriger ist. 

    ‌Bei privat krankenversicherten Pflegenden ist es möglich, dass ihr reduziertes Einkommen unter die Versicherungspflichtgrenze absinkt. In so einem Fall muss sich der Pflegende gesetzlich krankenversichern lassen. Er ist dazu verpflichtet, kann jedoch eine Befreiung davon beantragen.

    Wohin kann ich mich für weitere Infos wenden?


    ‌Das Bundesfamilienministerium hat ein Pflegetelefon eingerichtet. Dort bekommen alle jene Informationen, welche die Pflege direkt oder indirekt betrifft: Pflegebedürftige, Angehörige, Arbeitgeber sowie im Pflegebereich tätige Einrichtungen. 

    ‌Das Pflegetelefon berät zu:
  • Leistungsansprüchen 
  • Unterstützungsmöglichkeiten 
  • Beratung für Personen in Pflege und deren Angehörigen vor, während und nach Belastungssituationen 
  • Hinweis:
    Kontaktmöglichkeiten des Pflegetelefons:

    Telefonnummer (anonym, kostenlos): 030 20179131

    Bürozeiten: MO – DO: 09:00 – 18:00 Uhr

    E-Mail-Adresse: info@wege-zur-pflege.de

    Familienpflegezeit – Recht einfach erklärt

    Wie funktioniert Familienpflegezeit?

    Als beschäftigter Mitarbeiter eines Unternehmens mit mind. 26 Mitarbeiter hat man einen Rechtsanspruch auf diese Art von Freistellung. Das heißt, man kann für bis zu 24 Monate die Arbeitszeit verringern, um einen nahen Angehörigen zu pflegen. Pro Woche muss jedoch mind. 15 Stunden gearbeitet werden (Jahresdurchschnitt). Dabei sind einige Details zu beachten. 

    ‌Weiterlesen: Was ist Familienpflegezeit?

    Wie kann ich Familienpflegezeit beantragen?

    Die Zeit muss spätestens 8 Wochen vor Beginn beim Arbeitgeber angekündigt werden, schriftlich. Dazu muss auch ein Pflegebedarf (mind. Pflegegrad 1) vorgelegt werden. Diese Bescheinigung erhält man bei der Pflegekasse bzw. beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung. 

    ‌Weiterlesen: Wie und wann muss man Familienpflegezeit beantragen?

    Was ist das zinslose Darlehen für Familienpflegezeit?

    Durch ein zinsloses Darlehen, welches vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) gezahlt wird, wird für den Zeitraum der Familienpflegezeit das Einkommen ein Stück weit kompensiert. Es wird in Monatsraten ausgezahlt und ist später vom Beanspruchenden zurückzuzahlen. 

    ‌Weiterlesen: Was ist ein zinsloses Darlehen für die Familienpflegezeit?

    Wann muss ich das zinslose Darlehen für Familienpflegezeit zurückzahlen?

    Das zinslose Darlehen wird vom Arbeitgeber zurückgezahlt, beginnend mit Ende des nächsten Monats, nachdem die Leistung beendet wurde. Der Arbeitgeber kann eine spätere Rückzahlung beantragen. Allerdings muss die Rückzahlung maximal 25 Monate nach Beginn der Förderung starten. 

    ‌Weiterlesen: Was ist ein zinsloses Darlehen für die Familienpflegezeit?

    Wie hoch ist das Darlehen für Familienpflegezeit?

    Die Höhe des Darlehens beträgt die Hälfte des fehlenden Nettogehalts, das eben durch das verkleinerte Arbeitspensum entsteht. Monatlich muss die Rate jedoch mindestens 50 Euro betragen. 

    ‌Weiterlesen: Was ist ein zinsloses Darlehen für die Familienpflegezeit?

    Wann endet Familienpflegezeit?

    Die Familienpflegezeit endet zum abgemachten Zeitpunkt. Maximal kann sie jedoch 24 Monate betragen. 

    ‌Weiterlesen: Wann endet die Familienpflegezeit?

    Kann die Familienpflegezeit vorzeitig beendet werden?

    Vorzeitig beendet wird sie, wenn mindestens eine der Bedingungen für die Gewährung nicht mehr erfüllt wird. Zum Beispiel, wenn die pflegebedürftige Person vor Ende der Frist verstirbt, oder ein anderer Grund vorliegt. 

    ‌Weiterlesen: Wann endet die Familienpflegezeit?

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