Großmutter betet mit Enkelkind: Das Gesetz über religiöse Kindererziehung gibt es seit 1921. © Adobe Stock | Halfpoint

Gesetz über religiöse Kindererziehung: Inhalt & Bestimmungen

Seit genau 100 Jahren dürfen Jugendliche ab einem bestimmten Alter ihre Religionszugehörigkeit frei wählen: und zwar ab dem 14. Geburtstag. Im folgenden Beitrag erfahren Sie, wer über die religiöse Erziehung entscheidet, was Religionsmündigkeit bedeutet, sowie weitere wichtige Aspekte zu diesem Thema.

Was ist das Gesetz über die religiöse Kindererziehung?


Seit 1. Januar 1922 ist in Deutschland gesetzlich geregelt, inwiefern Eltern ihre Kinder religiös erziehen dürfen. Verankert ist dieses Recht im sogenannten „Gesetz über religiöse Kindererziehung“. Darin ist etwa bestimmt, wann ein Kind religionsmündig ist, wer die Religion bestimmen darf, was passiert, wenn sich die Eltern in dieser Frage nicht einig werden etc.
Hinweis:
Das Gesetz über die religiöse Kindererziehung steht in PDF Format (Download) zur Verfügung.
Das Gesetz über die religiöse Kindererziehung wird auf zwei Arten abgekürzt: KErzG sowie RelKErzG. Dieses Gesetz ist relativ kurz, es enthält gerade einmal 11 Paragraphen. Wobei nur noch 9 der 11 Paragraphen heute relevant sind. 

‌Mit dem Gesetz über die religiöse Kindererziehung wird auch der Artikel 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland garantiert. Dieser besagt:
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. 

‌(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. 

‌(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Was beinhaltet das Gesetz über die religiöse Kindererziehung?


‌Das Gesetz über religiöse Kindererziehung setzt sich aus folgenden Stücken zusammen: 

‌1) Die Eltern des Kindes bestimmen über dessen religiöse Erziehung.
Voraussetzung ist, dass sie die Personensorge haben und sich in dieser Frage einigen.
Über die religiöse Erziehung eines Kindes bestimmt die freie Einigung der Eltern, soweit ihnen das Recht und die Pflicht zusteht, für die Person des Kindes zu sorgen. Die Einigung ist jederzeit widerruflich und wird durch den Tod eines Ehegatten gelöst.

2) Können sich die Eltern nicht einigen, gilt Folgendes:
(1) Besteht eine solche Einigung nicht oder nicht mehr, so gelten auch für die religiöse Erziehung die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. 

‌(2) Es kann jedoch während bestehender Ehe von keinem Elternteil ohne die Zustimmung des anderen bestimmt werden, daß das Kind in einem anderen als dem zur Zeit der Eheschließung gemeinsamen Bekenntnis oder in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen, oder daß ein Kind vom Religionsunterricht abgemeldet werden soll. 

‌(3) Wird die Zustimmung nicht erteilt, so kann die Vermittlung oder Entscheidung des Familiengerichts beantragt werden. Für die Entscheidung sind, auch soweit ein Mißbrauch im Sinne des § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht vorliegt, die Zwecke der Erziehung maßgebend. Vor der Entscheidung sind die Ehegatten sowie erforderlichenfalls Verwandte, Verschwägerte und die Lehrer des Kindes zu hören, wenn es ohne erhebliche Verzögerung oder unverhältnismäßige Kosten geschehen kann. Der § 1779 Abs. 3 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet entsprechende Anwendung. Das Kind ist zu hören, wenn es das zehnte Jahr vollendet hat.

3) Haben Vater und Mutter die Personensorge gemeinsam und gibt es gleichzeitig einen Vormund oder Pfleger, dann gelten die Bestimmungen des Paragraph 3 KErzG. Relevant ist das zum Beispiel bei praktischen Fragen wie der Taufe, den Religionsunterricht oder auch dem Kircheneintritt oder Kirchenaustritt:
(1) Steht dem Vater oder der Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen, neben einem dem Kinde bestellten Vormund oder Pfleger zu, so geht bei einer Meinungsverschiedenheit über die Bestimmung des religiösen Bekenntnisses, in dem das Kind erzogen werden soll, die Meinung des Vaters oder der Mutter vor, es sei denn, daß dem Vater oder der Mutter das Recht der religiösen Erziehung auf Grund des § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entzogen ist. 

‌(2) Steht die Sorge für die Person eines Kindes einem Vormund oder Pfleger allein zu, so hat dieser auch über die religiöse Erziehung des Kindes zu bestimmen. Er bedarf dazu der Genehmigung des Familiengerichts. Vor der Genehmigung sind die Eltern sowie erforderlichenfalls Verwandte, Verschwägerte und die Lehrer des Kindes zu hören, wenn es ohne erhebliche Verzögerung oder unverhältnismäßige Kosten geschehen kann. Der § 1779 Abs. 3 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet entsprechende Anwendung. Auch ist das Kind zu hören, wenn es das zehnte Lebensjahr vollendet hat. Weder der Vormund noch der Pfleger können eine schon erfolgte Bestimmung über die religiöse Erziehung ändern.

4) Wird ein Vertrag in Sachen religiöser Kindererziehung getroffen, hat dieser keine bürgerliche Wirkung:
Verträge über die religiöse Erziehung eines Kindes sind ohne bürgerliche Wirkung.

5) Im folgenden Paragraph wird festgelegt, ab wann das Kind selbst über sein Religionsbekenntnis entscheiden darf:
Nach der Vollendung des vierzehnten Lebensjahrs steht dem Kinde die Entscheidung darüber zu, zu welchem religiösen Bekenntnis es sich halten will. Hat das Kind das zwölfte Lebensjahr vollendet, so kann es nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden.

6) Die Ausführungen in diesem Gesetz beziehen sich auf sowohl religiöse als auch nicht-religiöse Weltanschauungen gleichermaßen:
Die vorstehenden Bestimmungen finden auf die Erziehung der Kinder in einer nicht bekenntnismäßigen Weltanschauung entsprechende Anwendung.

7) Das Familiengericht ist bei Streitigkeiten zuständig, die sich aus diesem Gesetz ergeben:
Für Streitigkeiten aus diesem Gesetz ist das Familiengericht zuständig. Ein Einschreiten von Amts wegen findet dabei nicht statt, es sei denn, daß die Voraussetzungen des § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen.

8) Das Gesetz über die religiöse Kindererziehung ist höher gestellt als das Landesrecht:
Alle diesem Gesetz entgegenstehenden Bestimmungen der Landesgesetze sowie Artikel 134 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch werden aufgehoben.

Wer entscheidet über die Religion des Kindes?


‌Gemeinsam sorgeberechtigte Eltern eines Kindes entscheiden gemeinsam über dessen religiöse Erziehung. Streiten sich die Eltern in dieser Frage und kommen sie zu keiner Lösung, kann das Gericht eingeschaltet werden. Dann bestimmt das Gericht womöglich, wer der Eltern das Bestimmungsrecht bekommt

‌Hat nur ein Elternteil die elterliche Sorge, so kann er allein in dieser Frage entscheiden.
Hinweis:
Bei derartigen Problemen kann ein Anwalt für Familienrecht unterstützen.

Wer entscheidet über die religiöse Erziehung nach einer Scheidung?


Eine Trennung oder Scheidung ändert erst einmal nichts daran, wer die elterliche Sorge hat. Haben die Eltern die gemeinsame elterliche Sorge, so müssen sie sich einigen. Bei Streit kann das Gericht involviert werden, welches daraufhin entscheiden kann, dass zum Beispiel ein Elternteil entscheiden darf. 

‌Möglich ist auch, dass das Kind befragt wird und seine eigene Meinung berücksichtigt wird.

Wer entscheidet über die religiöse Erziehung, wenn das Kind durch einen Vormund vertreten ist?


‌In diesem Fall hängt es davon ab, ob die Eltern des Kindes – trotz Vormundschaft – das Recht über die religiöse Kindererziehung innehaben. Wenn ja, entscheiden die Eltern. Vertritt der Vormund das Kind jedoch vollständig, entscheidet allein dieser in den religiösen Fragen für das Kind

‌Dasselbe gilt übrigens auch, wenn das Kind bei Pflegeeltern  in einer Pflegefamilie aufwächst.

Was ist die Religionsmündigkeit im Gesetz?


‌Ein Kind ist religionsmündig, sobald es sein 14. Lebensjahr vollendet hat. Das heißt, mit Beginn des Jugendlichen-Alters. Von diesem Zeitpunkt an darf die jugendliche Person eigenständig Rechtshandlungen vollziehen. Das heißt, ohne dafür die Zustimmung der Eltern zu brauchen. 

‌Zum Beispiel:
  • Kirchenaustritt 
  • Kircheneintritt 
  • Taufe 
  • Firmung / Konfirmation 
  • Wechsel der Konfession (Konversion) 
  • An- oder Abmeldung vom Religionsunterricht 

  • ‌Es kann also dann selbst bestimmen, welches religiöse Bekenntnis es wählt oder an welche nicht-religiöse Weltanschauung es sich halten möchte. Ab Vollendung des 12. Lebensjahres des Kindes dürfen zudem die Eltern keinen Religionswechsel für das Kind gegen dessen Willen bestimmen. 

    Ab Vollendung des 10. Lebensjahres ist das Kind hinsichtlich seiner religiösen Vorstellungen vom Gericht anzuhören, falls dieses einbezogen wird.
    Hinweis:
    Religionsmündige Kinder haben das Recht, eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht zu erheben (Verletzung des Art. 4 GG). Und zwar ohne die Vertretung durch ihre Eltern.
    Die Religionsmündigkeit ist gesetzlich im § 5 KErzG (Gesetz über die religiöse Kindererziehung) geregelt. Der Wortlaut des Paragraphen ist wie folgt:
    „Nach der Vollendung des vierzehnten Lebensjahrs steht dem Kinde die Entscheidung darüber zu, zu welchem religiösen Bekenntnis es sich halten will. Hat das Kind das zwölfte Lebensjahr vollendet, so kann es nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden.“

    Was gilt in Bayern und im Saarland?


    ‌In Bayern sowie im Saarland dürfen die Eltern länger darüber entscheiden, ob bzw. welchen Religionsunterricht ihre Kinder besuchen. Nämlich bis zum 18. Lebensjahr. In den anderen Bundesländern dürfen die Kinder ab dem Religionsmündigkeitsalter (ab 14.) selbst darüber entscheiden.

    Seit wann gibt es das Gesetz über religiöse Kindererziehung?


    ‌Das einheitliche Gesetz über religiöse Kindererziehung wurde im Jahre 1921 verabschiedet. Mit 1. Januar 2022 trat es in Kraft. Im Deutschen Reich bestanden davor um die 30 Landesrechte, welche Kindererziehung und Religion unterschiedlich regelten

    ‌In den Regelungen der einzelnen Landesrechte stand bei ehelichen Kindern dem Vater zu, in religiösen Fragen der Kinder zu entscheiden. Das neu geschaffene Gesetz räumte fortan jedoch beiden Eltern das Recht ein, darüber zu entscheiden. 

    ‌Bei Uneinigkeit sollte von da an das Vormundschaftsgericht entscheiden bzw. vermitteln.

    Gesetz über religiöse Kindererziehung – Recht einfach erklärt

    Worum geht es im Gesetz über religiöse Kindererziehung?

    Dieses Gesetz regelt das Recht der Eltern, ihre Kinder in einer bestimmten religiösen oder nicht-religiösen Weltanschauung zu erziehen. Gleichzeitig geht es auch auf das Recht des Kindes auf Religionsfreiheit ein. Darin ist zudem die Religionsmündigkeit geregelt. 

    ‌Weiterlesen: Was ist das Gesetz über die religiöse Kindererziehung?

    Was, wenn sich die Eltern in der religiösen Erziehung nicht einigen können?

    Das Gesetz über religiöse Kindererziehung legt fest, dass sich die Elternteile in dieser Frage einigen müssen. Gelingt dies nicht, kann das Gericht eingeschaltet werden. Dieses kann daraufhin vermitteln. Es kann auch das Kind und dessen Meinung anhören und eine Entscheidung fällen. 

    ‌Weiterlesen: Wer entscheidet über die Religion des Kindes?

    Was ist Religionsmündigkeit?

    Ein Kind tritt in die „Religionsmündigkeit“ ein, sobald es das Jugendlichen-Alter erreicht hat. Also ab dem 14. Geburtstag. Religionsmündigkeit heißt, dass der junge Mensch nun selbstständig in der Religion betreffenden Fragen entscheiden darf. Möchte er sich bspw. zum Religionsunterricht anmelden, kann er dies ohne Zustimmung der Eltern tun. 

    ‌Weiterlesen: Was ist die Religionsmündigkeit im Gesetz?

    Wann wurde das Gesetz über religiöse Kindererziehung eingeführt?

    Dieses Gesetz wurde 1921 verabschiedet und trat mit 1. Januar 1922 in Kraft. Vorher gab es im „Deutschen Reich“ bezüglich religiöser Kindererziehung viele verschiedene gesetzliche Regelungen. Das KErzG sorgte fortan für eine einheitliche Regelung. 

    ‌Weiterlesen: Seit wann gibt es das Gesetz über religiöse Kindererziehung?

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