Spielende Kinder am Strand: Ihre Eltern haben ein Verfahren zu Kindschaftssachen vor dem Familiengericht. © Adobe Stock | altanaka

Kindschaftssachen: Familienrechtliche Verfahren, die minderjährige Kinder betreffen

Kindschaftssachen sind familiengerichtliche Verfahren im Zusammenhang mit minderjährigen Kindern. Folgender Beitrag erklärt, welche Verfahren genau gemeint sind, wo sie im Gesetz geregelt sind, und wie einvernehmliche Lösungen in derartigen Verfahren gefunden werden können.

Was sind Kindschaftssachen?


‌Der Begriff „Kindschaftssachen“ umfasst Verfahren des Familiengerichts, die minderjährige Kinder betreffen. Die betreffenden Verfahren sind im § 151 FamFG definiert: Dazu gehören z.B. Sorgerechts- und Umgangsrechtsverfahren, Verfahren zur Vaterschaftsanerkennung etc. Das Familiengericht ist immer das Amtsgericht.
Hinweis:
Verfahren zu Unterhaltsfragen werden nicht zu Kindschaftssachen gezählt.
Der wichtigste Maßstab bei familiengerichtlichen Entscheidungen ist stets das Kindeswohl (siehe Kindeswohlgefährdung). Was dem Kindeswohl am besten entspricht, ist stets situationsabhängig, von Fall zu Fall zu bewerten.

Wo sind Kindschaftssachen geregelt?


‌Die familienrechtlichen Verfahren in Kindschaftssachen sind in den §§ 151–168a FamFG geregelt. „FamFG“ ist die Abkürzung für „Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit“. Es ist seit 1. September 2009 in Kraft. Nachstehend der gesamte Paragraph 151 FamFG. Er definiert, welche Angelegenheiten im Familienrecht als Kindschaftssachen gelten:
Kindschaftssachen

‌Kindschaftssachen sind die dem Familiengericht zugewiesenen Verfahren, die 

‌1) die elterliche Sorge

‌2) das Umgangsrecht und das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, 

‌3) die Kindesherausgabe, 

‌4) die Vormundschaft

‌5) die Pflegschaft oder die gerichtliche Bestellung eines sonstigen Vertreters für einen Minderjährigen oder für eine Leibesfrucht, 

‌6) die Genehmigung von freiheitsentziehender Unterbringung und freiheitsentziehenden Maßnahmen nach § 1631b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, auch in Verbindung mit den §§ 1800 und 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 

‌7) die Genehmigung oder Anordnung einer freiheitsentziehenden Unterbringung, freiheitsentziehenden Maßnahme oder ärztlichen Zwangsmaßnahme bei einem Minderjährigen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker oder 

‌8) die Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz 

‌betreffen.

Einvernehmen: Außergerichtliche Lösungen werden angestrebt


‌Das Familiengericht wird stets versuchen, eine einvernehmliche Lösung zwischen den Streitparteien herbeizuführen. Dies jedoch nur, wenn das Einvernehmen dem Kindeswohl entspricht. Dafür hat es eine Reihe an Mitteln zum Einsatz. 

‌Einvernehmliche Regelungen sind vor allem in Verfahren folgender Angelegenheiten anzustreben:
  • Sorgerecht
  • Umgangsrecht
  • Trennung
  • Scheidung
  • Aufenthaltsbestimmungsrecht
  • Kindesherausgabe
  • Mögliche Maßnahmen zur einvernehmlichen Regelung:
  • Mediation
  • Schlichtungsverfahren
  • Hinweis:
    Das Familiengericht kann den Eltern (bzw. streitenden Beteiligten) die genannten Maßnahmen für eine einvernehmliche Regelung anordnen.

    Was ist das Vorrang- und Beschleunigungsgebot?


    ‌Bestimmte Kindschaftssachen haben erste Priorität: Sie werden schneller abgehandelt als andere familienrechtlichen Verfahren. Dies nennt man „Vorrang- und Beschleunigungsgebot“. Bei den betreffenden Angelegenheiten muss die erste Anhörung spätestens 1 Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden (§ 155 FamFG). 

    ‌Welche Verfahren sind das? 

    ‌1) Herausgabe des Kindes 

    ‌2) Umgangsrecht 

    ‌3) Aufenthaltsbestimmungsrecht 

    ‌4) Kindeswohlgefährdung 

    Egal ist dabei, ob die betreffenden Kinder ehelich oder unehelich sind. Auch der aktuelle Familienstand der Eltern ist nicht von Bedeutung. Die genannten Verfahren haben immer Vorrang vor anderen familienrechtlichen Streitigkeiten.
    Hinweis:
    Braucht das Gericht in den genannten Verfahren länger als ein Monat bis zur ersten Anhörung, kann eine Beschleunigungsbeschwerde eingereicht werden. Man nennt das auch „Beschleunigungsrüge“.
    Nicht zuletzt wegen des hohen Konfliktpotentials dieser Rechtsbereiche ist eine baldmögliche Lösung für die Streitparteien wichtig. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Familienanwälte in diesen Verfahren eine wichtige Unterstützung sein können. Sie leisten beratenden rechtlichen Rückhalt und vertreten Mandantinnen und Mandanten während des Verfahrens.

    Wann gibt es einen Verfahrensbeistand?


    ‌Ein minderjähriges Kind bekommt vom Familiengericht stets einen Verfahrensbeistand. Der Verfahrensbeistand ist für die Wahrnehmung der Kindesinteressen zuständig (§ 158 FamFG und § 159 FamFG).
    Beispiel:
    Ein Verfahrensbeistand unterstützt z.B. bei der Ermittlung des Kindeswillens im Rahmen einer persönlichen Anhörung des Kindes.

    Sachverständigengutachten in Kindschaftssachen


    ‌In manchen familienrechtlichen Verfahren werden Gutachter eingeschaltet. Diese erstellen ein Gutachten und unterstützen das Gericht bei dessen Entscheidung. Sie werden vor allem bei empfindlichen Angelegenheiten herangezogen, welche sich besonders stark auf die Kinder, Eltern und Familien insgesamt auswirken.

    Besondere Qualifikationen der Gutachter


    ‌Um eine hohe Qualität der Gutachten zu erreichen, müssen Sachverständige seit 2016 besondere Qualifikationen nachweisen

    Dies betrifft Verfahren in folgenden Rechtsbereichen § 163 Absatz 1 FamFG: 

    ‌1) elterliche Sorge 

    ‌2) Umgangsrecht 

    ‌3) Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes 

    ‌4) Kindesherausgabe 

    ‌Erforderliche Qualifikationen des/der Sachverständigen:
  • psychologische,  
  • psychotherapeutische,  
  • kinder- und jugendpsychiatrische,  
  • psychiatrische,  
  • ärztliche,  
  • pädagogische oder  
  • sozialpädagogische Berufsqualifikation 
  • Hinweis:
    Hat der/die Sachverständige eine pädagogische oder sozialpädagogische Berufsausbildung, muss er/sie außerdem ausreichend diagnostische und analytische Kenntnisse nachweisen. Diese können durch eine anerkannte Zusatzausbildung erworben werden.
  • Kindschaftssachen und häusliche Gewalt


    ‌Zur Fortbildung von Familienrichterinnen und Familienrichtern, Fachkräften, die in familiengerichtlichen Verfahren mitwirken sowie Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe und angrenzenden Bereichen gibt es eine Broschüre zum Thema „Kindschaftssachen und häusliche Gewalt“. 

    ‌>> Zur Broschüre (PDF Download)

    Was sind sonstige Familiensachen?


    ‌„Sonstige Familiensachen“ sind von „Kindschaftssachen“ abzugrenzen. § 266 FamFG hält dazu fest:
    Sonstige Familiensachen

    ‌(1) Sonstige Familiensachen sind Verfahren, die 

    ‌1) Ansprüche zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses sowie in den Fällen der §§ 1298 und 1299 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zwischen einer solchen und einer dritten Person, 

    ‌2) aus der Ehe herrührende Ansprüche, 

    ‌3) Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe, 

    ‌4)
    aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Ansprüche oder 

    ‌5) aus dem Umgangsrecht herrührende Ansprüche betreffen, sofern nicht die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben ist oder das Verfahren eines der in § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe a bis k der Zivilprozessordnung genannten Sachgebiete, das Wohnungseigentumsrecht oder das Erbrecht betrifft und sofern es sich nicht bereits nach anderen Vorschriften um eine Familiensache handelt. 

    ‌(2) Sonstige Familiensachen sind auch Verfahren über einen Antrag nach § 1357 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

    Kindschaftssachen – Recht einfach erklärt

    Was versteht man unter Kindschaftssachen?

    Mit Kindschaftssachen sind alle rechtlichen Verfahren gemeint, die im Zusammenhang mit minderjährigen Personen stehen. Dazu zählen Sorgerechtsverfahren, Umgangsrechtsverfahren, Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft, Vormundschaft, Pflegschaft etc. 

    ‌Weiterlesen: Was sind Kindschaftssachen?

    Welche Paragraphen regeln Kindschaftssachen

    Kindschaftssachen sind in den Paragraphen 151–168 FamFG festgelegt. 

    ‌Weiterlesen: Wo sind Kindschaftssachen geregelt?

    Was bedeutet Vorrang- und Beschleunigungsverbot?

    Unter Vorrang- und Beschleunigungsverbot versteht man die vorrangige Abhandlung von bestimmten Kindschaftssachen. Nämlich die Herausgabe des Kindes, Umgangsrecht, Aufenthaltsbestimmungsrecht und Kindeswohlgefährdung. Die schnelle Abwicklung dieser Verfahren ist besonders wichtig für das Wohl der Kinder (und auch der Eltern). 

    ‌Weiterlesen: Was ist das Vorrang- und Beschleunigungsgebot?

    Was gilt für Sachverständigengutachten in Kindschaftssachen?

    Bei Kindessachen bezüglich Sorge- und Umgangsrechts, Rechts auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes sowie Kindesherausgabe müssen Sachverständige eine psychologische, psychotherapeutische, kinder- und jugendpsychiatrische, psychiatrische, ärztliche, pädagogische oder sozialpädagogische Berufsqualifikation nachweisen. 

    ‌Weiterlesen: Sachverständigengutachten in Kindschaftssachen

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