Führt die Arbeit des Nachlasspflegers zu keinem Erfolg, kann sogar der Staat erben. © Adobe Stock | evgenydrablenkov

Nachlasspflegschaft – Aufgaben, Kosten, Beantragung

Herr Müller verstirbt und hat keine Erben. Vielleicht gibt es aber doch wen, der sein Rechtsnachfolger werden könnte. In einer solchen Situation beauftragt das Nachlassgericht jemanden, der sich vorerst um die Erbschaft kümmert und mögliche Erben sucht: einen Nachlasspfleger. Lesen Sie mehr.

Nachlasspflegschaft – Definition


‌Manchmal ist der Nachlassbestand gefährdet, weil nicht klar ist, wer die Erbschaft erhält. Das kann daher kommen, dass weder eine Verfügung von Todes wegen vorhanden ist und die gesetzlichen Erben erst gefunden werden müssen. In solchen Situationen kommt häufig ein Nachlasspfleger (§ 1960 BGB) zum Einsatz. 

‌Die Aufgaben eines Nachlasspflegers können umfassend sein und werden ihm vom Nachlassgericht der Situation entsprechend aufgetragen. Etwa 30.000 Mal im Jahr ordnen Nachlassgerichte in Deutschland eine Nachlasspflegschaft an.
Beispiel:
Der Erblasser ist tot und hat keine Nachkommen hinterlassen. Dafür einen hohen Nachlasswert und viele Schulden. Das Gericht beauftragt nun einen Nachlasspfleger für 1. die Sicherung des Nachlasses, 2. für das Finden von Erben und 3. für die Befriedigung von Nachlassgläubigern.

Aufgaben eines Nachlasspflegers


‌Was ein Nachlasspfleger konkret zu tun hat, entscheidet das Nachlassgericht, von dem der Nachlasspfleger eingesetzt wird. In folgenden erbrechtlichen Umständen wird häufig ein Nachlasspfleger gebraucht:
  • Inbesitznahme des Nachlasses: Der Nachlasspfleger ist der rechtliche Vertreter eines Erben. Weil er die Erbschaft verwaltet, muss er sie für eine Weile in Besitz nehmen. 
  • Sicherung des Nachlasses: Wird befürchtet, dass sich der finanzielle oder materielle Zustand der Erbschaft bis zur Findung von Erben verschlechtert, kann ein Nachlasspfleger bestimmt und zum schnellen Handeln beauftragt werden. 
  • Erbenfindung: Gibt es keine durch einen Erbvertrag oder ein Testament eingesetzten Erben oder gesetzliche Erben, muss sich ein Nachlasspfleger auf die Suche nach gesetzlichen Erben machen.
  • Ausschlagung: Entscheidet sich ein Erbe für die Ausschlagung der Erbschaft, kann das Gericht einen Nachlasspfleger einsetzen, um neue Erben ausfindig zu machen.
  • Nachlassgläubiger: Bis ein rechtmäßiger Erbe gefunden wurde, kann viel wertvolle Zeit vergehen. Damit Nachlassgläubiger schneller an ihr Geld kommen, kann ein Nachlasspfleger eingesetzt werden. Er muss den Nachlassgläubigern auch Auskunft über den Nachlass geben.
  • Rechtswirksamkeit: Sofern ein Testament bezüglich seiner Rechtswirksamkeit oder Echtheit angezweifelt wird, kann ein Nachlasspfleger helfen. Dieser kann dann das Testament anfechten.
  • Minderjährige: Sind minderjährige Erben an der Erbschaft beteiligt, kann ein Nachlasspfleger die Minderjährigen vertreten. 
  • Ausland: Befindet sich ein Erbe für längere Zeit im Ausland, bevor er seine Erbschaft antreten kann, so kann ein Nachlasspfleger einstweilen die Rolle dessen einnehmen, bis der Erbe aus dem Ausland zurückkommt.
  • Erbstreit: Befinden sich die Rechtsnachfolger und / oder die potentiellen Rechtsnachfolger des Erblassers im Streit um die Erbschaft, kann ein Nachlasspfleger zur vorübergehenden Sicherung des Nachlasses zum Einsatz kommen.
  • Rechte und Pflichten eines Nachlasspflegers


    ‌Einem Nachlasspfleger steht eine Reihe besonderer Befugnisse zu:
  • Kündigung aller laufenden Verträge, etwa des Miet- und Stromvertrags, des Telefonvertrags und anderen Verträgen.
  • Die Nachlassgläubiger werden nach gleichen Quoten aus dem Nachlass befriedigt.
  • Ein Nachlasspfleger kann während der ersten drei vollen Monate nach seiner Bestellung verweigern, den Nachlassgläubigern offene Forderungen zu begleichen (Dreimonatseinrede).
  • Sofern der Nachlass überschuldet ist, kann der Nachlasspfleger ein Nachlassinsolvenzverfahren einleiten.
  • Er kann Nachlassforderungen gerichtlich geltend machen, weil er der gesetzliche Vertreter für Erben ist. Er tritt als Vertreter der Erben auf.
  • Ein Nachlasspfleger hat Rechenschaftspflicht gegenüber dem Nachlassgericht. Er muss beispielsweise ein Nachlassverzeichnis vorlegen.
  • Gegenüber Nachlassgläubigern haftet der Nachlasspfleger nicht. Allerdings haftet er gegenüber den Erben, wenn er seine Pflichten vernachlässigt.
  • Hat der Erblasser seine Steuerpflichten nicht erfüllt, ist der Nachlasspfleger für die Nachzahlung zuständig.
  • Unterschied – Nachlasspfleger und Nachlassverwalter


    ‌Eine Nachlassverwaltung ist auch eine Form von Nachlasspflegschaft. Ein Nachlassverwalter kommt bei einer unübersichtlichen Erbschaft zum Einsatz, wenn die Gefahr einer Überschuldung besteht. 

    ‌Ein Nachlassverwalter sorgt allen voran dafür, dass Nachlassgläubiger an ihr Geld kommen. Aber auch dafür, dass das Privatvermögen der Erben nicht angegriffen wird, wenn der Wert des Nachlasses nicht ausreichen sollte, um die Schulden des Verstorbenen zu decken. 

    ‌Sobald der Nachlassverwalter bemerkt, dass er für die Schuldenbegleichung mehr Geld braucht, als ihm durch die Erbschaft zur Verfügung stehen, muss er ein Nachlassinsolvenzverfahren einleiten. Auch die Erben selbst müssen ein solches Insolvenzverfahren einleiten, sobald sie – wie auch immer – von einer Überschuldung erfahren. 

    ‌Im Unterschied dazu tritt der Nachlasspfleger wie ein Zwischenmanager des Nachlasses auf, während sich die Erbschaft noch in der „Schwebe“ befindet, bis sich ein rechtmäßiger Erbe findet.

    Die üblichen Aufgaben des Nachlassverwalters


    ‌Der Nachlassverwalter …
  • nimmt die Erbschaft vorübergehend in Besitz
  • erstellt ein Nachlassverbindlichkeiten-Verzeichnis,
  • fertigt ein Schuldenverzeichnis an,
  • trennt das Nachlassvermögen vom privaten Vermögen,
  • zahlt Schulden zurück, indem er die Erbmasse angreift,
  • teilt ein etwaiges Plus auf die Erben auf.
  • Wer kommt als Nachlasspfleger in Frage?


    ‌Als Nachlasspfleger kommen für das Gericht nur solche Personen in Frage, welche sich bereits in der Vergangenheit als Nachlasspfleger bewährt haben. 

    ‌Der Beruf des Nachlasspflegers kann nicht in einer eigenen Ausbildung erlernt werden. Vielmehr speist sich das Profil eines Nachlasspflegers aus einem Pool verschiedener Kenntnisse und Fertigkeiten, seien sie juristischer, betriebswirtschaftlicher oder genealogischer Natur. 

    ‌Experten auf diesem Gebiet sind in vielen Fällen Rechtsanwälte für Erbrecht oder Steuerberater. Beim Einsatz eines Nachlasspflegers ist das Gericht darauf bedacht, Interessenskonflikte zu vermeiden. So kommen Nachlassgläubiger nicht gleichzeitig als Nachlasspfleger in derselben Erbangelegenheit in Frage. Somit wird eine unabhängige Arbeit sichergestellt.

    Nachlasspflegschaft beantragen


    ‌Darauf müssen Sie Acht geben:
  • Eine Nachlasspflegschaft kann nicht von einem Erben beantragt werden. 
  • In den häufigsten Fällen beantragen Nachlassgläubiger eine Nachlasspflegschaft. 
  • Das Gericht kann sich auch selbst dazu entscheiden, einen Nachlasspfleger einzusetzen. Im vorhergehenden Kapitel finden Sie die Gründe dafür.
  • Das Gericht prüft den Antrag und gibt ihm bei Positivbefinden statt.
  • Für die Nachlassgläubiger ist die Sicherung des Nachlasswerts besonders wichtig. Dafür stellen sie beim Nachlassgericht einen Antrag. Willigt dieses dem Antrag ein, betraut es einen Nachlasspfleger mit seiner Arbeit. Das Gericht zieht zur Bewertung des Antrags einen Kriterienkatalog heran, aufgrund dessen es entscheidet, ob eine Nachlasspflegschaft überhaupt Sinn macht.

    Ende der Nachlasspflegschaft


  • Sobald alle Erben ermittelt wurden und sie die Erbschaft angenommen haben, endet die Nachlasspflegschaft.
  • Wurden Erben nur teilweise ausfindig gemacht und / oder haben davon welche ihr Erbe ausgeschlagen, gibt es möglicherweise eine Teilaufhebung der Nachlasspflegschaft.
  • Sofern die Arbeit des Nachlasspflegers beendet ist, muss er die gesamte Erbschaft an die rechtmäßigen Erben übergeben.
    ‌ 
  • Kosten einer Nachlasspflegschaft


    ‌Was ein Nachlasspfleger kostet, hängt von folgenden Faktoren ab: 

    ‌1) Eignung, Erfahrung und Fachkenntnisse des Nachlasspflegers 

    ‌2) Umfang und Schwierigkeit der Nachlasspflegschaft-Aufgabe 

    ‌3) Nachlasswert 

    ‌Hinsichtlich Kosten gibt es keine allgemeingültige Antwort, die für alle Situationen zutrifft. Die tatsächlichen Kosten pro Stunde legt das Nachlassgericht fest. Erfahrungsgemäß bewegen sich die Kosten aber in einer Spanne zwischen 19,50 Euro und 150 Euro pro Stunde, je nach Vorliegen der obengenannten Faktoren. Möglich ist aber auch eine Pauschalabrechnung. Bezahlt wird der Nachlasspfleger aus der Erbmasse.

    Nachlasspflegschaft – Recht einfach erklärt

    Was ist eine Nachlasspflegschaft?

    Ist unklar, was mit dem Nachlass geschieht, ordnet das Nachlassgericht in der Regel eine Nachlasspflegschaft an. 

    ‌Weiterlesen: Nachlasspflegschaft Definition

    Welche Aufgaben hat ein Nachlasspfleger?

    Ein Nachlasspfleger kann für verschiedene Aufgaben benötigt werden, zum Beispiel: den Nachlass in Besitz nehmen und sichern (z.B. weil sich Erbe noch im Ausland befindet oder ein Erbstreit herrscht), ein Nachlassverzeichnis erstellen, gesetzliche Erben suchen, den Nachlassgläubigern Auskunft über den Nachlass erteilen und Zahlungen an diese tätigen. 

    ‌Weiterlesen: Aufgaben eines Nachlasspflegers

    Wer wird als Nachlasspfleger eingesetzt?

    Nachlasspfleger kann man nicht mit einer Ausbildung werden. Meist sind Juristen, Rechtsanwälte oder Steuerberater mit vielfältigen Fertigkeiten in den Bereichen Recht, Wirtschaft, Steuern und Genealogie mit Aufgaben der Nachlasspflegschaft betraut. 

    ‌Weiterlesen: Wer als Nachlasspfleger in Frage kommt

    Wer beantragt eine Nachlasspflegschaft?

    Eine Nachlasspflegschaft wird immer vom Nachlassgericht angeordnet. Glaubt das Gericht, einen Nachlasspfleger zu brauchen, setzt es einen solchen ein. „Beantragen“ kann einen Nachlasspfleger nur ein Nachlassgläubiger, ein Erbe aber nicht. 

    ‌Weiterlesen: Nachlasspflegschaft beantragen

    Wann endet eine Nachlasspflegschaft?

    Das Gericht beendet die Nachlasspflegschaft, wenn Erben gefunden wurden und diese die Erbschaft angenommen haben. Wenn nicht alle Erben ausgeforscht wurden oder nicht alle angenommen haben, kann das Gericht eine Teilaufhebung anordnen. Sobald der Nachlasspfleger die Arbeit beendet hat, übergibt er die Erbschaft an die Erben. 

    ‌Weiterlesen: Ende der Nachlasspflegschaft

    Was kostet ein Nachlasspfleger?

    Die Kosten richten sich nach Schwierigkeit der Nachlasspflegschaft-Aufgaben, nach dem Nachlasswert und der Expertise des eingesetzten Nachlasspflegers. Häufig wird per Stundensatz abgerechnet, der zwischen 19,50 und 150 Euro pro Stunde ausmachen kann. Eine Pauschalvergütung ist auch möglich. 

    ‌Weiterlesen: Kosten für einen Nachlasspfleger

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