Zwei Bauarbeiter arbeiten auf einem Gerüst. © Adobe Stock | tong2530

Baugefährdung: Definition, Beispiele und Strafen

Baugefährdung ist eine Straftat, bei der der Täter durch einen Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik einen anderen Menschen gefährdet. Täter kann dabei ein Bauleiter, Bauplaner oder Bauausführender sein. Gefährdung kann auch dann vorliegen, wenn noch niemand zu Schaden gekommen ist.

Was ist Baugefährdung?


‌Das Baustrafrecht umfasst Strafrechtsnormen, die in Verbindung stehen mit der Errichtung, Planung, Änderung oder dem Abbruch von Bauwerken. Dazu gehört insbesondere die Baugefährdung, die eine gemeingefährliche Straftat darstellt.
Hinweis:
Die Baubranche ist sehr anfällig für Unfälle. Keine andere Branche verzeichnet derart viele Arbeitsunfälle. Dass Baugefährdung unter Strafe gestellt ist, soll für mehr Sicherheit sorgen und die Unfallanzahl verringern.
Geregelt ist die Baugefährdung unter Paragraph 319 des Strafgesetzbuchs. Danach gibt es zwei Arten von Baugefährdung. Nach § 319 Abs. 1 StGB liegt die erste Variante von Baugefährdung dann vor, wenn
  • eine Person den Bau oder Abbruch eines Bauwerks plant, leitet oder ausführt, 
  • dabei Verstöße gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik begeht und  
  • dadurch die körperliche Unversehrtheit eines anderen Menschen gefährdet. 

  • ‌Die zweite Variante der Baugefährdung ist in § 319 Abs. 2 StGB festgelegt und besteht dann, wenn
  • eine Person in Ausübung ihres Berufs oder Gewerbes ein Vorhaben plant, leitet oder ausführt, das den Einbau technischer Einrichtungen in ein Bauwerk oder die Änderung eingebauter Einrichtungen betrifft, 
  • dabei gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik verstößt und  
  • dadurch die körperliche Unversehrtheit eines anderen Menschen gefährdet. 
  • Hinweis:
    Die Strafe ist bei beiden Varianten gleich hoch. Die Höhe der Strafe variiert aber abhängig davon, ob der Täter fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat.

    Definition von Bau und technischen Einrichtungen


    ‌Der Begriff Bau im Sinne des § 319 Abs. 1 StGB ist weit gefasst und betrifft fast alle Tätigkeiten, die im Baugewerbe ausgeführt werden. Dazu zählen insbesondere Arbeiten bei
  • Hochbau
  • Tiefbau
  • Wasserbau
  • Bergbau
  • Straßenbau

  • ‌Auch Hilfsarbeiten können vom Straftatbestand der Baugefährdung erfasst werden. Etwa die Errichtung eines Baugerüsts, die Aushebung einer Baugrube, die Anbringung von Schutzvorrichtungen oder die Entfernung von Hilfskonstruktionen.
    Hinweis:
    Abbruch eines Bauwerks meint den teilweisen oder völligen Abriss einer Anlage im baulichen Bereich.
    Technische Einrichtungen im Sinne des § 319 Abs. 2 StGB können beispielsweise die folgenden sein:
  • Aufzüge
  • Lüftungsanlagen
  • Maschinen
  • Gasrohre
  • Klimaanlagen
  • Heizanlagen
  • Boiler
  • Eingebaute Kühlschränke 
  • Tätertypen


    ‌Nach § 319 StGB können nur Personen Täter der Baugefährdung sein, die mit Planung, Leitung oder Ausführung zu haben. Entweder bei Bau oder Abbruch eines Bauwerks oder bei Einbau oder Änderung technischer Einrichtungen. Daraus folgt, dass es drei mögliche Tätertypen gibt: 

    ‌1) Bauplaner 
    ‌Bauplaner sind für die gesamte Planung zuständig und begleiten das Projekt von Anfang bis Ende. Sie machen statische Berechnungen, fertigen Bauzeichnungen an und koordinieren das Vorhaben in ständiger Kommunikation mit dem Bauherrn. Insbesondere bei größeren Projekten sind mehrere Bauplaner mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen beteiligt. Dabei handelt es sich etwa um Architekten, Statiker und Fachingenieure. 

    ‌2) Bauleiter 
    ‌Ein Bauleiter ist Entscheidungsträger für alles, was die Einrichtung der Baustelle (Erstellung des Bauzauns, Beleuchtung etc…) und den tatsächlichen Bauablauf betrifft. Insbesondere hat er einen sicheren bautechnischen Betrieb der Baustelle zu gewährleisten. Davon abzugrenzen sind reine Bauüberwacher. Da diese an der Bauleitung nicht direkt beteiligt sind, können sie sich nach Urteil des Landgerichts Köln nicht wegen Baugefährdung strafbar machen. 

    ‌3) Bauausführende 
    ‌Zu Bauausführenden gehören alle, die aktiv bei Bau oder Abbruch mitwirken. Das können Fachkräfte wie Bauhandwerker oder Bohrmeister, aber auch Arbeiter sein, die Hilfsarbeiten erledigen.
    Hinweis:
    Der Bauherr ist nicht automatisch Täter der Baugefährdung, kann es aber sein. Nämlich dann, wenn er als Bauleiter oder Bauplaner tätig ist und sich im Rahmen dessen der Straftat schuldig macht.

    Beispiele für Baugefährdung


    ‌Damit der Straftatbestand der Baugefährdung erfüllt ist, muss ein Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik vorliegen, der zu einer Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen führt.

    Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik


    ‌Allgemein anerkannte Regeln der Technik gelten als Mindeststandard und sind in jedem Fall einzuhalten. Darunter versteht man
  • Erfahrungen auf wissenschaftlicher, technischer und handwerklicher Ebene,  
  • die sich im Bauwesen bewährt haben, 
  • allgemein bekannt sind und 
  • als notwendig und richtig erachten werden. 

  • ‌Ob ein Verstoß gegen eine solche Regel vorliegt, muss im Einzelfall ein Strafgericht entscheiden. Zu allgemein anerkannten Regeln der Technik gehören unter anderem die folgenden:
  • Prüfung von Baumaterialien 
  • Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften 
  • Einhaltung von baurechtlichen Sicherheitsvorschriften 
  • Umsetzung der Brandschutz-Vorgaben 

  • ‌Auch ein Unterlassen kann zu einer Baugefährdung führen, wenn eine allgemein anerkannte Regel der Technik eine Handlung gebietet (§ 13 StGB). Etwa wenn der Verantwortliche nicht dafür sorgt, dass
  • notwendige Schutzvorrichtungen angebracht werden. 
  • Warnhinweise erfolgen. 
  • eine ordnungsgemäße Anbringung von Absperrungen stattfindet. 
  • Wann liegt Gefährdung vor?


    ‌Bei tatsächlicher Körperverletzung oder Tötung eines Menschen kann in jedem Fall unterstellt werden, dass zuvor eine Gefährdung bestanden hat. Baugefährdung ist allerdings ein Gefährdungsdelikt. Das heißt, zur Erfüllung des Straftatbestandes muss nicht zwingend eine Person zu Schaden kommen. Es ist ausreichend, wenn es zu einem Beinahe-Unfall kommt. 

    ‌Damit der Straftatbestand der Baugefährdung erfüllt ist, müssen folgende Punkte zutreffen:
  • Es gibt einen Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik. Zum Beispiel mangelnde Absturzsicherung. 
  • Dadurch besteht eine konkrete Gefahr für einen anderen Menschen. Das ist dann der Fall, wenn der Eintritt der Schädigung (Verletzung oder Tod) zufallsabhängig ist und auf den Verstoß zurückzuführen ist. 
  • Die Gefahr ist dem Täter objektiv zurechenbar. 
  • Hinweis:
    Opfer von Baugefährdung können etwa Arbeitspersonen, Passanten, Hausbewohner oder Rettungskräfte sein.

    Strafen bei Baugefährdung


    ‌Macht sich eine Person der Baugefährdung schuldig, richtet sich die Höhe der Strafe danach, ob sie vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat:
  • Wer nach Absatz 1 oder Absatz 2 des § 319 StGB vorsätzlich handelt, erhält eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Dabei reicht bedingter Vorsatz bereits aus. Sowohl was die Tathandlung als auch was die verursachte Gefahr betrifft. 
  • Wer die Gefahr fahrlässig verursacht (nur die Tathandlung vorsätzlich), der muss mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren rechnen (§ 319 Abs. 3 StGB). 
  • Täter, die fahrlässig handeln und fahrlässig die Gefahr verursachen, werden bestraft mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren (§ 319 Abs. 4 StGB). 
  • Hinweis:
    In der Praxis ist fahrlässige Baugefährdung weitaus häufiger anzutreffen als vorsätzliche Baugefährdung.

    Mildere oder keine Strafe


    ‌Ein Grund für Strafmilderung oder Strafaufhebung ist tätige Reue. Diese ist in § 320 StGB geregelt. Danach erhält der Täter der Baugefährdung
  • keine Strafe, wenn er fahrlässig gehandelt und die Gefahr fahrlässig verursacht hat und 
  • eine mildere oder keine Strafe bei vorsätzlichem Handeln, 

  • ‌wenn er vor Entstehung eines erheblichen Schadens freiwillig die Gefahr abwendet.
    Hinweis:
    Bemüht sich der Täter ernsthaft und freiwillig darum, die Gefahr abzuwenden, kommt das einer tatsächlichen Abwendung gleich, auch wenn die Gefahr durch das Zutun von jemand anderem abgewendet wird (§ 320 Abs. 4 StGB).

    Mehrere Straftatbestände


    ‌Unter Umständen ist nicht nur der Straftatbestand der Baugefährdung erfüllt. Etwa dann, wenn durch die Tathandlung eine andere Person verletzt oder getötet wurde. So sind situationsabhängig die folgenden Anklagen möglich:
  • Körperverletzung nach § 223 StGB
  • Schwere Körperverletzung nach § 226 StGB
  • Fahrlässige Tötung: § 222 StGB
  • Fahrlässige Körperverletzung: § 229 StGB
  • Körperverletzung mit Todesfolge: § 227 StGB
  • Hinweis:
    Ist der Straftatbestand der Baugefährdung ebenso erfüllt wie der Straftatbestand der Körperverletzung oder Tötung, dann beschränkt sich die Strafverfolgung regelmäßig auf letzteren. Nach Urteil des Oberlandesgerichts Zweibrücken ersetzt das Verletzungsdelikt das Gefährdungsdelikt (Baugefährdung) immer dann, wenn durch die Handlung des Täters konkret gefährdete Personen tatsächlich verletzt werden.

    Verjährung von Baugefährdung


    ‌Gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB beträgt die Verjährungsfrist bei Baugefährdung fünf Jahre

    ‌Der Beginn der Verjährungsfrist ist in § 78a StGB geregelt. Danach beginnt die Verjährung mit Beendigung der Tat. Gehört zum Tatbestand neben der Tathandlung ein bestimmter Erfolg, beginnt die Verjährungsfrist erst bei dessen Eintritt. So auch bei Baugefährdung: 

    Tathandlung: Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik 
    Erfolg: Gefährdung eines anderen Menschen 

    ‌Unter Umständen kann es nach dem Verstoß Jahre dauern, bis dieser eine Gefährdung bewirkt, etwa durch Baumängel. Die Verjährungsfrist beginnt erst ab dem Zeitpunkt der Gefährdung. Denn erst dann ist der Tatbestand voll erfüllt.

    Anwaltliche Unterstützung


    ‌Wer im Verdacht der Baugefährdung steht, sollte sich in jedem Fall anwaltliche Unterstützung sichern. Schließlich droht bei Verurteilung eine Freiheitsstrafe. Ein Rechtsanwalt für Strafrecht kann eine umfassende Beratung bieten und prüfen, inwieweit der Vorwurf haltbar ist. Immerhin müssen zur Erfüllung des Tatbestandes verschiedene Aspekte zutreffen. Auch kann er bei einer nicht abwendbaren Verurteilung versuchen, eine möglichst milde Strafe auszuhandeln. 

    ‌Opfer von Baugefährdung, die einen Schaden erlitten haben, können nach § 823 BGB Schadensersatzansprüche geltend machen. Mit Unterstützung eines Anwalts, der im Schadensersatzrecht spezialisiert ist, können Betroffene versuchen, eine möglichst hohe Entschädigung zu erhalten.

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    Baugefährdung – Recht einfach erklärt

    Was versteht man unter Baugefährdung?

    Baugefährdung liegt dann vor, wenn ein Bauleiter, ein Bauplaner oder ein Bauausführender gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik verstößt und damit die Gefährdung eines anderen Menschen herbeiführt. 

    ‌Weiterlesen: Was ist Baugefährdung?

    Was sind Verstöße gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik?

    Beispiele für Verstöße gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik sind die Nichtbeachtung von Unfallvorschriften oder baurechtlichen Sicherheitsvorschriften. Oder die fehlende Umsetzung von Brandschutzvorgaben. 

    ‌Weiterlesen: Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik

    Wann besteht Gefährdung eines anderen Menschen?

    Eine Gefährdung kann in jedem Fall angenommen werden, wenn durch einen Verstoß eine Person zu Schaden kommt. Aber auch wenn es nur eine Frage der Zeit ist, bis sich jemand verletzt, ist eine Gefährdung vorhanden. 

    ‌Weiterlesen: Wann liegt Gefährdung vor?

    Welche Strafen stehen auf Baugefährdung?

    Baugefährdung wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bestraft. Handelt der Täter teilweise oder in allen Punkten fahrlässig, gibt es eine mildere Strafe, als es bei Vorsatz der Fall ist. Die Höchststrafe bei Baugefährdung sind fünf Jahre Freiheitsstrafe. 

    ‌Weiterlesen: Strafen bei Baugefährdung

    Wann verjährt Baugefährdung?

    Die Verjährungsfrist von Baugefährdung beträgt nach Beendigung der Tat fünf Jahre. Allerdings ist der Beginn der Frist noch nicht beim Verstoß, sondern erst bei Eintritt der Gefährdung eines anderen Menschen gegeben. 

    ‌Weiterlesen: Verjährung von Baugefährdung

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