Pädagogin und straffälliger Jugendlicher sitzen im Jugendamt und unterhalten sich über Jugendgerichtshilfe. © Adobe Stock | Valerii Honcharuk

Jugendgerichtshilfe (Jugendhilfe im Strafverfahren)

Wird Jugendlichen oder Heranwachsenden eine Straftat vorgeworfen, ist die Jugendgerichtshilfe verpflichtet, im Strafverfahren mitzuwirken. Sie berät und unterstützt insbesondere den jungen Menschen, aber auch das Jugendgericht und die Staatsanwaltschaft.

Was ist Jugendgerichtshilfe?


‌Die Jugendgerichtshilfe (JGH) wirkt in Strafverfahren von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 14 und 20 Jahren mit. Dabei handelt es sich um eine Pflichtaufgabe der Jugendämter. Jugendgerichtshelfer sind Sozialarbeiter und Sozialpädagogen vom Jugendamt sowie von freien Trägern. 

‌Die Jugendgerichtshilfen informieren, beraten, begleiten und unterstützen junge straffällige Menschen bzw. solche, die einer Straftat beschuldigt werden, während des Strafverfahrens. Sie agieren unabhängig von Polizei, Gericht und Staatsanwaltschaft und unterliegen dem Datenschutz.
Hinweis:
Die Jugendgerichthilfe ist ein spezieller Dienst der Hilfen zur Erziehung. Gesetzliche Grundlage ist § 52 SGB VIII (Achtes Buch Sozialgesetzbuch).

Neue Bezeichnung: Jugendhilfe im Strafverfahren


‌Für diese Aufgabe ist neuerdings auch die Bezeichnung „Jugendhilfe im Strafverfahren“ gebräuchlich. Das hat den Hintergrund, dass es manchmal zu Missverständnissen mit dem Begriff „Jugendgerichtshilfe“ gekommen ist. 

‌Denn: Die Jugendgerichtshelfer helfen nicht in erster Linie dem Jugendgericht, sondern den jungen Menschen und deren Familien. Dem Gericht steht auch keine Weisungsbefugnis gegenüber der Jugendhilfe im Strafverfahren zu.

Was sind die Aufgaben der Jugendgerichtshilfe?


‌Die Aufgaben der Jugendhilfe im Strafverfahren gliedern sich in nachstehende Bereiche:
  • Bericht ans Gericht: 
    ‌Die Jugendgerichtshelfer geben dem Jugendgericht eine mündliche oder schriftliche pädagogische Stellungnahme zu dem jungen Menschen (§ 38 JGG), dem eine Straftat vorgeworfen wird. 
  • Vorschläge ans Gericht: 
    ‌Sie schlagen zudem vor, wie mit diesem umgegangen werden sollte und welches Strafurteil angemessen wäre. Die letzte Entscheidung trifft zwar das Jugendgericht, allerdings sind die Einschätzungen und Vorschläge der Jugendgerichtshelfer sehr wichtig. 
  • Gespräche mit jungen Menschen: 
    ‌Um Gericht und Staatsanwaltschaft eine Einschätzung zu geben, sprechen die Jugendgerichtshelfer mit dem Jugendlichen über seine persönliche Situation, seinen bisherigen Lebensweg, Zukunftsperspektiven, und darüber, wie es zu der Straftat gekommen ist. 
  • Betreuung und Beratung des jungen Menschen: 
    ‌Während des Verfahrens werden junge Menschen von Jugendgerichtshelfern betreut (§ 52 Abs. 3 SGB VIII). Sie klären über den Ablauf des Strafverfahrens und über die möglichen Folgen der Straftat auf, verfassen einen Bericht und legen diesen dem Jugendgericht vor. Während der Gerichtsverhandlung sind sie in der Regel anwesend.  
  • Strafrechtliche Einordnung über 18-Jähriger: 
    Ist eine über 18-jährige Person (genauer: zwischen 18- und 21-jährige Person) straffällig geworden, stellt sich die Frage, ob das Jugendstrafrecht oder das Strafrecht angewendet wird. Die Jugendgerichtshelfer wirken bei der Beantwortung dieser Frage wesentlich mit. 
  • Alternative Maßnahmen zum Strafverfahren: 
    ‌Außerdem prüfen sie, ob die Strafverfolgung wirklich notwendig ist, oder ob es andere Möglichkeiten zum Strafverfahren gibt. Etwa eine Diversion. Beispiele solcher alternativer Maßnahmen sind: soziale Arbeitsstunden, Betreuungshilfen, Besuche von Justizvollzugsanstalten, soziale Trainingskurse, Schadenswiedergutmachungen, Verkehrserziehungskurse oder Täter-Opfer-Ausgleich.   
  • Mögliche Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe: 
    ‌Zudem überlegen sie, ob die straffällige Person Hilfeleistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch nehmen soll (§ 52 Abs. 2 SGB VIII). 
  • Hinweis:
    Die JGH befindet sich gewissermaßen in einem Rollenkonflikt. Einerseits soll sie den jungen Menschen unterstützen, andererseits aber auch das Jugendgericht und die Staatsanwaltschaft. Erfährt ein Jugendgerichtshelfer aber beispielsweise von einer anderen Straftat des jungen Menschen, darf er diese nicht anzeigen.

    Wer übernimmt die Jugendgerichtshilfe?


    ‌Zuständig dafür sind Sozialarbeiter und Sozialpädagogen, manchmal auch Psychologen. Diese sind in der Regel bei dem für das jeweilige Gericht zuständigen Jugendamt tätig. Auch über die Arbeiterwohlfahrt oder andere freie Träger der Jugendhilfe können Jugendgerichtshelfer tätig sein.

    Wann wird die Jugendgerichtshilfe tätig?


    ‌Ist ein Strafverfahren gegen eine 14- bis 20-jährige Person anhängig, muss das Jugendgericht die Jugendhilfe im Strafverfahren heranziehen. Diese ist verpflichtet in den Jugendstrafverfahren mitzuarbeiten. Zwischen 14 und 17 Jahren werden Personen als „Jugendliche“, zwischen 18 und 20 Jahren als „Heranwachsende“ bezeichnet.

    Beispiel aus der Praxis


    ‌Patrick ist 15 Jahre jung und hat Mist gebaut. Er ist dabei erwischt worden, als er auf dem Heimweg von der Schule in einem Sportladen teure Schuhe klaute. Aufgrund seines Alters ist er bereits strafmündig. Er muss also mit einem Strafverfahren rechnen. 

    ‌Sehr bald nach der Tat erhält Patrick (über seine Eltern) von der Polizei eine schriftliche Vorladung zu einer Vernehmung. Dabei hat Patrick die Möglichkeit, Angaben zur Tat zu machen.
    Hinweis:
    Wer von der Polizei vernommen wird, kann vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen. Man ist also nicht verpflichtet, eine Aussage zu machen. Wer so etwas vorhat, sollte aber am besten einen Anwalt einschalten.
    Nachdem die Polizei die Ermittlungen abgeschlossen hat, sendet sie alle Dokumente an die Staatsanwaltschaft. Das ist die sogenannte „Ermittlungsakte“. 

    ‌Daraufhin bekommen Patrick und seine Eltern von der Staatsanwaltschaft eine Anklageschrift. Darin steht, welche Straftat Patrick vorgeworfen wird und gegen welche Gesetze er verstoßen haben soll. Außerdem werden mögliche Zeugen und Beweismittel angeführt. 

    ‌Auch die Jugendgerichtshilfe erfährt von der Anklage, woraufhin sie Patrick und seine Eltern kontaktiert. Sie vereinbart einen Termin, an dem sich die Sozialpädagogen der Jugendgerichtshilfe, Patrick und seine Eltern treffen, um alle Details zu besprechen. 

    ‌Die Sozialpädagogen unterhalten sich dann mit Patrick über die Gründe und den Hergang der Tat sowie über seine persönliche Situation. Sie beraten die Familie über den Ablauf des Strafverfahrens, erklären, wie man sich das Gerichtsverfahren vorstellen muss, welche Straf-Möglichkeiten und Alternativen es gibt, usw. 

    ‌Patrick zeigt von Anfang an, dass er den Diebstahl bereut und er verspricht, in Zukunft nie wieder so etwas zu tun. Die Sozialpädagogen halten dann den Inhalt des Gesprächs in einem Bericht fest, den sie zusammen mit einer mündlichen Stellungnahme ans Gericht abgeben. 

    ‌Das Strafverfahren endet für Patrick schlussendlich damit, dass ihn das Jugendgericht zu Sozialstunden verpflichtet. Er muss für eine bestimmte Zeit in seiner Heimatstadt bei der Müllbeseitigung mithelfen. Nachdem Patrick die Sozialstunden abgeleistet hat, legt die Einsatzstelle die unterschriebene Ableistungsbestätigung der Jugendgerichtshilfe vor.

    Wie kann ein Rechtsanwalt helfen?


    ‌Die Jugendgerichtshelfer können (und dürfen) Rechtsberatung nur in einem geringen Umfang übernehmen. Eingehende Rechtsberatung ist immer einem Rechtsanwalt vorbehalten. In unserem Expertenbereich finden sich erfahrene Anwälte für Strafrecht andere Rechtsbereiche, die bei verschiedensten Fragen und Problemen unterstützen.

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    Info-Materialien


    ‌>> Ablauf des Jugendstrafverfahrens (PDF): Für junge Menschen, denen ein Strafverfahren anhängig ist, Eltern und Lehrpersonal. 

    ‌>> Empirische Befunde zur Jugendhilfe im Strafverfahren in Deutschland (PDF)

    Exkurs: Wie kann man in der Jugendgerichtshilfe arbeiten?

    Voraussetzungen

  • Studium: 
    ‌Um in diesem Bereich tätig zu werden, braucht man eine spezifische Ausbildung in Form eines Studiums im Bereich Pädagogik, Soziale Arbeit oder Psychologie. Dazu kommen Praxiszeiten, um die gelernte Theorie in die Praxis umzusetzen.    
  • Persönliche Kompetenzen: 
    ‌Wesentlich für diese Arbeit sind Kommunikationsfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Kenntnis der rechtlichen Gegebenheiten und die Fähigkeit, Konflikte sinnvoll zu lösen. 
  • Vorteil – Berufserfahrung: 
    ‌Einige Zeit Erfahrung im Umgang mit Jugendlichen ist für diese Arbeit von Vorteil (z.B. während eines Freiwilligen Sozialen Jahres o.ä.).   
  • Einwandfreier Leumund: 
    ‌Außerdem darf man sich bei dieser Arbeit nichts Schwerwiegendes zu Schulden kommen lassen. Man braucht einen einwandfreien Leumund. 
  • Verdienst


    ‌Als Jugendhelfer im Strafverfahren verdient man ca. 2.300-3.000 Euro brutto im Monat (40-Stunden-Woche).

    Jugendgerichtshilfe – Recht einfach erklärt

    Welche Aufgaben hat die Jugendgerichtshilfe?

    Die Jugendhilfe im Strafverfahren ist ein Spezialgebiet der Hilfen zur Erziehung. Ihre Hauptaufgaben sind Beratung, Betreuung und Begleitung 14- bis 21-Jähriger, die sich in einem Strafverfahren befinden. Zudem gibt sie dem Jugendgericht Vorschläge, was mit dem Beschuldigten „geschehen“ soll. 

    ‌Weiterlesen: Was ist die Aufgabe der Jugendgerichtshilfe?

    Wer macht Jugendgerichtshilfe?

    Diese Aufgabe wird von speziell ausgebildetem Personal des Jugendamts übernommen. Das sind in der Regel Sozialpädagogen, Sozialarbeiter oder Psychologen, die eine eigene Qualifikation zur Ausübung dieser Tätigkeit haben. 

    ‌Weiterlesen: Wer übernimmt die Jugendgerichtshilfe?

    Ist Jugendgerichtshilfe Pflicht?

    Die Jugendämter sind verpflichtet, bei Strafverfahren Jugendlicher und Heranwachsender durch Jugendhilfe im Strafverfahren mitzuwirken. Dies ist im § 52 SGB VIII geregelt. 

    ‌Weiterlesen: Was ist Jugendgerichtshilfe?

    Wie werde ich Jugendgerichtshelfer?

    Um Jugendhelfer im Strafverfahren werden zu können, muss man ein Studium wie Pädagogik, Soziale Arbeit oder Psychologie sowie Praxisphasen absolviert haben. An persönlichen Kompetenzen sind u.a. Empathie, Kommunikationsfähigkeit und Rechtskenntnisse gefordert. 

    ‌Weiterlesen: Exkurs: Wie kann man in der Jugendgerichtshilfe arbeiten?

    Wie viel verdient man in der Jugendgerichtshilfe?

    Jugendhelfer im Strafverfahren können mit einem Gehalt von 2.300 und 3.000 Euro im Monat (brutto) rechnen. 

    ‌Weiterlesen: Exkurs: Wie kann man in der Jugendgerichtshilfe arbeiten?

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