Verfahrenspflegerin mit Gerichtsakten in der Hand: Sie vertritt die rechtlichen Interessen der betroffenen Person. © Adobe Stock | JackF

Verfahrenspfleger (Verfahrenspflegschaft): Definition, Aufgaben, Vergütung

Können sich Beteiligte in einem Betreuungs- oder Unterbringungsverfahren nicht mehr selber äußern – z.B. aufgrund von Demenz –, bekommen sie vom Gericht einen Verfahrenspfleger an die Seite gestellt. Aber nicht nur dann. Dieser Beitrag erläutert das Wichtigste zur Verfahrenspflegschaft. Mehr lesen.

Was ist ein Verfahrenspfleger?


‌Der Verfahrenspfleger ist Interessensvertreter für Betroffene im Verfahren vor dem Betreuungsgericht. Er kann beispielsweise Anträge stellen, Rechtsmittel einlegen sowie an Anhörungen teilnehmen. Er kann eingesetzt werden, wenn es um die Bestellung eines Betreuers oder andere Betreuungsangelegenheiten geht, oder um die Anordnung einer Unterbringung. 

‌Betroffene in solchen Verfahren brauchen jemanden, der ihre persönlichen Rechte vor Gericht geltend macht. Etwa weil sie durch Krankheit in ihrer Ausdrucksfähigkeit oder in ihrem Bewusstsein so sehr eingeschränkt sind, dass sie eine externe Unterstützung brauchen. Betroffen sind auch solche Personen, die sich in Verfahren im Zusammenhang mit Sterbehilfe und Sterilisation befinden.
Hinweis:
Dass ein Betroffener in einer Betreuungs- oder Unterbringungssituation sogenanntes „rechtliches Gehör“ finden muss, ist sogar ein Grundrecht eines jeden Bürgers (Art. 103 Abs. 1 GG).
Üblicherweise wird der Verfahrenspfleger vom Amtsgericht eingesetzt; und zwar dann, wenn der Betroffene von keinem Rechtsanwalt vertreten wird. Diesem ist es zum Beispiel möglich, Rechtsmittel des Betroffenen einzulegen. Gleichzeitig ist er jedoch auch selbst (aus eigenem Recht) berechtigt, Rechtsmittel einzulegen.
Hinweis:
Wie auch für einen Anwalt gelten für einen Verfahrenspfleger die Rechte und Pflichten im Bezug auf Datenschutz, Dokumentation und Aussageverweigerungsrecht.

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Wo ist die Verfahrenspflegschaft gesetzlich geregelt?


‌Mit Inkrafttreten des FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) am 1. September 2009 wurde die Verfahrenspflegschaft im § 317 FamFG gesetzlich verankert. Dieser Paragraph löste den § 67 FGG ab. 

‌§ 317 FamFG hält fest:
Verfahrenspfleger

‌(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn 

‌1. von der persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 278 Abs. 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 abgesehen werden soll oder 
‌2. Gegenstand des Verfahrens die Bestellung eines Betreuers zur Besorgung aller Angelegenheiten des Betroffenen oder die Erweiterung des Aufgabenkreises hierauf ist; dies gilt auch, wenn der Gegenstand des Verfahrens die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst. 

‌(2) Von der Bestellung kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 abgesehen werden, wenn ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung des Verfahrenspflegers offensichtlich nicht besteht. 2Die Nichtbestellung ist zu begründen. 

‌(3) Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist. 

‌(4) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden. 

‌(5) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens. 

‌(6) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar. 

‌(7) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.

Was sind die Aufgaben eines Verfahrenspflegers?


‌Der Verfahrenspflegers nimmt die Vertretung der Interessen des Betroffenen wahr. Er spricht mit dem Betroffenen über dessen Vorstellungen, Wünsche und Fragen. Auch mit dem Gericht kommuniziert er und legt die Anliegen des Betroffenen dar. 

Er „verdrängt“ den Betroffenen jedoch nicht; dieser kann weiterhin selbstständig vor Gericht handeln – sofern ihm das möglich ist. 

‌Aufgaben der Verfahrenspflegschaft: 

‌Ein Verfahrenspfleger … 

‌1) wahrt die Interessen des Betroffenen im Verfahren. 

‌2) bringt die Anliegen des Betroffenen zum Ausdruck, wenn dieser sich z.B. wegen Krankheit (etwa Psychosen, Demenz o.a.) nicht mehr selber artikulieren kann oder dessen Realitätssinn stark beeinträchtigt ist. 

‌3) fungiert als „Kontrollinstanz“ zwischen Gericht und ärztlichen Sachverständigen (z.B. kann er prüfen, ob der Betroffene tatsächlich in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt untergebracht werden muss/darf). 

‌4) informiert den Betroffenen über den Ablauf des Gerichtsverfahrens und erklärt ihm rechtliche Aspekte einfach. 

‌5) kommuniziert dem Gericht, wenn der Betroffene bestimmte Wünsche hat. 

‌6) kann prüfen, ob alle Unterstützungsmaßnahmen wie Hilfen (z.B. Verfahrenskostenhilfe) genutzt werden. 

‌7) legt Rechtsmittel ein. 

‌8) stellt Anträge. 

‌9) kann das Aussageverweigerungsrecht wahrnehmen. 

‌10) muss die Vorgaben zum Datenschutz einhalten. 

‌11) muss der Dokumentationspflicht nachkommen. 

‌12) legt ggf. Beschwerden gegen Urteile ein.
Hinweis:
Der Verfahrenspfleger ersetzt den Betroffenen nicht. Der Betroffene muss immer angehört werden; außer es liegen gemäß 34 Abs. 2 FamFG besondere Gründe vor.

Was bedeutet Verfahrensfähigkeit?


‌Grundsätzlich besteht die Verfahrensfähigkeit für eine Person dann, wenn sie geschäftsfähig ist. Die Verfahrensfähigkeit umfasst nachstehende „rechtliche Mittel“, in deren Rahmen der Pfleger auch seine Rechtsmacht ausübt: 

‌1) die Fähigkeit, Erklärungen abzugeben 

‌2) die Fähigkeit, Anträge zu stellen 

‌3) die Fähigkeit, Rechtsmittel einzulegen

Wie sieht die Verfahrenspflegschaft bei Minderjährigen aus?


‌Verfahren im Kindschaftsrecht werden nicht von einem Verfahrenspfleger begleitet, sondern von einem sogenannten Verfahrensbeistand. Dieser wird vom Familiengericht angeordnet.

Was ist der Unterschied zwischen Betreuer und Verfahrenspfleger?


‌Im Vergleich zum Verfahrenspfleger ist der Betreuer der Vertreter des Betroffenen. Ein Verfahrenspfleger steht rechtlich neben dem Betroffenen. Er ist in eigenem Namen am Verfahren beteiligt und nimmt seine Rechtsmacht im Rahmen der Verfahrensfähigkeit wahr.

Wer beauftragt einen Verfahrenspfleger?


‌Das Amtsgericht bestellt für den Betroffenen eine geeignete Person zur Ausübung der Verfahrenspflegschaft, wenn sie keinen Rechtsbeistand hat. Die Bestellung erfolgt normalerweise direkt.

Wer wird als Verfahrenspfleger eingesetzt?


‌In der Regel führen Anwälte und Berufsbetreuer die Aufgabe der Verfahrenspflegschaft aus. Auch Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Psychologen etc. nehmen diese Arbeit oft wahr. Es existiert keine verpflichtende Ausbildung, die vom Gesetz her für die Ausübung dieser Arbeit vorgesehen wäre. 

‌Außerdem müssen Verfahrenspfleger nicht hauptberuflich tätig sein, sondern können die Tätigkeit auch ehrenamtlich ausüben.
Hinweis:
Wichtig sind Kenntnisse und Fähigkeiten in den Bereichen Pädagogik, Psychologie und Recht.

Wie lange dauert eine Verfahrenspflegschaft?


Sobald es in einem Verfahren eine Rechtskraft gibt, also sobald es abgeschlossen ist, stellt der Verfahrenspfleger seine Arbeit ein. Er ist immer solange bestellt, bis das Verfahren endet. Er kann jedoch Einspruch gegen das Gerichtsurteil einlegen, dann verlängert sich seine Tätigkeit.

Was kostet die Verfahrenspflegschaft?


‌Seit Inkrafttreten des FamFG mit 1.9.2009 erhält ein Verfahrenspfleger dieselbe Vergütung wie ein Vormund. Das bedeutet, er bekommt ein Gehalt von stündlich zwischen 23 und 39 Euro. Dazu kommt noch die Umsatzsteuer. Die Tätigkeit wird vom Staat bezahlt. Wenn der Betreute ein hohes Vermögen hat, muss er die Kosten im Rahmen der Gerichtskosten jedoch selber zahlen.

Verfahrenspfleger – Recht einfach erklärt

Wann wird ein Verfahrenspfleger bestellt?

Einer Person, die an einem Betreuungs- oder Unterbringungsverfahren beteiligt ist, muss das Gericht zur Unterstützung einen Pfleger zur Verfügung stellen, wenn es die Situation zur Wahrung des persönlichen Interesses des Betroffenen erfordert. Etwa bei Angelegenheiten im folgenden Bereich: Betreuung; Unterbringung; Sterbehilfe; Sterilisation; Krankheiten, welche das Bewusstsein oder die Ausdrucksfähigkeit des Betroffenen stark einschränken. 

‌Weiterlesen: Was ist ein Verfahrenspfleger?

Was prüft ein Verfahrenspfleger?

Dieser Pfleger prüft z.B., ob der es zulässig ist, den Betroffenen in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt unterzubringen. Oder auch z.B., ob es rechtens ist, den Betroffenen am Krankenbett festzubinden. Außerdem: Ob für den Betroffenen alle Hilfen ausgeschöpft werden (z.B. Verfahrenskostenhilfe etc.) 

‌Weiterlesen: Was sind die Aufgaben eines Verfahrenspflegers?

Welche Aufgaben hat ein Verfahrenspfleger?

Wahrung der persönlichen Interessen des Betroffenen im Rahmen von Verfahren bzgl. Betreuung und Unterbringung; Funktion als Kontrollinstanz zwischen Gericht und ärztlichen Sachverständigen; Verdeutlichung des Verfahrensablaufs; Kommunikation mit dem Gericht, wenn der Betroffene Wünsche hat, usw. 

‌Weiterlesen: Was sind die Aufgaben eines Verfahrenspflegers?

Wer kann Verfahrenspfleger werden?

Meistens üben Anwälte oder Betreuer die Arbeit der Verfahrenspflegschaft aus. Aber auch Pädagogen, Psychologen, Betriebswirte o.a. übernehmen diese Aufgabe. 

‌Weiterlesen: Wer wird als Verfahrenspfleger eingesetzt?

Was verdient man als Verfahrenspfleger?

Das Gehalt für die Verfahrenspflegschaft ist so hoch wie jenes bei der Vormundschaft. Pro Stunde ist mit zwischen 23 und 39 Euro zu rechnen. Darauf kommt noch die Umsatzsteuer. 

‌Weiterlesen: Was kostet ein Verfahrenspfleger?

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