Wer von einer internationalen Kindesentführung durch einen Elternteil betroffen ist, dem stehen schwere Zeiten bevor. Die Kindesentziehung stellt nach deutschem Recht einen Straftatbestand dar. Folgender Beitrag geht auf die wichtigsten Fragen zum Thema Kindesentführung ins Ausland ein.
Inhaltsverzeichnis
Wann spricht man von Kindesentführung durch einen Elternteil?
Es handelt sich um eine Kindesentführung, wenn ein Elternteil, der nicht das alleinige Sorgerecht oder das Aufenthaltsbestimmungsrecht hat, mit dem gemeinsamen Kind ins Ausland „reist“. Und zwar gegen den Willen des anderen Elternteils. Dies stellt einen Verstoß gegen das Sorgerecht des in Deutschland bleibenden Elternteils dar.
Die Staatsangehörigkeit der Eltern, des Kindes oder sonstiger Beteiligter rechtfertigt nicht eine Kindesmitnahme. Es ist also an sich die Verbringung des minderjährigen Kindes ins Ausland bereits ein Verstoß gegen das Gesetz.
Strafmaß bei Kindesentführung
Die Kindesentführung stellt einen Straftatbestand dar. Sie ist im § 235 StGB geregelt. Wer das Kind gegen den Willen des anderen Elternteils ins Ausland bringt, muss im schlimmsten Fall mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren rechnen.
Die Regeln im Überblick:
Ein gemeinsam sorgeberechtigter Elternteil darf nicht ohne Einverständniserklärung des anderen Elternteils mit dem Kind ins Ausland.
Gemeinsam sorgeberechtigte Eltern haben beide das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind. Sie müssen sich über den Aufenthalt des Kindes einigen (im Inland und im Ausland). Das gilt übrigens auch, wenn ein Elternteil mit dem Kind bloß Urlaub machen möchte.
Leben die Eltern getrennt und sind sie gemeinsam sorgeberechtigt, darf der Elternteil, der das Kind hauptsächlich betreut, nicht ohne Einverständnis des anderen Elternteils mit dem Kind ins Ausland.
Reist ein Elternteil mit dem Kind, nach Absprache mit dem anderen Elternteil, ins Ausland und hält er das Kind dort von der Rückreise ab, liegt ebenfalls eine Kindesentführung vor.
Was tun, wenn ein Risiko auf Kindesentführung besteht?
Eine Kindesmitnahme ins Ausland zu verhindern, ist häufig schwer möglich. Ein paar Dinge sollten aber unbedingt beachtet werden. Wer z.B. schon vorbeugend Telefonnummern, E-Mail-Adressen etc. von Bezugspersonen des Kindes im Ausland notiert, kann später möglicherweise den Behörden bei der Suche behilflich sein.
Checkliste vor Kindesentführung durch einen Elternteil:
1) Vorabberatung bei Beratungsstellen:
Für umfassende Auskünfte zum Thema sowie bei Sorgen und Ängsten: ZANK (Zentrale Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte) oder ISD (Internationaler Sozialdienst) kontaktieren.
2) Rechtliche Hilfe holen:
Im Idealfall sollte auch ein Rechtsanwalt für internationales Familienrecht eingeschaltet werden.
3) Bei akutem Entführungsrisiko:
Ist die Gefahr der Kindesmitnahme groß, kann/sollte man auch direkt die Polizei kontaktieren.
4) Kontaktdaten einholen:
Sinnvoll ist es, schon im Voraus Kontaktadressen und Telefonnummern von im Ausland lebenden Personen zu notieren, die das Kind bzw. die entziehende Person kennen. Beispielsweise von Verwandten, Freunden, Bekannten des anderen Elternteils bzw. des Kindes.
5) Einflussnahme auf Bezugspersonen:
Hat der potentiell entführende Elternteil bzw. das Kind Bezugspersonen (im Aus- oder auch Inland), sollte man mit diesen sprechen. Möglicherweise können sie dem entziehenden Elternteil ins Gewissen reden und ihm eine unerlaubte Kindesmitnahme ausreden.
6) Schule bzw. KiTa informieren:
Sinnvoll ist es zudem, Klassenlehrer oder die Kindergarten-Leitung über das Risiko zu informieren.
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Was tun, wenn ein Elternteil das Kind entführt hat?
Wenn mit dem entführenden Elternteil bzw. mit dem Kind Kontakt hergestellt werden kann:
Es kann sein, dass der Elternteil, der mit dem Kind „abgehauen“ ist, erreichbar ist. Möglicherweise begründet er/sie seine Aktion, stellt Forderungen, erpresst, gibt Informationen dazu, was weiterhin geplant ist. Denkbar ist auch, dass dieser Elternteil seine Tat bereut und bereits eine Rückkehr ankündigt.
Ist dies der Fall, kann Hoffnung bestehen, dass es er/sie es sich nicht wieder anders überlegt. Eine außergerichtliche Lösung ist eigentlich immer besser als der gerichtliche Weg.
Wahrscheinlich ist zudem, dass es dem Kind schlecht geht, es Heimweh hat und sich nach Kontakt mit Vater oder Mutter in Deutschland sehnt. Eine Kindesentziehung ins Ausland ist oft eine sehr chaotische Aktion, die überaus viel Leid bei den Beteiligten hervorruft.
In einer solchen Phase sollte man versuchen, mit dem entführenden Partner oder Ex-Partner über die gesamte Situation zu sprechen. Man sollte die eigene Bestürzung und Trauer über die Entführung zeigen. Möglicherweise gelingt es, diesem ins Gewissen zu reden.
Im Idealfall kommt er/sie aus freien Stücken wieder zurück nach Deutschland. Ein Verfahren kann besonders nervenaufreibend und letztlich auch vergeblich sein. Führen die Gespräche, Bemühungen und Nachforschungen nichts, können noch immer gerichtliche Mittel eingesetzt werden.
Im Idealfall kommt er/sie aus freien Stücken wieder zurück nach Deutschland. Ein Verfahren kann besonders nervenaufreibend und letztlich auch vergeblich sein. Führen die Gespräche, Bemühungen und Nachforschungen nichts, können noch immer gerichtliche Mittel eingesetzt werden.
Checkliste nach Kindesentführung durch einen Elternteil:
1) Beratungsstellen kontaktieren:
Ein Anruf bei der ZANK (Zentrale Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte) oder der ISD (Internationaler Sozialdienst) ist ein guter erster Schritt. Dort bekommt man alle weiteren Infos zum Ablauf einer Kindesrückholung. Man sollte sich aber beeilen: Bei einer Kindesentziehung ins Ausland ist der Faktor Zeit sehr wichtig.
2) Rechtsanwalt einschalten:
Ein Anwalt oder eine Anwältin für internationales Familienrecht leistet wichtigen rechtlichen Rückhalt in dieser schwierigen Phase. Nützlich ist es, wenn der betreffende Anwalt auch die Landessprache des Staates spricht, in den das Kind verbracht wurde.
3) Polizei informieren:
Wurde das Kind bereits weggebracht, sollte man auch eine Polizei-Stelle informieren. Man muss sich allerdings immer klar sein, dass dies sicher strafrechtliche Konsequenzen für den entziehenden Elternteil haben wird. Möglicherweise ist das jedoch – im Gegensatz zu anderen Maßnahmen – nicht nachhaltig und zielführend. Vorher sollte man also noch mit einem Anwalt bzw. einer Beratungsstelle reden.
4) Bezugspersonen verständigen:
Gleichzeitig sollte man versuchen, ggf. Bekannte und Verwandte des Elternteils bzw. Kindes im In- und Ausland zu kontaktieren. Diese können möglicherweise helfen, das Kind ausfindig zu machen und mit dem entführenden Elternteil zu reden.
5) Fotos bereithalten:
Für die Suche können Fotos des Elternteils und des Kindes wichtig werden. Für den Fall, dass sie Behörden brauchen, sollten sie bereitgehalten werden. Sie können auch den Bezugspersonen im Ausland gesendet werden. Dies hilft zur Identifizierung des Kindes und des entführenden Elternteils.
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Welche grenzüberschreitenden Regelungen gibt es?
Um die Suche nach entführten Kindern grenzübergreifend zu erleichtern, gibt es internationale Übereinkommen. Für die Bundesrepublik Deutschland (und viele andere Staaten) gelten folgende:
1) Haager Kindesentführungsübereinkommen
2) Europäische Verordnung „Brüssel II a“
3) Haager Kinderschutzübereinkommen
Diese Rechtsvorschriften ermöglichen eine bessere überstaatliche Abstimmung und regeln das gemeinsame Vorgehen bei Kindesmitnahme. Sie schaffen mehr Transparenz in folgenden Fragen:
Bei welchen Staaten liegt die Zuständigkeit für den Erlass von Entscheidungen?
Sollen bereits erlassene Entscheidungen in anderen Ländern anerkannt werden, und mit welchen Vorbedingungen?
Wie können solche Entscheidungen vollstreckt werden?
1) Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ)
Das „Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung“ (kurz „Haager Kindesentführungsübereinkommen“ oder „HKÜ“) zielt darauf ab, Kinder vor den Folgen internationaler Kindesentführungen zu schützen. Es ist ein multilaterales Abkommen.
Die über 90 Staaten, die dieses Übereinkommen unterzeichnet haben, verpflichten sich zur Anordnung einer Rückführung innerhalb von 6 Wochen. Zu beantragen ist die Rückführung innerhalb eines Jahres nachdem das Kind ins Ausland entführt wurde. Sehr wichtig für den Antrag ist, wo das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor der Mitnahme gehabt hatte und wie die elterliche Sorge für das Kind geregelt ist.
Zum HKÜ-Verfahrensablauf:
1) Zuerst werden die Mindestvoraussetzungen geprüft.
2) Dann schickt das Bundesministerium der zuständigen Behörde im Ausland den Antrag.
3) Die ausländische Behörde versucht daraufhin, das Kind so schnell wie möglich zu finden.
4) Wurde es gefunden, kann entweder eine freiwillige Rückgabe bzw. eine gütliche Regelung vereinbart sowie eine gerichtliche oder behördliche Rückführung durchgeführt werden.
Vertragsstaaten des HKÜ sind (Auszug):
USA
Russland
Ukraine
Türkei
Thailand
Spanien
Israel
Marokko
China (nur die Region Hongkong und Macau)
etc.
Folgende Staaten sind nicht HKÜ-Vertragsstaaten (Auszug):
Tunesien
Jordanien
Kenia
Libanon
Nigeria
etc.
2) Europäische Verordnung „Brüssel II a“
In dieser Verordnung wird für Staaten der Europäischen Union (EU) einheitlich geregelt, in welchem Staat das Gerichtsverfahren in grenzüberschreitenden Ehe- und Sorgerechtsangelegenheiten geführt wird. Diese Verordnung gilt seit 1 März 2005. Sie gilt in allen EU-Mitgliedstaaten, jedoch nicht in Dänemark. Seit 1. Januar 2007 gilt sie auch in Rumänien und Bulgarien, seit 1. Juli 2013 auch in Kroatien.
3) Haager Kinderschutzübereinkommen (KSÜ)
Das Haager Kinderentführungsübereinkommen erhielt 2011 eine weitere Verstärkung: das Haager Kinderschutzübereinkommen. Über 50 Staaten sind Teil davon. Zweck dieses Übereinkommens: In einem Vertragsstaat ergangene Entscheidungen müssen auch in anderen Vertragsstaaten anerkannt und vollstreckt werden.
Welche Anlaufstellen helfen?
Für umfangreiche persönliche Beratung zum Thema Kindesmitnahme ins Ausland und grenzüberschreitende Umgangs- bzw. Sorgerechtskonflikte:
Allgemeine Beratungsstellen:
ISD: Internationaler Sozialdienst
>> Telefon: +49 (0)30/62 980 403 (für beide Einrichtungen: erreichbar montags, mittwochs und donnerstags zwischen 9:00 Uhr und 16:00 Uhr)
>> Telefon: +49 (0)30/62 980 403 (für beide Einrichtungen: erreichbar montags, mittwochs und donnerstags zwischen 9:00 Uhr und 16:00 Uhr)
MIKK: Internationales Mediationszentrum für Familienkonflikte und Kindesentführung
>> Telefon: +49 (0)30 74787879
>> Telefon: +49 (0)30 74787879
Anwälte und Anwältinnen für internationales Familienrecht:
Rechtsanwälte mit Spezialisierung auf internationales Familienrecht:
Anwälte beraten umfangreich zum Ablauf der Kindesrückholung und leisten gegebenenfalls rechtlichen Beistand im Rückholungsverfahren.
Anwälte beraten umfangreich zum Ablauf der Kindesrückholung und leisten gegebenenfalls rechtlichen Beistand im Rückholungsverfahren.
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Kindesentführung – Recht einfach erklärt
Was gilt als Kindesentführung durch einen Elternteil?
Bringt ein Elternteil ohne Zustimmung des sorge- oder gemeinsam sorgeberechtigten Elternteils das Kind ins Ausland, liegt eine Kindesentführung vor. Ebenso, wenn das Kind im Ausland von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wird. Bei diesem Gesetzesverstoß wird das Sorgerecht des zurückgebliebenen Elternteils verletzt.
Weiterlesen: Wann spricht man von Kindesentführung durch einen Elternteil?
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Wie hoch ist die Strafe für Kindesentführung?
Die Kindesmitnahme eines Elternteils gegen den Willen eines Sorgeberechtigten ist ein Straftatbestand. In schweren Fällen droht eine mehrjährige Freiheitsstrafe (bis zu 5 Jahren). Dies ist im § 235 StGB (Strafgesetzbuch) geregelt.
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Darf ich mit dem Kind im Ausland Urlaub machen, wenn der andere Elternteil dagegen ist?
Haben beide Eltern das Sorgerecht, darf ein Elternteil nicht einfach mit dem Kind ins Ausland verreisen. Der Grund für die Reise ist egal. Der andere sorgeberechtigte Elternteil soll deshalb stets eine schriftliche Einverständniserklärung geben. Der verreisende Elternteil kann sonst große Schwierigkeiten bekommen (z.B. auch an der Grenze).
Weiterlesen: Wann spricht man von Kindesentführung durch einen Elternteil?
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Was tun bei Verdacht auf Kindesentführung?
In erster Linie sollten die darauf spezialisierten Beratungsstellen und eine Anwaltskanzlei für internationales Familienrecht kontaktiert werden. Sie haben Expertise in diesem Bereich und können Ratschläge geben. Man kann sich auch bei der Polizei melden, wenn das Risiko auf Entführung sehr dringlich ist.
Weiterlesen: Was tun, wenn ein Risiko auf Kindesentführung besteht?
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Wie kann ich eine Kindesentführung verhindern?
Es ist schwer zu sagen, wie eine Kindesmitnahme am besten verhindert werden kann. Besteht eine große Gefahr, dass der Elternteil mit dem Kind „abhaut“, kann die Polizei kontaktiert werden. Auf alle Fälle sollte eine Beratungsstelle und/oder ein Anwalt mit einbezogen werden.
Weiterlesen: Was tun, wenn ein Elternteil das Kind entführt hat?
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Wer unterstützt vor oder nach einer Kindesentführung?
Anwälte für internationales Familienrecht, ZANK (Zentrale Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte), ISD (Internationaler Sozialdienst), MIKK (Internationales Mediationszentrum für Familienkonflikte und Kindesentführung), Verband binationaler Familien und Partnerschaften, Initiative Vermisste Kinder etc.
Weiterlesen: Welche Anlaufstellen helfen weiter?
Weiterlesen: Welche Anlaufstellen helfen weiter?