Ist das seelische oder körperliche Wohlbefinden eines Kindes in Gefahr, spricht man von Kindeswohlgefährdung. Das Jugendamt muss bei einem Verdacht den Schutzauftrag (§ 8a SGB 8) wahrnehmen. Fachkräfte versuchen dann mithilfe der Erziehungsberechtigten oder des Gerichts die Gefahr abzuwenden.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Kindeswohlgefährdung?
Welche Formen von Kindeswohlgefährdung gibt es?
Was tun bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung?
Wie können Privatpersonen bei Verdacht tun?
Wie kann der Staat eingreifen?
Was können beschuldigte Personen tun?
Welche rechtlichen Grundlagen gibt es?
Was zeigt die Statistik?
Weiterführende Beiträge
Kindeswohlgefährdung – Recht einfach erklärt
Welche Formen von Kindeswohlgefährdung gibt es?
Was tun bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung?
Wie können Privatpersonen bei Verdacht tun?
Wie kann der Staat eingreifen?
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Kindeswohlgefährdung – Recht einfach erklärt
Was ist eine Kindeswohlgefährdung?
Der Begriff „Kindeswohl“ bezeichnet das körperliche und psychische Wohlbefinden eines Kindes. Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn durch eine Handlung oder Unterlassung einer Handlung das Wohlergehen eines Kindes in Gefahr gebracht wird.
Die Gefahr kann von einer sorgeberechtigten oder einer dritten Person ausgehen. Gefährdungslagen können sowohl innerhalb als auch außerhalb von Familien entstehen.
„Kindeswohlgefährdung“ ist ein undefinierter Rechtsbegriff. Das heißt: Es gibt keine eindeutige rechtliche Definition, was damit tatsächlich gemeint ist. Ob eine Gefährdung besteht und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, entscheiden letztlich Fachkräfte des Jugendamts und das Familiengericht.
Eine Gefährdungslage muss nicht immer aus einem bewussten Verhalten heraus entstehen. Sie kann folgende Gründe haben:
1) Kindeswohlgefährdung durch Sorgerechtsmissbrauch
2) Kindeswohlgefährdung durch Vernachlässigung des Kindes
3) Kindeswohlgefährdung durch unverschuldetes Versagen
4) Kindeswohlgefährdung durch das Verhalten einer dritten Person
Für Fachkräfte und Berufsgeheimnisträger in den Bereichen Kinder- und Jungendhilfe, Kinder- und Jugendschutz, Familie und Adoption, Lehrerinnen und Lehrer, aber natürlich auch für die Eltern und Vertrauenspersonen von Kindern ist der Begriff des Kindeswohls von zentraler Bedeutung.
1) Kindeswohlgefährdung durch Sorgerechtsmissbrauch
2) Kindeswohlgefährdung durch Vernachlässigung des Kindes
3) Kindeswohlgefährdung durch unverschuldetes Versagen
4) Kindeswohlgefährdung durch das Verhalten einer dritten Person
Für Fachkräfte und Berufsgeheimnisträger in den Bereichen Kinder- und Jungendhilfe, Kinder- und Jugendschutz, Familie und Adoption, Lehrerinnen und Lehrer, aber natürlich auch für die Eltern und Vertrauenspersonen von Kindern ist der Begriff des Kindeswohls von zentraler Bedeutung.
Welche Formen von Kindeswohlgefährdung gibt es?
1) Vernachlässigung
2) Kindesmisshandlung
3) Sexualisierte Gewalt
4) Genitalbeschneidung
5) Gefährdung des Vermögens
1) Vernachlässigung
Kinder brauchen zum Schutz ihrer körperlichen, emotionalen und seelischen Unversehrtheit und Entwicklung die Hilfe ihrer Eltern. Um das zu gewährleisten, müssen die Personensorgeverantwortlichen ihren Fürsorgepflichten nachkommen. Sie müssen die essentiellen Bedürfnisse der Kinder erfüllen.
Unterlassen personensorgeberechtigte oder erziehungsbevollmächtigte Personen die notwendigen fürsorglichen Handlungen, ist das Kindeswohl gefährdet.
In der Praxis ist es häufig schwierig zu bewerten, ob eine Vernachlässigung tatsächlich vorliegt. Die Erziehungs- und Umgangsstile können variieren. Die Lage ist von den Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe sowie letztlich vom Gericht einzuschätzen.
Formen der Vernachlässigung:
Formen der Vernachlässigung:
Körperliche Vernachlässigung:
Mangelhafte Versorgung mit Flüssigkeit, Nahrung, wetterangepasster Kleidung, Hygiene, Medizin, nicht ausreichend großer Wohn- und Bewegungsraum zählen zu körperliche Vernachlässigung.
Mangelhafte Versorgung mit Flüssigkeit, Nahrung, wetterangepasster Kleidung, Hygiene, Medizin, nicht ausreichend großer Wohn- und Bewegungsraum zählen zu körperliche Vernachlässigung.
Emotionale Vernachlässigung:
Unzureichende emotionale Anteilnahme am Leben des Kindes, Mangel an Aufmerksamkeit, emotionaler Wärme und Nähe, Wertschätzung, Geborgenheit, nichtvorhandenes Interesse an der emotionalen und sozialen Entwicklung des Kindes.
Unzureichende emotionale Anteilnahme am Leben des Kindes, Mangel an Aufmerksamkeit, emotionaler Wärme und Nähe, Wertschätzung, Geborgenheit, nichtvorhandenes Interesse an der emotionalen und sozialen Entwicklung des Kindes.
Erzieherische Vernachlässigung:
Unzureichende Erziehung und kognitive Förderung, fehlende erzieherische Maßnahmen, fehlende Motivation zum Spielen, zu Aktivität und Leistung.
Unzureichende Erziehung und kognitive Förderung, fehlende erzieherische Maßnahmen, fehlende Motivation zum Spielen, zu Aktivität und Leistung.
Unzulängliche Aufsicht:
Missachtung der Aufsichtspflicht, Alleine-Lassen der Kinder – sowohl innerhalb als auch außerhalb der Wohnung – , unzulängliches Einschreiten, wenn das Kind z.B. die Türe öffnet und aus dem Wohnraum gehen möchte, die Eltern lassen ein Kleinkind über längere Zeit hinweg ohne Aufsicht.
Missachtung der Aufsichtspflicht, Alleine-Lassen der Kinder – sowohl innerhalb als auch außerhalb der Wohnung – , unzulängliches Einschreiten, wenn das Kind z.B. die Türe öffnet und aus dem Wohnraum gehen möchte, die Eltern lassen ein Kleinkind über längere Zeit hinweg ohne Aufsicht.
2) Kindesmisshandlung
Der Begriff Kindesmisshandlung bezeichnet einen Angriff auf die psychische oder physische Integrität einer minderjährigen Person. Schläge, Tritte, Beschimpfungen, Androhungen aber auch Genitalbeschneidungen fallen in diese Kategorie.
Formen der Kindesmisshandlung:
Seelische Misshandlung:
Die Unterscheidung zwischen seelischer Vernachlässigung und seelischer Misshandlung ist oft unklar. Bei der Misshandlung liegt die Betonung aber mehr auf dem aktiven Fehlverhalten der Sorgeberechtigten. Verhalten sich diese gegenüber dem Kind abwertend, ablehnend, lieblos, schreien das Kind ständig an oder ähnliches, so beeinträchtigt das die psychische Gesundheit des Kindes. Starke Trennungs- und Scheidungskonflikte können ebenfalls eine Form von seelischer Kindesmisshandlung darstellen.
Die Unterscheidung zwischen seelischer Vernachlässigung und seelischer Misshandlung ist oft unklar. Bei der Misshandlung liegt die Betonung aber mehr auf dem aktiven Fehlverhalten der Sorgeberechtigten. Verhalten sich diese gegenüber dem Kind abwertend, ablehnend, lieblos, schreien das Kind ständig an oder ähnliches, so beeinträchtigt das die psychische Gesundheit des Kindes. Starke Trennungs- und Scheidungskonflikte können ebenfalls eine Form von seelischer Kindesmisshandlung darstellen.
Körperliche Misshandlung:
Aktive Handlungen, welche zu beträchtlichen körperlichen Schmerzen, zu Verletzungen oder zum Tod führen. Das kann beispielsweise sein: Schütteln, Schlagen, Treten, Anspucken, Kratzen, Beißen, Würgen, Unterkühlen, Einklemmen, Wegsperren, Verbrennen, Verbrühen, Nahrungsentzug und ähnliches.
Aktive Handlungen, welche zu beträchtlichen körperlichen Schmerzen, zu Verletzungen oder zum Tod führen. Das kann beispielsweise sein: Schütteln, Schlagen, Treten, Anspucken, Kratzen, Beißen, Würgen, Unterkühlen, Einklemmen, Wegsperren, Verbrennen, Verbrühen, Nahrungsentzug und ähnliches.
Erziehungsgewalt:
Damit sind Maßnahmen zur Erziehung gemeint, die Sorgeberechtigte an ihren Kindern ergreifen. Ziel dieser Handlungen ist nicht so sehr die Verletzung der Integrität des Kindes, als mehr das „Gefügig-Machen“ des Kindes, sodass es zukünftig besser gehorcht. Dazu gehören z.B. leichtes Ohrfeigen, leicht an den Haaren ziehen, am Arm packen, aber auch verbale Maßnahmen. Inwiefern sich Erziehungsgewalt und Misshandlung voneinander unterscheiden, bedarf der Beurteilung durch Fachkräfte.
Damit sind Maßnahmen zur Erziehung gemeint, die Sorgeberechtigte an ihren Kindern ergreifen. Ziel dieser Handlungen ist nicht so sehr die Verletzung der Integrität des Kindes, als mehr das „Gefügig-Machen“ des Kindes, sodass es zukünftig besser gehorcht. Dazu gehören z.B. leichtes Ohrfeigen, leicht an den Haaren ziehen, am Arm packen, aber auch verbale Maßnahmen. Inwiefern sich Erziehungsgewalt und Misshandlung voneinander unterscheiden, bedarf der Beurteilung durch Fachkräfte.
3) Sexualisierte Gewalt
Sexualisierte Gewalt bezeichnet das Ausüben sexueller Handlungen an Kindern, mit oder ohne Körperkontakt. Personenberechtigte, erziehungsbeauftragte oder andere Personen nutzen dabei das Abhängigkeits- und Vertrauensverhältnis des Kindes zu ihnen sowie ihre Autorität über das Kind aus.
Dazu gehört kann auch die Konfrontation des Kindes mit sexuellen Medien, z.B. das Zeigen von Pornos oder nicht altersgerechten Filmen.
Formen der sexualisierten Gewalt:
Seelische sexualisierte Gewalt:
Darunter fallen unangemessene Gespräche mit sexuellem Inhalt, sexuelle Anspielungen, ordinäre und abwertende Bemerkungen im Bezug auf bestimmte Körperteile oder die Sexualität des Kindes, offene Schilderungen sexueller Erfahrungen, die das Kind wegen seines Alters nicht einordnen kann oder – wenn es etwa schon älter ist – gar nicht hören will, das Zeigen von Filmen und Videos mit sexuellen bzw. pornographischen Inhalten.
Darunter fallen unangemessene Gespräche mit sexuellem Inhalt, sexuelle Anspielungen, ordinäre und abwertende Bemerkungen im Bezug auf bestimmte Körperteile oder die Sexualität des Kindes, offene Schilderungen sexueller Erfahrungen, die das Kind wegen seines Alters nicht einordnen kann oder – wenn es etwa schon älter ist – gar nicht hören will, das Zeigen von Filmen und Videos mit sexuellen bzw. pornographischen Inhalten.
Körperliche sexualisierte Gewalt:
Damit sind physische sexuelle Interaktionen mit dem Kind gemeint, mit und ohne Körperkontakt. Dazu zählt das Berühren von Geschlechtsteilen des Kindes oder die Aufforderung an das Kind, die eigenen oder die Geschlechtsteile anderer zu berühren. Auch erotisch motivierte Küsse, die Manipulation der Geschlechtsorgane des Kindes, sowie Geschlechtsverkehr in allen Formen (oral, vaginal, anal).
Damit sind physische sexuelle Interaktionen mit dem Kind gemeint, mit und ohne Körperkontakt. Dazu zählt das Berühren von Geschlechtsteilen des Kindes oder die Aufforderung an das Kind, die eigenen oder die Geschlechtsteile anderer zu berühren. Auch erotisch motivierte Küsse, die Manipulation der Geschlechtsorgane des Kindes, sowie Geschlechtsverkehr in allen Formen (oral, vaginal, anal).
Kinderpornographie:
Dabei werden Minderjährige akustisch oder visuell aufgenommen (Ton, Bild, Film), während sexualisierte Gewalt an ihnen ausgeübt wird. Das Material verbleibt dann beim Täter oder wird weitergegeben, manchmal auch gegen Geld.
Dabei werden Minderjährige akustisch oder visuell aufgenommen (Ton, Bild, Film), während sexualisierte Gewalt an ihnen ausgeübt wird. Das Material verbleibt dann beim Täter oder wird weitergegeben, manchmal auch gegen Geld.
Kinderprostitution:
Kinderprostitution liegt vor, wenn die finanzielle Not von Minderjährigen ausgenutzt wird und diese zu sexuellen Handlungen aufgefordert oder gezwungen werden. Die Täter schlagen aus der sexuellen Ausbeutung von Kindern häufig selbst Profit. Oft werden dabei Kinder auch geschlagen und unter Drogen gesetzt.
Kinderprostitution liegt vor, wenn die finanzielle Not von Minderjährigen ausgenutzt wird und diese zu sexuellen Handlungen aufgefordert oder gezwungen werden. Die Täter schlagen aus der sexuellen Ausbeutung von Kindern häufig selbst Profit. Oft werden dabei Kinder auch geschlagen und unter Drogen gesetzt.
Sexualisierte Gewalt im Netz:
Das Internet und die neuen Medien stellen ein großes Problem hinsichtlich der Zunahme von sexualisierter Gewalt dar. Ein besonders großes Problem der aktuellen Zeit: die öffentliche und freie Zugänglichkeit von Pornos unterschiedlichster Art. Zudem werden Kinder häufig über das Internet belästigt und zu sexuellen Handlungen aufgefordert, gezwungen, erpresst oder verführt. Über Chatrooms, Social Media Kanäle, Mobiltelefone und PC treten die Täter mit Kindern in Kontakt.
Das Internet und die neuen Medien stellen ein großes Problem hinsichtlich der Zunahme von sexualisierter Gewalt dar. Ein besonders großes Problem der aktuellen Zeit: die öffentliche und freie Zugänglichkeit von Pornos unterschiedlichster Art. Zudem werden Kinder häufig über das Internet belästigt und zu sexuellen Handlungen aufgefordert, gezwungen, erpresst oder verführt. Über Chatrooms, Social Media Kanäle, Mobiltelefone und PC treten die Täter mit Kindern in Kontakt.
4) Genitalbeschneidung
Das Thema Genitalbeschneidung wirft die Frage auf, ob das Kindeswohl dabei noch geschützt ist. Die Gesetzgebung in Deutschland unterscheidet zwischen Eingriffen an Mädchen und Eingriffen an Jungen sehr stark.
Formen der Genitalbeschneidung:
Weibliche Genitalbeschneidung:
Das deutsche Strafgesetzbuch stellt die weibliche Genitalverstümmelung unter Strafe. Damit ist das Verletzen oder die Amputation weiblicher Geschlechtsorgane gemeint. Diese Eingriffe erfolgen in der Regel aufgrund religiös-kultureller Motive. Medizinische Eingriffe an den Geschlechtsorganen, etwa an der Gebärmutter oder den Eierstöcken sind von diesem Anwendungsbereich ausgenommen.
Das deutsche Strafgesetzbuch stellt die weibliche Genitalverstümmelung unter Strafe. Damit ist das Verletzen oder die Amputation weiblicher Geschlechtsorgane gemeint. Diese Eingriffe erfolgen in der Regel aufgrund religiös-kultureller Motive. Medizinische Eingriffe an den Geschlechtsorganen, etwa an der Gebärmutter oder den Eierstöcken sind von diesem Anwendungsbereich ausgenommen.
Männliche Genitalbeschneidung:
Die Beschneidung von Jungen ist in Deutschland nicht strafbar. Diese Tatsache sorgt für große Debatten zwischen Befürwortern und Gegnern. Befürworter argumentieren zum Beispiel damit, dass die religiösen und kulturellen Rechte der Bürgerinnen und Bürger geschützt werden müssen. Gegner erklären wiederum, dass die Beschneidungspraxis Körperverletzungen an Jungen verharmlost werden und dies eine Form von geschlechterspezifischer Diskriminierung darstellt. Mehr zu dieser Debatte können Sie in der Arbeit des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags lesen.
Die Beschneidung von Jungen ist in Deutschland nicht strafbar. Diese Tatsache sorgt für große Debatten zwischen Befürwortern und Gegnern. Befürworter argumentieren zum Beispiel damit, dass die religiösen und kulturellen Rechte der Bürgerinnen und Bürger geschützt werden müssen. Gegner erklären wiederum, dass die Beschneidungspraxis Körperverletzungen an Jungen verharmlost werden und dies eine Form von geschlechterspezifischer Diskriminierung darstellt. Mehr zu dieser Debatte können Sie in der Arbeit des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags lesen.
5) Gefährdung des Vermögens
Kommt die unterhaltspflichtige Person seiner Verpflichtung zu Unterhaltszahlungen nicht oder ungenügend nach, ist das Vermögen des Kindes gefährdet (§ 1666 Abs. 2 BGB). Damit ist auch das Kindeswohl insgesamt gefährdet. Fehlende Unterhaltszahlungen können die Grundversorgung des Kindes in Gefahr bringen.
Was tun bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung?
Diese Frage stellen sich Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, Psychologen und Psychotherapeuten, Ärzte, Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Bekannte und Verwandte der betroffenen Familie.
Manchmal werden auch gänzlich außenstehende Dritte auf eine Gefährdung aufmerksam. Zudem drängt die Frage: „Muss eine Kindeswohlgefährdung immer gemeldet werden?“
Manche Berufsgruppen haben einen sogenannten „Schutzauftrag“ (§ 8a SGB VIII). Das bedeutet, sie müssen einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung immer nachgehen.
Diese Pflicht gibt es für Berufsgeheimnisträger, also zum Beispiel für Ärztinnen und Ärzte, Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, Hebammen, Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Diese Meldung wird bei Fachkräften auch einfach „Meldung 8a“ genannt.
Hat eine Fachkraft aus genannten Berufsgruppen einen Verdacht auf Kindeswohlgefährdung, muss sie folgende 3 Schritte befolgen:
1) Anhaltspunkte prüfen – Checkliste
2) Gefährdungsrisiko einschätzen
3) Maßnahmen ergreifen
1) Anhaltspunkte prüfen – Checkliste
Es ist mitunter schwierig, eine Kindeswohlgefährdung zu erkennen. Es gibt recht offensichtliche Fälle, wie z.B. Unterernährung, die Verwahrlosung eines Kindes, oder auch ständige Verletzungen, die auf Schläge hinweisen. In anderen Fällen ist die Situation aber schwerer einzuschätzen. Nachstehend ein Einschätzungsbogen für alle Fachkräfte, die zum Schutzauftrag verpflichtet sind. Die Checkliste zum Downloaden dient zur Orientierung, ersetzt daher keinesfalls die tatsächliche Checkliste der öffentlichen Einrichtungen und anderen qualifizierten Anlaufstellen.
2) Gefährdungsrisiko einschätzen
Nachdem mithilfe der Checkliste die Lage des Kindes erfasst wurde, muss das Gefährdungsrisiko eingeschätzt werden. Dies soll im Austausch mit den Fachkollegen geschehen. Je nachdem, wie kindeswohlgefährdend die Situation ist, muss dann mehr oder weniger stark reagiert werden.
3) Maßnahmen ergreifen
Angenommen, die Einschätzung mit den Fachkollegen hat ergeben, dass eine kindeswohlgefährdende Situation vorliegt. Was nun?
1) Eltern informieren:
In einem ersten Schritt werden die Eltern über den Verdacht informiert. Dann hängt viel von der Kooperationsbereitschaft dieser ab. Wird die Gefahr wahrgenommen und abgewendet? Oder bleibt die Gefährdung weiterhin bestehen?
2) Jugendamt kontaktieren:
Können die Eltern die kindeswohlgefährdende Situation nicht abwenden, muss das Jugendamt kontaktiert werden.
>> Kinderschutzhotline: 0800 19 210 00 (24 Stunden täglich erreichbar)
>> Jugendämter
>> Kinderschutzzentren
3) Im Notfall:
Befindet sich das Kind in akuter Gefahr, müssen selbstverständlich und unverzüglich die Polizei und Rettungseinsatzkräfte gerufen werden.
>> Polizei: 110
>> Rettung & Feuerwehr: 112
4) Jugendamt kontaktiert Familie:
Das Jugendamt wird daraufhin aktiv, sucht das Gespräch mit den Eltern oder Sorgeberechtigten, bietet Beratungsleistungen und Unterstützungen der Kinder- und Jugendhilfe an.
5) Weitere Maßnahmen des Jugendamtes:
Nach eingehender Beurteilung mit anderen Fachkollegen, kann ein Hausbesuch bei der jeweiligen Familie erfolgen. Können oder wollen die Sorgeberechtigten nicht mit kooperieren, kann das Kind in Obhut genommen werden. Oder: Leisten die Eltern nicht die geforderte medizinische Hilfe, kann dies angeordnet werden.
6) Maßnahmen des Gerichts:
Zeigen die Maßnahmen des Jugendamts keine Wirkung oder müssen die Rechte der Eltern zum Wohle des Kindes eingeschränkt werden, wird das Gericht eingeschaltet. Das Gericht ist grundsätzlich kooperationsbereit und sich der Tatsache bewusst, dass Kinder von ihren leiblichen Eltern nur in Ausnahmefällen getrennt werden sollen. In Extremfällen kann es aber zum Sorgerechtsentzug und sogar zum Kontaktverbot zwischen gefährdender Person und Kind kommen.
Das Jugendamt wird daraufhin aktiv, sucht das Gespräch mit den Eltern oder Sorgeberechtigten, bietet Beratungsleistungen und Unterstützungen der Kinder- und Jugendhilfe an.
5) Weitere Maßnahmen des Jugendamtes:
Nach eingehender Beurteilung mit anderen Fachkollegen, kann ein Hausbesuch bei der jeweiligen Familie erfolgen. Können oder wollen die Sorgeberechtigten nicht mit kooperieren, kann das Kind in Obhut genommen werden. Oder: Leisten die Eltern nicht die geforderte medizinische Hilfe, kann dies angeordnet werden.
6) Maßnahmen des Gerichts:
Zeigen die Maßnahmen des Jugendamts keine Wirkung oder müssen die Rechte der Eltern zum Wohle des Kindes eingeschränkt werden, wird das Gericht eingeschaltet. Das Gericht ist grundsätzlich kooperationsbereit und sich der Tatsache bewusst, dass Kinder von ihren leiblichen Eltern nur in Ausnahmefällen getrennt werden sollen. In Extremfällen kann es aber zum Sorgerechtsentzug und sogar zum Kontaktverbot zwischen gefährdender Person und Kind kommen.
Was können Privatpersonen bei Verdacht tun?
Wer nicht zur Gruppe der Berufsgeheimnisträger (Kinder- und Jugendhilfe-Mitarbeiter, Ärzte, etc.) gehört, kann und soll bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung ebenfalls aktiv werden. Eine Verpflichtung dazu gibt es zwar nicht. Besser ist es aber, Gefährdungslagen ernst zu nehmen.
Bei einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung kann man eine Beratungsstelle der Kinder- und Jugendhilfe oder – bei höherem Gefährdungsgrad – gleich die Kinderschutzhotline bzw. das Jugendamt kontaktieren.
Im Gespräch mit Fachpersonal wird die Situation des Kindes besprochen und eingeschätzt, weitere Schritte werden geplant.
Wie kann der Staat eingreifen?
Zeigt das Gespräch mit der Familie bzw. den Sorgeberechtigten nicht die geforderte Wirkung und weigern sie sich, Angebote der Kinder- und Jugendhilfe zu beanspruchen, sieht sich das Gericht gezwungen Maßnahmen zu ergreifen:
Was können beschuldigte Personen tun?
Wer vom Jugendamt kontaktiert wird, weil es einen Kindeswohlgefährdungsverdacht gibt, weil es das Kind in Obhut nehmen möchte oder ähnliches, sollte sich unbedingt kooperationsbereit zeigen.
Es gibt jedoch auch Situationen, in denen Menschen zu Unrecht beschuldigt werden. In einem solchen Fall sollte man sich beraten lassen und einen Anwalt für Familienrecht einschalten. Dieser unterstützt dann bei der Kooperation mit Jugendamt und Gericht und leistet Rechtsbeistand bei allen möglichen Streitfragen.
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Welche rechtlichen Grundlagen gibt es?
Das Thema Kindeswohl wird in unterschiedlichen Gesetzestexten thematisiert. Jedes Kind hat ganz grundsätzlich ein …
Recht auf Leben
Recht auf körperliche Unversehrtheit
Recht auf Achtung seiner Menschenwürde
Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit
Die wichtigsten Gesetze für Kindeswohlgefährdung:
§ 1631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Inhalt und Grenzen der Personensorge
Relevante Paragraphen im Strafgesetzbuch:
§ 171 Strafgesetzbuch (StGB) – Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht
§ 174 Strafgesetzbuch (StGB) – Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen
§ 176 Strafgesetzbuch (StGB) – Sexueller Missbrauch von Kindern
§ 176a Strafgesetzbuch (StGB) – Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern
§ 176b Strafgesetzbuch (StGB) – Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge
§ 180 Strafgesetzbuch (StGB) – Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger
§ 182 Strafgesetzbuch (StGB) – Sexueller Missbrauch von Jugendlichen
§ 184 Strafgesetzbuch (StGB) – Verbreitung pornographischer Schriften
Was zeigt die Statistik?
Das Statistische Bundesamt analysiert die Situation der Kinder und Familien in Deutschland ständig. Hier ein paar Eckdaten zum Thema Kinderschutz und Kindeswohl:
Im Jahr 2020 waren ca. 45.400 Kinder in Obhut (8% weniger als 2019)
Im Jahr 2019 war die häufigste Form von Kindeswohlgefährdung die Vernachlässigung (fast die Hälfte der Fälle), gefolgt von mehreren Gefährdungsarten gleichzeitig (20 %) sowie psychischer Misshandlung (16%) und körperlicher Misshandlung (15 %). Um sexualisierte Gewalt handelte es sich in 4 % aller Fälle.
Im Jahr 2019 gab es 55.500 registrierte Fälle von Kindeswohlgefährdung (10 % mehr als 2018)
Im Jahr 2019 haben die Jugendämter bundesweit 173 000 Verdachtsfälle auf Kindeswohlgefährdung geprüft (15 % mehr als 2018)
>> Hier geht’s zu den Analysen, Statistiken, Tabellen, Entwicklungen und aktuellen Meldungen des Statistischen Bundesamtes.
Weiterführende Beiträge
Jugendschutz im Internet
Kindeswohlgefährdung – Recht einfach erklärt
Was heißt „Kindeswohlgefährdung“?
Von Kindeswohlgefährdung ist die Rede, wenn das körperliche oder geistige Wohlbefinden eines Kindes ständig oder wiederholt in Gefahr ist. Grundsätzlich ist zu unterscheiden: Missbrauch des Sorgerechts, Vernachlässigung, unverschuldetes Versagen oder das Verhalten eines Dritten.
Weiterlesen: Was versteht man unter Kindeswohlgefährdung?
Weiterlesen: Was versteht man unter Kindeswohlgefährdung?
Welche Arten der Kindeswohlgefährdung gibt es?
Die Formen der Kindeswohlgefährdung sind: körperliche und seelische Vernachlässigung, körperliche und seelische Kindesmisshandlung, sexualisierte Gewalt, Genitalbeschneidung sowie Gefährdung des Kindesvermögens.
Weiterlesen: Welche Formen der Kindeswohlgefährdung gibt es?
Weiterlesen: Welche Formen der Kindeswohlgefährdung gibt es?
Was ist eine 8a Meldung?
Haben Berufsgeheimnisträger einen Verdacht auf Kindeswohlgefährdung, müssen sie aktiv werden und ihren Schutzauftrag wahrnehmen. Zuerst sollten sie versuchen, mit den Eltern des Kindes und Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe eine Lösung zu finden. Ist dies nicht möglich, muss das Jugendamt informiert werden.
Weiterlesen: Was tun bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung?
Weiterlesen: Was tun bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung?
Was sind wichtige Anhaltspunkte für Kindeswohlgefährdung?
Gewichtige Anhaltspunkte sind z.B.: das Kind ist unterernährt, ungenügend bekleidet, ständig krank und von der Schule abwesend, es hat Wunden von Schlägen, Verbrennungen, es ist stark verängstigt und depressiv, es meidet soziale Kontakte, es ist geistig und körperlich nicht seinem Alter entsprechend entwickelt etc.
Weiterlesen: Kindeswohlgefährdung beurteilen – Checkliste
Weiterlesen: Kindeswohlgefährdung beurteilen – Checkliste
Welche Maßnahmen kann der Staat bei Kindeswohlgefährdung ergreifen?
Das Gericht kann zum Beispiel anordnen, dass die Familie öffentliche Hilfen der Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch nehmen muss. In schwerwiegenden Fällen kann es auch bestimmen, dass die gefährdende Person sich dem Kind nicht mehr nähren darf, dass das Sorgerecht entzogen wird oder Ähnliches.
Weiterlesen: Wie kann der Staat eingreifen?
Weiterlesen: Wie kann der Staat eingreifen?
Was sind die rechtlichen Grundlagen für die Kindeswohlgefährdung?
Die wichtigsten Gesetze zum Thema Kindeswohlgefährdung sind: Artikel 6 (2) des Grundgesetzes (GG), Paragraph 1666 BGB, Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII), einzelne Paragraphen des Strafgesetzbuches, das Bundeskinderschutzgesetz, die UN Kinderrechtskonvention.
Weiterlesen: Welche rechtlichen Grundlagen gibt es?
Weiterlesen: Welche rechtlichen Grundlagen gibt es?