Ein Arbeiter, der eine Bohrmaschine in der Hand hält und auf dem frisch gewischten Boden ausrutscht. © Adobe Stock | Andre

Sorgfaltspflicht: Definition und Anwendungsbereiche

Sorgfaltspflichten betreffen im Arbeitsrecht Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Es gilt, keinen fahrlässigen oder vorsätzlichen Schaden der anderen Vertragspartei zu verursachen. Darüber hinaus kommt in Deutschland ein Sorgfaltspflichtengesetz, um Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten zu vermeiden.

Definition der Sorgfaltspflicht


‌Sorgfaltspflicht bedeutet, dass Personen bestimmte Handlungen ausführen oder unterlassen müssen, damit kein Schaden für andere Personen, Rechtsgüter oder Gegenstände droht. So sind etwa gefährliche Handlungen zu unterlassen und Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, wenn bei einer Handlung potenzielle Gefahr besteht. Die Sorgfaltspflicht wird allgemein nach § 276 BGB verletzt, wenn Personen fahrlässig oder vorsätzlich Schaden herbeiführen.
Hinweis:
Der Begriff der Sorgfalt kommt in unterschiedlicher Anwendung in verschiedenen Gesetzestextes vor. Da es keine Legaldefinition der Sorgfaltspflicht gibt, handelt es sich dabei um einen unbestimmten Rechtsbegriff.

Fahrlässigkeit


‌Eine Person handelt dann fahrlässig, wenn sie nicht ihrer Pflicht nachkommt, eine bestimmte Gefahr zu erkennen und potenziellen Schaden abzuwenden. Von fahrlässigem Handeln ist dabei nicht nur dann die Rede, wenn eine Person durch aktives Zutun Schaden verursacht. Auch die Unterlassung einer gebotenen Handlung ist fahrlässig. 

‌Beispielsweise wird gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen, wenn in einem Gebäude der Boden frisch gewischt wurde und eine Person ausrutscht und sich verletzt. Der Verantwortliche hätte seiner Sorgfaltspflicht nachkommen müssen, indem er ein entsprechendes Hinweisschild aufstellt.

Umfang der Sorgfaltspflicht


‌Der Umfang der Sorgfaltspflicht einer Einzelperson richtet sich nach ihren Fähigkeiten und nach der jeweiligen Situation. Als Maßstab ist dabei das Verhalten einer fiktiven Durchschnittsperson zu nehmen. Würde diese in der jeweiligen Situation besonnener und umsichtiger handeln, liegt eine Verletzung der Sorgfaltspflicht vor.
Hinweis:
Damit eine Verletzung der Sorgfaltspflicht vorliegt muss ein ungebührliches Risiko für Personen oder Gegenstände gegeben sein. Es ist nicht zwingend erforderlich, dass tatsächlich Schaden verursacht wurde.

Sorgfaltspflicht im Arbeitsrecht


Sorgfaltspflicht von Arbeitnehmern


‌Die Sorgfaltspflicht eines Arbeitnehmers besteht darin, bei Ausführung seiner Arbeitsleistung sorgfältig und gewissenhaft zu sein. Ein Arbeitnehmer darf weder vorsätzlich noch fahrlässig Schaden für das Unternehmen, für Arbeitsmittel oder für Personen herbeiführen.
Hinweis:
Die Sorgfaltspflicht muss zu ihrer Gültigkeit nicht im Arbeitsvertrag vereinbart sein. Sie gehört automatisch zu den Nebenpflichten eines Arbeitnehmers.
Bei Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer abmahnt. Folgen einer Abmahnung weitere ähnlich geartete Verstöße des Arbeitnehmers, kann der Arbeitgeber eine Kündigung durchführen. Mehr zum Thema Abmahnung können Sie im Artikel Abmahnung lesen.

Sorgfaltspflicht des Arbeitgebers


‌Arbeitgeber unterliegen der Fürsorgepflicht. Die Sorgfaltspflicht ist Bestandteil der Fürsorgepflicht. Im Rahmen der Fürsorgepflicht hat der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um
  • die Persönlichkeitsrechte seiner Arbeitnehmer zu wahren. 
  • seine Arbeitnehmer vor psychischem Schaden zu schützen. 
  • Leben und körperliche Gesundheit seiner Arbeitnehmer zu schützen. 
  • Im Zuge der Sorgfaltspflicht hat der Arbeitgeber zu erkennen, ob in bestimmten Situationen oder durch spezielle Handlungen eine Gefährdung von Arbeitnehmern droht. Ist dem der Fall, muss der Arbeitgeber entweder die gefährliche Handlung unterlassen oder vorbeugende Schutzmaßnahmen ergreifen. Mehr zur Fürsorgepflicht können Sie unter Fürsorgepflicht lesen.

    Berufliche Sorgfaltspflicht


    ‌In einigen Berufen, insbesondere im akademischen Bereich, besteht die sogenannte berufliche Sorgfaltspflicht. Diese betrifft etwa Journalisten, Ärzte oder Rechtsanwälte. In diesen Arbeitsfeldern ist es geboten, dass besondere Sorgfalt an den Tag gelegt wird. 

    ‌1) Journalisten haben die Pflicht, im Rahmen ihre Arbeit verantwortungsvoll und gewissenhaft zu handeln und ihre Recherche mit Sorgfalt durchzuführen. Sie tragen Verantwortung für eine objektive und sachkundige Berichterstattung. 

    ‌2) Ärzte müssen stets am neuesten Wissensstand sein und ihren Patienten die bestmögliche Behandlung zukommen lassen. 

    ‌3) Rechtsanwälte haben ihre Mandanten unvoreingenommen und gewissenhaft zu vertreten. Außerdem müssen sie in Bezug auf die Gesetzestexte am neuesten Stand sein und im Zuge ihres rechtlichen Beistands das Wohl der Mandanten im Sinne haben. 

    ‌In manchen Berufen, etwa in der Pflege, ist ein akademischer Grad nicht notwendigerweise gegeben. Dennoch ist eine berufliche Sorgfaltspflicht unumgänglich. So haben Pflegekräfte etwa dafür zu sorgen, dass jeder Patient eindeutig identifizierbar ist und jedem die richtige Medikation zukommt. Auch haben die Pflegekräfte eine Beobachtungsverantwortung zu tragen. Damit ist gemeint, dass sie die Gesundheit des Patienten sowie die Umstände seiner Behandlung beobachten und bei Mängeln in der Behandlungsleistung die Verantwortlichen darüber unterrichten müssen.

    Geschäftsführer: Sorgfaltspflicht


    ‌Nach § 43 Abs. 2 GmbHG haben Geschäftsführer die Gesellschaft mit Sorgfalt zu vertreten. Sie dürfen nichts tun, was den Interessen der Gesellschaft zuwiderläuft und müssen ihre Entscheidungen gewissenhaft und im Sinne der Gesellschaft treffen. 

    ‌Bei Verletzung der Sorgfaltspflicht haften Geschäftsführer für wirtschaftlichen Schaden, der der Gesellschaft entsteht. Aus diesem Grund wird in Geschäftsführerverträgen häufig eine Haftungsklausel vereinbart, mit dem Zweck, das Haftungsrisiko des Geschäftsführers zu verringern. Mehr zum Geschäftsführervertrag erfahren Sie in dem Artikel Geschäftsführervertrag.

    Sorgfaltspflichtengesetz


    ‌Am 1. Januar 2023 tritt in Deutschland ein neues Gesetz in Kraft. Dieses heißt Sorgfaltspflichtengesetz, wird aber auch als Lieferkettengesetz bezeichnet. Es hat zum Ziel, Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten zu vermeiden.
    Hinweis:
    Das Sorgfaltspflichtengesetz findet Anwendung auf alle Unternehmen in Deutschland, die mehr als 3.000 Mitarbeiter beschäftigen. Ab dem Jahr 2024 wird der Anwendungsbereich ausgeweitet, sodass das Gesetz bereits Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter betrifft.

    Sorgfaltspflichten der Unternehmen


    ‌Das Sorgfaltspflichtengesetz erlegt den Unternehmen sogenannte Sorgfaltspflichten auf, die gewährleisten sollen, dass es in der Lieferkette zu keinen Menschenrechtsverletzungen kommt. Dazu zählen unter anderem folgende Pflichten:
  • Es muss ein Risikomanagementsystem eingerichtet werden. 
  • Es muss betriebsintern festgelegt werden, wer für den Menschenrechtsschutz zuständig ist. 
  • Es sind regelmäßig Risikoanalysen durchzuführen. 
  • Im eigenen Geschäftsbereich sowie gegenüber von unmittelbaren Zulieferern sind Präventionsmaßnahmen zu verankern. 
  • Gibt es in Hinsicht auf mittelbare Zulieferer Risiken in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte, sind entsprechende Sorgfaltspflichten umzusetzen. 
  • Es sind Beschwerdeverfahren zur Mitteilung von Menschenrechtsverletzungen einzurichten. 
  • Maßnahmen, die der Erfüllung der Sorgfaltspflichten dienen sind zu dokumentieren
  • Hinweis:
    Welche Handlungen eines Unternehmens genügen, um den Anforderungen des Sorgfaltspflichtengesetzes gerecht zu werden, richtet sich nach verschiedenen Faktoren. Etwa nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit und dem Einflussvermögen des Unternehmens auf den Verursacher von Menschenrechtsverletzungen.

    Bemühenspflicht und Kontrolle


    ‌Das Sorgfaltspflichtengesetz ist so auszulegen, dass Unternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen müssen, um Menschrechtsverletzungen in Lieferketten zu vermeiden. Es besteht insofern eine Bemühenspflicht. Eine Erfolgspflicht gibt es allerdings nicht. Kommt es trotz Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette, kann das Unternehmen dafür nicht haftbar gemacht werden. 

    ‌Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) kontrolliert, ob Unternehmen die Anforderungen des Gesetzes erfüllen. Bei Verstößen kann es Bußgelder verhängen oder entsprechende Unternehmen von der öffentlichen Beschaffung ausschließen. Betroffene von Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette haben die Möglichkeit, beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Beschwerde einzureichen.

    Geldwäschegesetz: allgemeine Sorgfaltspflichten


    ‌Im Geldwäschegesetz finden sich unter § 10 GwG sogenannte allgemeine Sorgfaltspflichten, die zum Ziel haben, das Risiko von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung im Rahmen von Geschäftsbeziehungen möglichst niedrig zu halten. 

    ‌Zu den Allgemeinen Sorgfaltspflichten zählen unter anderem die folgenden Pflichten:
  • Identifizierung des Vertragspartners oder der für ihn auftretenden Person. 
  • Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten, falls der Vertragspartner keine natürliche Person ist. 
  • Prüfung von Zweck und Art der angestrebten Geschäftsbeziehung
  • Abklärung, ob der Vertragspartner eine politisch exponierte Person ist (Person, die politisches Amt ausübt oder einer solchen nahesteht.) 
  • Überwachung der Geschäftsbeziehung, inklusive der getätigten Transaktionen. 
  • Hinweis:
    Die Identifizierung des Vertragspartners ist vorzunehmen, bevor die Geschäftsbeziehung begründet wird und bevor Transaktionen getätigt werden.
    Die Sorgfaltspflichten müssen etwa in den folgenden Situationen angewandt werden:
  • Wenn eine Geschäftsbeziehung begründet wird. 
  • Bei Transaktionen außerhalb einer Geschäftsbeziehung, wenn der Wert davon 15.000 Euro oder mehr beträgt. 
  • Bei Zweifeln an der Identität des Geschäftspartners. 
  • Bei der Vermittlung von Kaufverträgen. 
  • Als Güterhändler, wenn Barzahlungen von über 10.000 getätigt oder entgegengenommen werden.
    ‌ 
  • Sorgfaltspflicht – Recht einfach erklärt

    Wann ist die Sorgfaltspflicht verletzt?

    Eine Verletzung der Sorgfaltspflicht liegt dann vor, wenn Personen fahrlässig oder vorsätzlich Handlungen unternehmen, durch die andere Personen oder Gegenstände zu Schaden kommen können. Auch die Unterlassung einer gebotenen Handlung kann gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen. 

    ‌Weiterlesen: Fahrlässigkeit

    Was umfasst die Sorgfaltspflicht des Arbeitnehmers?

    Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung sorgfältig und gewissenhaft durchzuführen. Ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht wäre gegeben, wenn ein Arbeitnehmer vorsätzlich oder fahrlässig handelt und dadurch das Unternehmen, Arbeitsmittel oder Personen gefährdet werden. 

    ‌Weiterlesen: Sorgfaltspflicht von Arbeitnehmern

    Was versteht man unter Fürsorgepflicht des Arbeitgebers?

    Arbeitgeber haben Sorge zu tragen, dass ihre Mitarbeiter vor psychischem und körperlichem Schaden geschützt werden und ihre Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben. Zu diesem Zweck müssen Arbeitgeber geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen. 

    ‌Weiterlesen: Sorgfaltspflicht des Arbeitgebers

    Welche Sorgfaltspflicht hat der Arbeitgeber?

    Die Sorgfaltspflicht des Arbeitgebers ist Teil seiner Fürsorgepflicht. Der Arbeitgeber hat zu erkennen, ob in bestimmten Situationen oder durch spezielle Handlungen eine Gefährdung der Mitarbeiter droht. Dementsprechend hat er zu reagieren und gefährliche Handlungen zu unterlassen oder geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen. 

    ‌Weiterlesen: Sorgfaltspflicht des Arbeitgebers

    Was bedeutet berufliche Sorgfaltspflicht?

    Die berufliche Sorgfaltspflicht besteht in bestimmten Berufen, die meist akademischer Natur sind. Zum Beispiel bei Journalisten, Ärzten oder Rechtsanwälten. In diesen Berufen Tätige haben besonders gewissenhaft und sorgfältig ihre Arbeit durchzuführen. 

    ‌Weiterlesen: Berufliche Sorgfaltspflicht

    Was bedeutet Sorgfaltspflicht in der Pflege?

    Pflegepersonal hat eine berufliche Sorgfaltspflicht gegenüber den Patienten. So müssen die Patienten beispielsweise eindeutig identifizierbar sein. Auch muss das Pflegepersonal dafür sorgen, dass sie die richtige Medikation bekommen und Verantwortliche auf Behandlungsmängel hinweisen. 

    ‌Weiterlesen: Berufliche Sorgfaltspflicht

    Was bedeutet das neue Sorgfaltspflichtengesetz für Unternehmen?

    Das neue Sorgfaltspflichtengesetz erlegt Unternehmen gewisse Pflichten auf, die dazu dienen, Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten zu vermeiden. Die Unternehmen müssen etwa Risikoanalysen durchführen. Auch gilt es, vorbeugende Maßnahmen treffen und diese hinreichend zu dokumentieren. 

    ‌Weiterlesen: Sorgfaltspflichten der Unternehmen

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