Fühlen sich Bewohner eines Wohnhauses vom Verhalten ihres Nachbarn gestört, kann das schnell zu einem Nachbarschaftsstreit führen. Es gibt mehrere Schritte, die unternommen werden können, um den Konflikt zu lösen. Was Sie tun können und wer Ihnen dabei helfen kann, lesen Sie in diesem Artikel.
Wie kommt es zu Nachbarschaftsstreit?
Es kann schnell zum Nachbarschaftsstreit kommen, da oft schon kleine Ärgernisse zu Unmut führen können. Ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn ist für viele allerdings wichtig. Trotz dessen hat eine Studie des Markforschungsunternehmens Ipsos ergeben, dass 69% der Deutschen glauben, in Deutschland lebende Menschen sind in den letzten 20 Jahren weniger nachbarschaftlich geworden.
Bei der Studie wurden im August 2019 2.000 deutschsprachige Personen im Alter zwischen 16 und 70 Jahren anhand einer Online-Umfrage befragt. Die häufigsten Gründe für Ärgernisse unter Nachbarn sind laut der Ipsos-Studie Lärm, Rücksichtslosigkeit und Unfreundlichkeit.
Ähnliches zeigt auch eine Studie über die häufigsten Streitthemen bei Nachbarschaftsstreits auf, die 2014 von Growth of Knowledge (GfK) mit 1.000 Befragten durchgeführt wurde. Demnach sind die häufigsten Themen Lärm, nicht eingehaltenen Nachbarpflichten, Gerüche usw. durch Haustiere und rücksichtsloses Parken. Im weiteren Verlauf des Artikels finden Sie häufige Gründe für Nachbarschaftsstreit vor und wie man damit umgehen kann.
Häufige Streitgründe und ihre Regelungen
Im Folgenden sehen Sie die Gründe aufgelistet, die laut Studien zu den meisten Nachbarschaftsstreits in Deutschland führen. Zu jedem Punkt erklären wir außerdem Regeln bzw. Gesetze, auf die sie im Zweifelsfall zurückgreifen können. Damit kann die Rechtmäßigkeit des Verhaltens des Nachbarn überprüft werden.
Lärm
Lärmbelästigung zeichnet sich in diversen Studien als die Nummer Eins der Gründe für Nachbarschaftsstreit aus. Generell gilt es, zu bestimmten Zeiten eine Ruhezeit einzuhalten. Diese ist nicht einheitlich geregelt, meist aber sehr ähnlich. Bei der Gemeinde- oder Stadtverwaltung erfährt man die genauen Regelungen für den jeweiligen Wohnort. Oft wird die Nachtruhe auf 22 Uhr bis 6 Uhr festgelegt und für Sonn- und Feiertage gilt eine ganztägige Ruhe.
Zudem wird eine Mittagsruhe geregelt, die in einem Zeitraum zwischen 13 Uhr bis 15 Uhr gelten kann.
Innerhalb dieser Ruhezeiten sollte nichts getan werden, was die Zimmerlautstärke von etwa 40 Dezibel bei Tag und 30 Dezibel bei Nacht überschreitet. 40 Dezibel kann man sich in etwa als eine normale eher leise Gesprächs- oder Fernseherlautstärke vorstellen und 30 Dezibel als Flüstern.
Lärm kann viele Ursachen haben. Eine davon sind Rasenmäher oder andere laute Maschinen, welche die Ruhe erheblich beeinflussen. Für diesen Aspekt wurde 2002 die Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung im Landesimmissionsschutzgesetz erlassen. Sie regelt, wann und unter welchen Bedingungen laute Geräte verwendet werden dürfen. In Wohngebieten ist das Rasenmähen an Sonn- und Feiertagen ganztägig sowie an Werktagen zwischen 20 Uhr und 7 Uhr verboten. Für andere Geräte wie z.B. Laubbläser gilt ein zeitliches Verbot von 7 bis 19 Uhr, von 13 bis 15 Uhr und von 17 bis 20 Uhr.
Ein weiterer Grund, warum sich Nachbarn gestört fühlen, ist laute Musik. Prinzipiell ist es Hobby- und Berufsmusikern erlaubt, an Werktagen zwei bis drei Stunden und an Sonn- und Feiertagen ein bis zwei Stunden ihr Instrument zu spielen. Das heißt allerdings noch lange nicht, dass die Nachbarn Lärm durch laute Partys hinnehmen müssen. Während der Ruhezeiten darf keine laute Party gefeiert werden, aber auch zu anderen Zeiten sind Lärmgrenzwerte einzuhalten. Der Nachbar hat gegenüber dem Auslöser der Ruhestörung einen Anspruch auf Unterlassung wegen Besitzstörung gemäß § 862 BGB. Wegen Ruhestörung kann der Mieter außerdem eine Mietminderung verlangen, wenn der Vermieter nichts dagegen unternimmt.
Pflanzen, Hecken und Bäume
Überhängende Bäume, wuchernde Hecken und die Grundstücksbegrenzung sind immer wieder ein Streitthema zwischen Nachbarn. Allgemeine Regelungen für die Bepflanzung von Grundstücken gibt es nicht. Dafür hat jedes Bundesland ein eigenes Nachbarschaftsrecht. Darin werden zwei grundsätzliche Dinge geregelt:
Der Abstand der Grenzbepflanzung des Nachbarn zum nächsten Grundstück
Die Höhe der Hecke/Grenzpflanzen
Generell muss die Pflanze kleiner sein, je näher sie an der Grundstücksgrenze ist. Auch Äste oder Wurzeln sollten nicht über die Grenze hinausragen. Tun sie das dennoch, kann man gemäß § 910 BGB vom Nachbarn verlangen, dass er diese Äste entfernt. Wenn die Nutzung durch das Grundstück allerdings nicht davon beeinträchtigt ist, muss man die Äste dulden. Wird die Nutzung beeinträchtigt, weil dadurch beispielsweise kein Sonnenlicht mehr in den Garten fällt, kann man dem Nachbarn eine Frist setzen, in der er die Äste entfernt. Erledigt er das nicht, darf man selbst zur Gartenschere greifen.
§ 911 BGB regelt darüber hinaus, was mit Obst passiert, dass durch überhängende Äste in das Nachbargrundstück fällt. Dieses gehört dann dem Nachbarn, in dessen Garten es landet. Trotzdem ist es nicht erlaubt, an dem Ast zu rütteln, sodass das Obst herunterfällt. Das ist genauso verboten, wie die Früchte direkt vom Baum zu pflücken.
Geruchsbelästigung
Geruchsbelästigung ist ein weiterer häufiger Grund für Nachbarschaftsstreit. Gerichte unterscheiden hier zwischen zumutbaren und unzumutbaren Gerüchen. Das wiederum ist abhängig von der Dauer und Intensität des Geruchs.
Essensgerüche, die durch das Kochen entstehen, müssen grundsätzlich hingenommen werden. Es kann den Nachbarn beispielsweise nicht das Verwenden von bestimmten Gewürzen untersagt werden. Sollten sich die störenden Gerüche allerdings durch mangelhafte Abdichtungen verteilen, kann womöglich eine Mietminderung geltend gemacht werden.
Raucher müssen versuchen, ihre Nachbarn nicht zu stören. Denn wenn durch das Rauchen eine unzumutbare Geruchsbelästigung entsteht, rechtfertigt das unter Umständen sogar eine fristlose Kündigung des Mietvertrages.
Grillen
Grillen auf der Terrasse oder am Balkon ist besonders im Sommer sehr beliebt. Durch die starken Gerüche oder den entstehenden Rauch können sich die Nachbarn allerdings gestört fühlen. Oft gibt es Regelungen bezüglich des Grillens in der Hausordnung oder schon im Mietvertrag, die auf jeden Fall beachtet werden müssen. In der Rechtsprechung gibt es bezüglich der Belästigung durch Grillen verschiedene Ansichten. Doch auch hier gilt nach dem Immissionsschutzgesetz, dass Nachbarn übermäßigen Geruch und Rauch nicht dauerhaft dulden müssen. Die Emissionen müssen üblich und sozial angemessen sein.
Rücksichtsloses Parken
Die Nachbarn parken am falschen Parkplatz oder blockieren die Einfahrt, obwohl schon ein Hinweisschild dort angebracht wurde. Das kann für die Betroffenen sehr ärgerlich sein. Ist z.B. eine Mülltonne vor der Einfahrt platziert worden, kann diese noch leicht beiseitegeschoben werden, aber bei einem Auto wird das schon komplizierter.
In diesem Fall kann man leider aus rechtlicher Sicht nicht viel unternehmen. Das ginge nur, wenn ein Nachbar vorsätzlich vor Ihrer Einfahrt parkt und Sie dadurch stark behindert werden.
Wie kann man bei Nachbarschaftsstreit vorgehen?
Bevor man sofort zu einer Klage greift, sollte auf jeden Fall eine friedliche Lösung des Streites mit den Nachbarn gesucht werden. Bestenfalls sollte in einem Mietshaus jeder aufeinander Rücksicht nehmen. Halten sich alle daran, kann es erst gar nicht so schnell zu Streit unter Nachbarn kommen. Eine einheitliche Hausordnung ist ein erster Schritt, der das Zusammenleben der Nachbarn regeln soll. Hält sich ein Nachbar nicht an die Regeln oder stört bewusst das Zusammenleben im Haus, können Ihnen die folgenden Maßnahmen helfen.
Informieren: Was ist rechtens?
Zuerst sollte überprüft werden, ob es sich tatsächlich um eine Störung handelt. Dabei kann ein Blick in die Hausordnung hilfreich sein sowie Informationen von der Gemeinde- oder Stadtverwaltung. Im vorigen Kapitel haben wird außerdem einen Überblick über die größten Streitthemen gegeben. Denn möglicherweise ist das Verhalten des Nachbars erlaubt und Sie wissen nur nicht davon.
Persönliches Gespräch
Dem Nachbarn ist sein störendes Verhalten möglicherweise nicht bewusst. Für ihn mag die Musik nicht zu laut sein und er weiß nicht, wie gut man sie durch die Wände hört. Suchen Sie daher unbedingt ein persönliches Gespräch. Möglicherweise ist der Nachbar nachsichtig und unterlässt die laute Musik oder besorgt sich z.B. Kopfhörer, wenn er weiß, dass es Sie stört.
Wichtig ist beim persönlichen Kontakt noch, dass Sie sich höflich und respektvoll begegnen. Die besten Chancen hat man mit einer freundlichen Bitte, nicht wenn man dem Nachbarn sofort mit Anschuldigungen und Vorwürfen begegnet. Außerdem sollte die Schilderung des Problems so sachlich wie möglich erfolgen.
Eventuell kommt bei dem Gespräch hervor, dass das Verhalten des Nachbarn noch nie als störend empfunden wurde und er den Einwand daher nicht versteht. In diesem Fall sollten die eigenen Sichtweisen noch einmal durchdacht werden. Möglicherweise lässt sich auch ein Kompromiss finden, der für beiden Parteien eine bessere Basis schafft.
Wer kann bei einem Nachbarschaftsstreit helfen?
Lassen sich Probleme oder Streitigkeiten nicht ohne weiteres lösen, kann es helfen, unbeteiligte Personen zu Hilfe zu ziehen. Das kann beispielsweise der Vermieter sein, der als Vermittler agieren kann.
Vermieter
Der Vermieter kann in einer Streitsituation versuchen, die Streitpartien zu beruhigen. Er kann die Situation von außen betrachten und beurteilen, wie weiter vorgegangen werden kann. Dadurch können möglicherweise besser Kompromisse gefunden werden, die für beide Parteien hinnehmbar sind.
Verstößt der Nachbar beispielsweise wirklich gegen die Hausordnung und will sein Verhalten nicht unterlassen, kann ihn der Vermieter abmahnen. Stört er sehr stark und dauerhaft, kann er ihm unter Umständen sogar den Mietvertrag kündigen.
Das Kontaktieren des Vermieters hat einen weiteren Vorteil. Berechtigt die Störung durch den Nachbarn zu einer Mietminderung, so kann man diese ankündigen und dem Vermieter eine Frist zur Beseitigung des Mangels setzen. Unternimmt der Vermieter nichts, darf folglich die Miete gemindert werden.
Kommunale Schiedsstelle (Friedensrichter)
Eine weitere Möglichkeit ist eine kommunale Schiedsstelle (teilweise auch Friedensrichter genannt). Dabei wird ein Schiedsmann mit der Schlichtung des Streits beauftragt. Gemeinsam wird an einem Tisch mit den beiden Nachbarn nach Kompromissen gesucht. Auf der Website der Bundesvereinigung Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. können Sie sich weiter darüber informieren und einen Schiedsmann für Ihr Anliegen suchen. Durch die ehrenamtliche Tätigkeit der Schlichter ist dieses Verfahren wesentlich günstiger als ein Verfahren vor Gericht.
Polizei oder Ordnungsamt
Vielleicht kommt dem Betroffenen gleich die Idee, die Polizei oder das Ordnungsamt bei einem störenden Verhalten eines Nachbarn zu rufen. Das sollte allerdings nicht aus einem Impuls heraus geschehen, sondern gut abgewogen werden. Auf diese Weise lässt sich nämlich kein Streit lösen, sondern verschlimmert das Spannungsverhältnis zwischen den beiden Parteien oft noch.
Handelt es sich aber um einen akuten Fall, dann ist das natürlich eine Möglichkeit. Etwa dann, wenn der Nachbar ein für den Betroffenen unerträgliches Verhalten ausübt und nicht mit sich reden lässt oder gar nicht auf Anrufe oder Klingeln reagiert.
Anwalt
Haben alle vorher genannten Möglichkeiten keine Ergebnisse erzielt, kann im letzten Schritt ein Rechtsanwalt helfen, der mit dem Thema bewandert ist. Das kann beispielsweise ein Anwalt sein, der auf Mietrecht spezialisiert ist. Er kann einschätzen, was die nächsten besten Schritte sein können, um gegen den Nachbarschaftsstreit vorzugehen.
Der Anwalt kann im weiteren Schritt eine Klage vorschlagen. Teilweise lässt sich eine Auseinandersetzung nur mehr vor Gericht klären. Für eine Klage kann es wiederum erforderlich sein, zuvor eine Mediation versucht zu haben.
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Nachbarschaftsstreit – Recht einfach erklärt
Mein Nachbar macht immer Lärm, was kann ich tun?
Lärm kann viele Ursachen haben und es ist stark davon abhängig, wodurch der Lärm entsteht. Grundsätzlich müssen aber Ruhezeiten eingehalten und nicht unerträglicher Lärm gemacht werden. Blicken Sie als erstes in die Hausordnung.
Weiterlesen: Mein Nachbar macht immer Lärm, was kann ich tun?
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Darf man überhängende Äste vom Baum des Nachbarn abschneiden?
Man sollte den Nachbarn bitten, die Äste zu entfernen. Tut er das nicht und behindern die Äste die Nutzung des Gartens, kann man sie selbst abschneiden.
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Wie kann man bei Nachbarschaftsstreit vorgehen?
Als erstes sollte man sich über die geltenden Regeln informieren. Im weiteren Schritt kann man in einem persönlichen Gespräch mit dem Nachbarn versuchen, Kompromisse zu finden.
Weiterlesen: Wie kann man bei Nachbarschaftsstreit vorgehen?
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Alle Versuche zur Streitschlichtung waren vergebens – was nun?
Lässt der Nachbar überhaupt nicht mit sich reden, bleibt nur noch die Möglichkeit einer Klage. Dafür sollten Sie einen Rechtsanwalt kontaktieren, der bestenfalls in Mietrecht spezialisiert ist.
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