Muttervogel füttert Kinder im Nest: Wie bei einem Vogelnest bleiben die Kinder im Nestmodell in der gewohnten Umgebung. © Adobe Stock | nataba

Nestmodell: Die wichtigsten Details zum Nestmodell im Überblick

Es gibt eine Umgangsregelung, bei der die Kinder in ihrem „Nest“ bleiben: das Nestmodell. Die Kinder sind dabei diejenigen, die in der Wohnung bleiben. Die Eltern ziehen aus. Abwechselnd leben sie dann mit den Kindern, ohne dass diese ihren Lebensmittelpunkt wechseln müssen.

Was versteht man unter dem Nestmodell?


‌Das Nestmodell ist ein Betreuungsmodell, bei dem die Kinder einen fixen Wohnort haben. Sozusagen ein „Nest“. Die Eltern besuchen die Kinder abwechselnd, leben mit diesen, erziehen und betreuen sie. Insgesamt gibt es also drei Wohnungen: eine für die Kinder, und eine für jeden Elternteil. 

‌In der Regel ist das Nest das ehemalige Familienheim, in dem die Familie vor der Trennung lebte.
Beispiel:
Lars und Nele haben sich scheiden lassen. Sie entscheiden sich für folgendes Umgangsmodell: Ihre beiden Kinder bleiben in der Eigentumswohnung von Lars. Dort hat die nun getrennte Familie schon vor der Scheidung zusammen gelebt. Lars zieht in die Wohnung seiner neuen Freundin. Nele mietet für sich privat eine neue Wohnung an.


 Jede Woche wechseln sich Nele und Lars mit der Kinderbetreuung ab. Dafür zieht jeder von ihnen abwechselnd für eine Woche in die Wohnung der Kinder. Jeweils freitagnachmittags (nach Schulschluss) findet die Übergabe statt. Somit können die Kinder in einer Umgebung bleiben, die sie schon gewohnt sind.
Manchmal wird das Nestmodell auch als eine Form von Wechselmodell bezeichnet. Die Eltern wechseln ja in diesem Fall „hin- und her“. Beim Wechselmodell (Pendelmodell) hingegen wechseln die Kinder regelmäßig die Wohnungen. 

‌Die dritte Variante eines Umgangsmodells ist das traditionelle Residenzmodell. Bei dieser Regelung bleibt das Kind bei einem Elternteil wohnen. Dieser Elternteil erzieht und betreut das Kind hauptsächlich (meist die Mutter). Der andere Elternteil kommt nur zu Besuch. Wie oft sich Elternteil und Kind sehen, ist immer flexibel vereinbar, außer es wurde vom Gericht bestimmt.

Wo leben die Eltern, wenn sie gerade nicht im „Nest“ sind?


‌Es stellt sich die Frage, welche Wohnmöglichkeiten es für die Eltern gibt, wenn sie gerade nicht bei den Kindern im „Nest“ leben. Es gibt mehrere Optionen.
  • Eine eigene Wohnung für jeden Elternteil: 
    ‌Sinnvoll ist meistens, wenn die Elternteile nach der Trennung oder Scheidung in getrennte Wohnungen ziehen. So wird der häufig notwendige Abstand gewahrt, jeder hat seine eigene Privatsphäre. Nachteilig könnte der Kostenaufwand sein. Müssen beide Eltern eine Wohnung anmieten und zusätzlich das „Nest“ der Kinder bezahlen, kann es zu hohen Gesamtmietkosten kommen. 
  • Eine gemeinsame Wohnung für die getrennten Eltern: 
    ‌Die Eltern können gemeinsam eine Wohnung oder ein Haus ziehen. Darin wohnt jeweils, wer sich aktuell nicht bei den Kindern im „Nest“ aufhält. Diese Lösung ist jedoch für viele Ex-Partner nicht tragbar. Vielen wird es an Privatsphäre mangeln, da der Kontakt zum Ex wahrscheinlich häufiger als gewollt stattfindet. Als Zwischenlösung ist dieses Konzept aber fallweise brauchbar. 
  • Vorteile und Nachteile des Nestmodells


    ‌Vorteile:
  • Gleichbleibender Lebensort: 
    ‌Das Nestmodell zeichnet sich durch seine Kinderfreundlichkeit aus. Hier gibt es zusätzliche Stabilität durch den fixen Wohnort der Kinder. Nicht die Kinder wechseln regelmäßig die Umgebung, sondern die Eltern. 

    ‌Hervorzuheben sind die positiven Aspekte eines gleichbleibenden Umfelds: gleiche Freundschaften, gleiche KiTa oder Schule etc. Letzteres sollte jedoch auch bei den anderen Umgangsmodellen stets gegeben sein.
  • Alle weiteren Vorteile des Wechselmodells: 
    ‌Das Nestmodell ist im Grunde eine Form des Wechselmodells. Wechselmodelle sind statistisch gesehen förderlicher für das Kindeswohl als Residenzmodelle. Kinder profitieren in ihrer Persönlichkeitsentwicklung vom ausgeglichenen Kontakt zu beiden Elternteilen. 

    ‌Auch die Eltern werden dadurch gleichberechtigt. Es kommt zu gleichmäßigen Zeitaufteilungen, was auch das berufliche Weiterkommen fördert (besonders für die Mütter). Hinzu kommen alle anderen Vorteile des Wechselmodells
  • Nachteile:
  • Finanzieller Aufwand: 
    ‌Mieten die getrennt lebenden Elternteile jeweils eine eigene Wohnung an, entstehen möglicherweise höhere Kosten als bei einem normalen Wechselmodell oder einem Residenzmodell. Ein Vorteil: Viele Dinge müssen für die Kinder nicht doppelt angeschafft werden. Beispielsweise Spielzeug, Schulsachen, Musikinstrumente (z.B. Klavier, Schlagzeug, …) etc.   
  • Mit Babys schwer umzusetzen: 
    ‌Säuglinge und Kleinstkinder brauchen mindestens eine feste Bezugsperson. Diese Person muss viel Zeit mit dem Kind verbringen. Ein Nestmodell würde den Eltern und vor allem dem Säugling in dieser Hinsicht Probleme bereiten. 
  • Alle weiteren Nachteile des Wechselmodells: 
    ‌Ein Nestmodell erfordert von den Eltern eine erhöhte Kooperations- und Kommunikationsbereitschaft. Sind sie heillos zerstritten, kann dieses Modell schwierig werden. Dasselbe ist aber im Bezug auf jedes Umgangsmodell zu sagen. 

    ‌Wollen oder können die Eltern nicht miteinander konstruktiv umgehen, wird wohl jedes Modell kompliziert umzusetzen sein. 

  • Wie ist der Unterhalt im Nestmodell geregelt?


    ‌Es besteht eine gegenseitige Unterhaltspflicht der Eltern. Sie müssen sich also „über Kreuz“ Kindesunterhalt leisten. Verdienen beide in etwa gleich viel, zahlen sie Unterhalt in gleicher Höhe. Wer mehr verdient als der andere, zahlt einen entsprechend höheren Anteil Kindesunterhalt.

    Kann ich das Nestmodell erzwingen bzw. einklagen?


    Ja, ein Nest- bzw. Wechselmodell lässt sich auch gerichtlich einklagen. 2017 hat ein Vater ein solches Modell zur Umsetzung des Umgangsrechts eingeklagt. Der Fall ging bis an den Bundesgerichtshof (BGH). Dieser entschied, dass die Klage berechtigt war.
    Hinweis:
    Wer tatsächlich eine Klage einbringen möchte, sollte sich jedenfalls im Vorhinein von einem Rechtsexperten umfangreich beraten lassen. Am besten von einem Anwalt für Familienrecht.

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    ‌Zusammenfassend gesagt: Das Kindeswohl steht wie immer an erster Stelle. Für den BGH sprechen folgende Faktoren gegen die Anordnung eines Wechselmodells:
  • hohes Konfliktpotential der Eltern 
  • keine bestehende oder sehr geringe Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern 
  • Kind möchte diese Umgangsregelung nicht 
  • Hinweis:
    Das Gericht muss auch das Kind nach dessen Willen befragen.
    Der Leitsatz des BGH-Beschlusses im Wortlaut:
    1) „Eine gerichtliche Umgangsregelung, die im Ergebnis zu einer gleichmäßigen Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells führt, wird vom Gesetz nicht ausgeschlossen. Auch die Ablehnung des Wechselmodells durch einen Elternteil hindert eine solche Regelung für sich genommen noch nicht. Entscheidender Maßstab der Regelung ist vielmehr das im konkreten Einzelfall festzustellende Kindeswohl. 

    ‌2) Die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung setzt eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 15. Juni 2016, XII ZB 419/15, FamRZ 2016, 1439). Dem Kindeswohl entspricht es daher nicht, ein Wechselmodell zu dem Zweck anzuordnen, eine Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit erst herbeizuführen. 

    ‌3) Ist das Verhältnis der Eltern erheblich konfliktbelastet, so liegt die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Anordnung in der Regel nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes. 

    ‌4) Das Familiengericht ist im Umgangsverfahren zu einer umfassenden Aufklärung verpflichtet, welche Form des Umgangs dem Kindeswohl am besten entspricht. Dies erfordert grundsätzlich auch die persönliche Anhörung des Kindes (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. Juni 2016, XII ZB 419/15, FamRZ 2016, 1439).“

    Nestmodell im Trennungsjahr?


    ‌Will sich ein Ehepaar scheiden lassen, muss es erst ein Trennungsjahr durchlaufen, bevor sie die Scheidung einreichen. Während des Trennungsjahres ist eine „Trennung von Tisch und Bett“ verpflichtend. In den meisten Fällen ziehen daher die Eheleute in getrennte Wohnungen. 

    ‌Eine kinderfreundliche Lösung wäre, wenn diese in der bekannten Wohnung und Umgebung bleiben, während die Eltern in eigene Wohnungen gehen. Ein Vorteil würde sich auch in folgender Situation ergeben: Finden die Eltern während des Trennungsjahres wieder zueinander, können sie gemeinsam wieder in das Familienheim einziehen, in der die Kinder währenddessen gelebt haben.

    Nestmodell – Recht einfach erklärt

    Wie funktioniert das Nestmodell?

    Bei diesem Umgangsmodell bleiben die Kinder an einem fixen Lebensort, während die Eltern abwechselnd die Kinder besuchen. Es ist sozusagen eine Variante des Wechselmodells. Das wird als besonders kinderfreundlich angesehen. Es sind dann nämlich nicht die Kinder diejenigen, die Wohnungen wechseln, sondern die Eltern. 

    ‌Weiterlesen: Was versteht man unter dem Nestmodell?

    Wo wohnen die Eltern beim Nestmodell?

    Die Eltern können entweder jeweils in eine andere Wohnung ziehen oder auch gemeinsam eine gemeinsame Wohnung nehmen. Letztere Variante ist in der Praxis aber meist nur als Zwischenlösung möglich. Getrennte oder geschiedene Personen wollen üblicherweise Privatsphäre und Abstand voneinander. 

    ‌Weiterlesen: Wo leben die Eltern beim Nestmodell „privat“?

    Ist das Nestmodell sinnvoll?

    Das Nestmodell ist grundsätzlich sinnvoll, weil sehr kinderzentriert. Nicht sinnvoll ist es allerdings, wenn die Eltern überhaupt nicht zusammenarbeiten können und/oder wollen. Wird das Nestmodell eingeklagt, kommt es den Richtern in erster Linie darauf an, ob es dem Kindeswohl dient. Und: Ob eine Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern da ist. 

    ‌Weiterlesen: Welche Vorteile und welche Nachteile hat das Nestmodell?

    Wer zahlt Unterhalt beim Nestmodell?

    Die Ex-Partner leisten sich gegenseitig Kindesunterhalt „über Kreuz“. Verdienen beide gleich viel, sind auch die Zahlungen gleich hoch. Verdient einer mehr wie der andere, zahlt er mehr als 50 % Barunterhalt. Der andere anteilig weniger. Der Unterhalt kann also miteinander verrechnet werden. 

    ‌Weiterlesen: Wie ist der Unterhalt im Nestmodell geregelt?

    Nestmodell einklagen möglich?

    Ja. Der BGH hat bereits beschlossen, dass ein Wechselmodell eingeklagt werden kann. Im betreffenden Fall wurde einem Vater Recht gegeben, der von Residenz- auf Wechselmodell umsteigen wollte. Bei einer Klage sollte man sich am besten von einem Anwalt für Familienrecht unterstützen lassen. 

    ‌Weiterlesen: Kann ich das Nestmodell erzwingen bzw. einklagen?

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