Eine Ärztin überreicht einer Patientin ein Dokument. © Adobe Stock | Studio Romantic

Hamburger Modell: Wiedereingliederung von Arbeitnehmern

Das Hamburger Modell bietet Arbeitnehmern, die nach längerer Arbeitsunfähigkeit wieder teilweise belastbar sind, die Möglichkeit, sich stufenweise wieder in den Arbeitsalltag einzugliedern. Ein vom behandelnden Arzt erstellter Stufenplan stellt die Grundlage zur Umsetzung des Hamburger Modells dar.

Was ist das Hamburger Modell?


‌Das Hamburger Modell ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für die stufenweise Wiedereingliederung. Als Maßnahme eines betrieblichen Eingliederungsmanagements besteht die Möglichkeit, den Arbeitnehmer nach lang andauernder Arbeitsunfähigkeit langsam und stufenweise in den Job wiedereinzugliedern. 

‌Eine stufenweise Wiedereingliederung kann nach § 74 SGB V dann zum Einsatz kommen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung oder Verletzung seit mehreren Wochen (mindestens sechs) oder Monaten arbeitsunfähig ist und eine teilweise, aber keine volle Wiederaufnahme der Tätigkeit möglich ist. Dabei gibt der Arzt an, welche Tätigkeiten der Arbeitnehmer in welchem Umfang wieder ausüben kann. Die Arbeitszeit und die Arbeitsbelastung werden daraufhin langsam gesteigert, mit dem Ziel, den Arbeitnehmer in absehbarer Zeit wieder voll in den Job einzugliedern.
Hinweis:
Die stufenweise Wiedereingliederung ist Teil der Rehabilitation. Der Arbeitnehmer gilt währenddessen weiterhin als arbeitsunfähig. Deshalb besteht keine Arbeits- oder Vergütungspflicht. Der Arbeitnehmer kann zudem keinen Urlaub beanspruchen.

Bezahlung bei Wiedereingliederung


‌Arbeitnehmer gelten für die Dauer der Wiedereingliederung weiterhin als arbeitsunfähig und sind krankgeschrieben. Obwohl der Arbeitnehmer teilweise Arbeit verrichtet, muss der Arbeitgeber ihm dafür keine Vergütung bezahlen. 

‌Der Arbeitnehmer ist trotzdem finanziell abgesichert, denn er erhält eine Lohnersatzleistung. Dabei handelt es sich entweder um Krankengeld, Übergangsgeld oder Verletztengeld.
  • In den meisten Fällen erhalten Arbeitnehmer Krankengeld (70 % des Bruttolohns) von der Krankenkasse.  
  • Arbeitnehmer, die die Wiedereingliederung im Anschluss an eine Rehabilitationsmaßnahme machen, bekommen hingegen Übergangsgeld (68 % des Bruttolohns, mit Kind 75 % des Bruttolohns) von der Rentenversicherung.  
  • Verletztengeld (80 % des Bruttolohns) erhalten Arbeitnehmer dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit beruht. Dieses bezahlt der zuständige Unfallversicherungsträger. 
  • Hamburger Modell für Beamte


    ‌Das Beamtenrecht kennt keine gesetzliche Grundlage für eine stufenweise Wiedereingliederung. Dennoch hat sich diese in der Praxis bewährt. Allerdings gibt es hinsichtlich der Umsetzung des Hamburger Modells keine einheitliche Regelung. Man orientiert sich allerdings an der Wiedereingliederung von Arbeitnehmern. 

    ‌Beamte gelten bei Wiedereingliederung als dienstfähig und erhalten eine teilweise Freistellung. Der Anspruch auf Urlaub bleibt erhalten. Das gilt aber nicht für Beamte des Bundes. Diese sind als dienstunfähig anzusehen und können für die Dauer der Wiedereingliederung keinen Urlaub beanspruchen.
    Hinweis:
    Beamte erhalten während der Wiedereingliederung zumeist Dienstbezüge in voller Höhe.

    Voraussetzungen für das Hamburger Modell


    ‌Grundvoraussetzung für die stufenweise Wiedereingliederung ist, dass der Arbeitnehmer bei der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist und bereits seit mindestens sechs Wochen in Krankenstand ist. 

    ‌Darüber hinaus müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein, damit das Hamburger Modell umgesetzt werden kann: 

    ‌1) Arbeitsunfähigkeit 
    ‌Der Arzt bescheinigt, dass der Arbeitnehmer für die Dauer der Wiedereingliederung weiterhin arbeitsunfähig ist. 

    ‌2) Belastbarkeit 
    ‌Nach Bescheinigung des Arztes ist der Arbeitnehmer wieder teilweise belastbar. Die stufenweise Aufnahme der Arbeit beeinträchtigt voraussichtlich nicht den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers. 

    ‌3) Erfolgsaussicht 
    ‌Die Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung ist erfolgversprechend. Der Arzt muss die Prognose stellen, dass der Arbeitnehmer nach abgeschlossener Umsetzung des Stufenplans wieder voll einsatzfähig ist. 

    ‌4) Zustimmung der Beteiligten 
    ‌Um die stufenweise Wiedereingliederung vorzunehmen, bedarf es der freiwilligen Zustimmung aller Beteiligten. Dazu zählen der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber, der behandelnde Arzt und die Krankenkasse. 

    ‌5) Bisheriger Arbeitsplatz 
    ‌Die Wiedereingliederung bezieht sich auf den bisherigen Arbeitsplatz des Arbeitnehmers. Dem Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit zu geben, ist nicht Sinn einer Wiedereingliederung. Ausnahmsweise ist eine Umsetzung an einen anderen Arbeitsplatz möglich, wenn der Arbeitnehmer seine alte Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können wird.

    Hamburger Modell beantragen


    ‌Die Teilnahme an einer stufenweisen Wiedereingliederung ist für den Arbeitnehmer freiwillig. Hat er Interesse daran, sind folgende Schritte zu unternehmen: 

    ‌1) Gesundheitszustand mit Arzt klären 
    ‌Ist der Arbeitnehmer seit mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig, kann er mit seinem Arzt besprechen, ob basierend auf seinem Gesundheitszustand eine Wiedereingliederung möglich und sinnvoll ist. Der Arzt hat abzuschätzen, ob der Arbeitnehmer genügend belastbar ist, um die Tätigkeit wieder aufzunehmen und wie die Erfolgsaussicht auf eine vollständige Wiedereingliederung steht. 

    ‌2) Mit Arzt gemeinsam Stufenplan entwickeln 
    ‌Ist die Prognose des Arztes in Hinsicht auf die stufenweise Wiedereingliederung positiv, hat er mit dem Arbeitnehmer einen Stufenplan zu entwickeln, der auf dessen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Dabei sind Belastbarkeit und erwarteter Genesungsfortschritt des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. 

    ‌3) Zustimmung des Arbeitgebers einholen 
    ‌Um die stufenweise Wiedereingliederung umzusetzen, braucht der Arbeitnehmer die Zustimmung seines Arbeitgebers. Deshalb sollte er ihn so früh wie möglich über den Wunsch der Wiedereingliederung informieren. Am besten hält der Arbeitnehmer bereits bei Erstellung des Stufenplans Rücksprache mit dem Arbeitgeber. Stimmt der Arbeitgeber dem Hamburger Modell zu, sollte das in schriftlicher Form festgehalten werden. 

    ‌4) Schriftlicher Antrag 
    ‌Hat der Arzt eine positive Prognose abgegeben und mit dem Arbeitnehmer einen Stufenplan erstellt und hat der Arbeitgeber der Wiedereingliederung zugestimmt, fehlt nur mehr die Zustimmung der zuständigen Stelle. Das ist entweder die Krankenkasse, die Rentenversicherung oder der zuständige Unfallversicherungsträger. Diese stellen eigene Formulare zur Beantragung der stufenweisen Wiedereingliederung zur Verfügung.

    Stufenplan bei Wiedereingliederung


    ‌Der behandelnde Arzt legt einen Stufenplan für die Wiedereingliederung fest, der an die individuelle Situation des Arbeitnehmers angepasst ist. Dieser enthält üblicherweise folgende Punkte:
  • Beginn und Ende der Wiedereingliederung 
  • Dauer der jeweiligen Stufe 
  • Tägliche und wöchentliche Arbeitszeit je Stufe 
  • Tätigkeiten, die für den Arbeitnehmer in der jeweiligen Stufe zumutbar sind 
  • Tätigkeiten, die der Arbeitnehmer nicht ausüben darf 
  • Der Genesung dienliche Maßnahmen am Arbeitsplatz 
  • Rücktrittsrechte und Rücktrittsgründe der beteiligten Parteien (Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Krankenkasse) 

  • ‌Vollzeitkräfte haben zu Anfang der Wiedereingliederung mindestens 2 Stunden pro Tag zu arbeiten. Am häufigsten anzutreffen ist ein Stufenplan, der bei 4 Arbeitsstunden pro Tag beginnt. Die Arbeitszeit wird daraufhin stufenweise erhöht, bis sie den alten Umfang erreicht.

    Dauer der Wiedereingliederung


    ‌Üblicherweise beträgt die Dauer der stufenweisen Wiedereingliederung zwischen sechs Wochen und sechs Monate. Wichtig bei jeder Wiedereingliederung ist, dass der Arzt regelmäßig den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers prüft und eine diesbezügliche Kommunikation zwischen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Arzt stattfindet. Je nach Genesungsfortschritt kann so bei Bedarf eine Anpassung des Stufenplans erfolgen, sodass der Arbeitnehmer länger in einer Stufe verweilt oder schneller zur nächsten vorrückt.
    Hinweis:
    Stimmen Arzt und Arbeitgeber einer Verlängerung der Wiedereingliederungsdauer zu, hat der Arbeitnehmer die Zustimmung der Krankenkasse einzuholen.

    Unterbrechung und Abbruch der Wiedereingliederung


    ‌Eine Unterbrechung der stufenweisen Wiedereingliederung ist durch betriebliche oder gesundheitliche Gründe möglich. Allerdings nur bis zu einer Dauer von sieben Arbeitstagen. Bleibt der Arbeitnehmer für längere Zeit der Arbeit fern, gilt die Wiedereingliederung als gescheitert und wird abgebrochen. 

    ‌Einen Abbruch der Wiedereingliederung kann der Arzt, der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer vornehmen. Mögliche Gründe für einen Abbruch werden im Stufenplan festgelegt. Typischerweise handelt es sich dabei um gesundheitliche Gründe, etwa die folgenden: 

    ‌1) Der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers verbessert sich erheblich, sodass er bereits in vollem Umfang seiner Arbeit nachgehen kann. 

    ‌2) Der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers verschlechtert sich, weshalb das Ziel der Wiedereingliederung nicht erreicht werden kann.

    Hamburger Modell – Recht einfach erklärt

    Was versteht man unter Hamburger Modell?

    Unter dem Hamburger Modell versteht man die stufenweise Wiedereingliederung von Arbeitnehmern in den Arbeitsalltag nach langer Arbeitsunfähigkeit. Für die Dauer der Maßnahme gilt der Arbeitnehmer offiziell weiterhin als arbeitsunfähig, 

    ‌Weiterlesen: Was ist das Hamburger Modell?

    Wann gibt es eine Wiedereingliederung?

    Damit eine Wiedereingliederung möglich ist, müssen verschiedene Voraussetzungen gegeben sein. Dazu zählt, dass der Arbeitnehmer wieder teilweise belastbar ist und die stufenweise Wiedereingliederung erfolgversprechend ist. Zudem bedarf die Wiedereingliederung der Zustimmung aller Beteiligten. 

    ‌Weiterlesen: Voraussetzungen für das Hamburger Modell

    Wie beantrage ich eine Wiedereingliederung?

    Hält der behandelnde Arzt eine Wiedereingliederung für sinnvoll und möglich, erstellt er mit dem Arbeitnehmer gemeinsam einen Stufenplan. Stimmt der Arbeitgeber der Maßnahme zu, hat der Arbeitnehmer einen Antrag auf stufenweise Wiedereingliederung an die zuständige Behörde zu stellen. 

    ‌Weiterlesen: Hamburger Modell beantragen

    Was beinhaltet der Stufenplan bei einer Wiedereingliederung?

    Der Arzt erstellt einen Stufenplan, der auf die individuellen Bedürfnisse des Arbeitnehmers zugeschnitten ist. Darin ist unter anderem festgelegt, wie viele Stunden der Arbeitnehmer je Stufe arbeiten darf und welche Tätigkeiten dem Arbeitnehmer dabei zumutbar sind. 

    ‌Weiterlesen: Stufenplan bei Wiedereingliederung

    Wie lange kann man eine Wiedereingliederung machen?

    Die Dauer der Wiedereingliederung richtet sich nach dem erwarteten Genesungsfortschritt des Arbeitnehmers. Üblicherweise beträgt die Zeit der Wiedereingliederung zwischen sechs Wochen und sechs Monaten. 

    ‌Weiterlesen: Dauer der Wiedereingliederung

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