Das Modell der Vertrauensarbeitszeit bietet eine hohe Flexibilität in Bezug auf die Gestaltung der Arbeitszeit. Da die Arbeitszeit in vielen Fällen nicht erfasst wird, werden Überstunden allerdings oft nicht bezahlt. Doch nach Urteil des EuGH ist eine Zeiterfassung in Deutschland bald verpflichtend.
Definition von Vertrauensarbeitszeit
Unter Vertrauensarbeitszeit versteht man ein Modell der Arbeitszeitorganisation, bei dem Arbeitnehmer in hohem Maße flexibel bei der Einteilung und Gestaltung der Arbeitszeit sind. Das Hauptaugenmerk des Arbeitgebers liegt darauf, dass die vorgegeben Aufgaben erledigt werden, während die zeitliche Präsenz des Arbeitnehmers eine untergeordnete Rolle spielt.
Die Lage der Arbeitszeit kann sich der Arbeitnehmer weitgehend frei einteilen. Der Arbeitgeber gibt bloß vor, in welchem Zeitraum eine bestimmte Arbeit erledigt werden soll und wie viele Arbeitsstunden pro Woche oder pro Monat der Arbeitnehmer leisten soll. Werden 40 Stunden in der Woche vereinbart, kann der Arbeitnehmer etwa an vier Tagen 10 Stunden arbeiten und sich den Rest der Woche freinehmen.
Vereinbarung der Vertrauensarbeitszeit
Zu Vertrauensarbeitszeit gibt es keine gesetzliche Grundlage. Auch haben Arbeitnehmer keinen generellen Anspruch auf Vertrauensarbeitszeit.
Vertrauensarbeitszeit kann sowohl mündlich vereinbart als auch schriftlich im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung festgelegt werden. Zur Beweisbarkeit der Bedingungen, unter denen Vertrauensarbeitszeit erfolgen soll, ist die Schriftform ratsam.
Einsatz von Vertrauensarbeitszeit
Vertrauensarbeitszeit umzusetzen ist nicht in jedem Betrieb möglich. Ist die Anwesenheit eines Arbeitnehmers am Arbeitsplatz erforderlich, etwa in einem Callcenter, im Einzelhandel oder in der Produktion, eignet sich Vertrauensarbeitszeit nicht.
Vertrauensarbeitszeit setzt voraus, dass Arbeitnehmer ihre Arbeit weitgehend souverän erledigen können, wie etwa im Außendienst oder in kreativen Berufen. Branchen, in das Arbeitszeitmodell häufig eingesetzt wird, sind unter anderem die folgenden:
Softwareentwicklung
Telekommunikation
Forschung
Multimedia
Arbeitszeit und Zeiterfassung bei Vertrauensarbeitszeit
Die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes sind auch bei dem Modell der Vertrauensarbeitszeit zwingend einzuhalten. Dazu gehören insbesondere die folgenden:
1) Höchstarbeitszeit: Die tägliche Höchstarbeitszeit liegt nach § 3 ArbZG bei 8 Stunden pro Arbeitstag. Arbeitnehmer dürfen bis zu 10 Stunden arbeiten, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten eine durchschnitte Arbeitszeit von 8 Stunden am Tag nicht überschritten wird.
2) Ruhepausen: Arbeitnehmer dürfen gemäß § 4 ArbZG nicht länger als sechs Stunden am Tag ohne Pause arbeiten. Bei einer Arbeitszeit von sechs bis neun Stunden muss der Arbeitnehmer zwischendurch eine Pause von mindestens 30 Minuten einlegen. Arbeitszeiten von mehr als neun Stunden müssen durch eine Ruhepause von mindestens 45 Minuten unterbrochen werden.
3) Ruhezeiten: Nach Ende der täglichen Arbeitszeit müssen Arbeitnehmer eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden einhalten (§ 5 ArbZG).
Mehr dazu erfahren Sie in dem Artikel Arbeitszeit.
Zeiterfassung bei Vertrauensarbeitszeit
Bei dem Modell der Vertrauensarbeitszeit kontrolliert der Arbeitgeber in der Regel nicht, wie viele Arbeitsstunden Beschäftigte leisten. Vielmehr vertraut er darauf, dass sie die vereinbarte Arbeitszeit einhalten. Es besteht aber die Möglichkeit, eine komplette Arbeitszeiterfassung zu machen.
Der Arbeitgeber hat nach § 16 ArbZG die Pflicht werktägliche Arbeitszeit aufzuzeichnen, die über 8 Stunden hinausgeht. Das gilt auch bei Vertrauensarbeitszeit. Die Aufzeichnungen über Mehrarbeit müssen zwei Jahre lang aufbewahrt werden. In vielen Fällen delegieren Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht an ihre Arbeitnehmer und lassen sich die entsprechenden Nachweise zukommen.
Abseits von Mehrarbeit besteht aktuell keine gesetzliche Aufzeichnungs- und Erfassungspflicht der Arbeitszeit.
Verpflichtende Zeiterfassung
Der Europäische Gerichtshof hat 2019 in einem Urteil festgelegt, dass alle Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet sind, Maßnahmen zu setzen, um eine objektive und verlässliche Erfassung der täglich geleisteten Arbeitszeit aller Arbeitnehmer zu gewährleisten. Deutschland hat diese Vorgabe noch nicht umgesetzt, doch sobald eine entsprechende Gesetzesänderung erfolgt ist, müssen alle Arbeitszeiten vollständig erfasst werden. Wie die Arbeitszeiterfassung konkret umgesetzt wird, bleibt Entscheidung des Staates. Etwa mit welchem System die Arbeitszeit erfasst wird und inwieweit die verschiedenen Tätigkeitsbereiche und die Unternehmensgröße berücksichtigt werden.
Überstunden bei Vertrauensarbeitszeit
Überstunden können auch bei Vertrauensarbeitszeit anfallen, wenn Arbeitnehmer mehr Arbeitsstunden als vorgesehen leisten müssen, um die vereinbarten Aufgaben zu erledigen.
Überstunden müssen nach Urteil des Bundesarbeitsgerichts dann vergütet werden, wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet werden oder für die Leistung der geschuldeten Arbeit erforderlich sind. Das gilt auch bei Vertrauensarbeitszeit. Allerdings hat der Arbeitnehmer eine Darlegungs- und Beweislast, dass die geleisteten Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder notwendig waren.
Da es bei Vertrauensarbeitszeit oftmals nur schwer möglich ist, Überstunden ausreichend zu beweisen, leisten Arbeitnehmer diese häufig unbezahlt. Nach Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist es allerdings auch bei Vertrauensarbeitszeit möglich, Überstunden in einem Arbeitszeitkonto zu erfassen und abzugelten.
Vor- und Nachteile von Vertrauensarbeitszeit
Die Vertrauensarbeitszeit ist durch hohe Flexibilität und eigenverantwortliches Arbeiten gekennzeichnet. Das Arbeitszeitmodell bietet sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber verschiedene Vor- und Nachteile.
Vor- und Nachteile für Arbeitnehmer
Mögliche Vor- und Nachteile der Vertrauensarbeitszeit für Arbeitnehmer werden in folgender Tabelle dargestellt:
Vor- und Nachteile für Arbeitgeber
Mögliche Vor-und Nachteilen der Vertrauensarbeitszeit für Arbeitgeber veranschaulicht folgende Tabelle:
Vertrauensarbeitszeit – Recht einfach erklärt
Was ist Vertrauensarbeitszeit?
Vertrauensarbeitszeit ist ein Arbeitszeitmodell, bei dem Arbeitnehmer flexibel bei der Gestaltung und Einteilung ihrer Arbeitszeit sind. Der Arbeitgeber gibt bestimmte Arbeitsziele vor, die der Arbeitnehmer in einem bestimmten Zeitraum erledigen soll. Die Lage der Arbeitszeit ist dem Arbeitnehmer überlassen.
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Was ist bei Vertrauensarbeitszeit zu beachten?
Auch bei Vertrauensarbeitszeit sind die gesetzlichen Bestimmungen zur Arbeitszeit einzuhalten. So dürfen Arbeitnehmer die gesetzlich Höchstarbeitszeit nicht überschreiten und müssen Ruhepausen und Ruhezeiten einhalten.
Weiterlesen: Arbeitszeit und Zeiterfassung bei Vertrauensarbeitszeit
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Muss bei Vertrauensarbeitszeit die Arbeitszeit dokumentiert werden?
Es besteht derzeit weitgehend keine Pflicht, Arbeitszeit zu erfassen und zu dokumentieren. Einzig bei Mehrarbeit hat der Arbeitgeber die gesetzliche Pflicht der Dokumentation. Allerdings hat der EuGH entschieden, dass zukünftig alle Arbeitszeiten von Arbeitnehmern erfasst werden müssen.
Weiterlesen: Zeiterfassung bei Vertrauensarbeitszeit
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Was passiert mit Überstunden bei Vertrauensarbeitszeit?
Überstunden können auch bei Vertrauensarbeitszeit anfallen, wenn der Arbeitsaufwand die vorgesehene Arbeitszeit übersteigt. Allerdings gestaltet es sich oftmals als schwierig, Überstunden zu beweisen. Es sei denn, die Arbeitszeit wird mit einem Arbeitszeitkonto erfasst.
Weiterlesen: Überstunden bei Vertrauensarbeitszeit
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Wann lohnt sich Vertrauensarbeitszeit?
Vertrauensarbeitszeit kann für Arbeitnehmer Vor- und Nachteile bieten. Zu den Vorteilen zählt eine flexible Einteilung der Arbeitszeit, wodurch Arbeitnehmer ihre Freizeitgestaltung besser planen können. Auch unterliegen Arbeitnehmer weniger der Kontrolle des Arbeitgebers.
Weiterlesen: Vor- und Nachteile für Arbeitnehmer
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