Babyklappe von außen: Wie viele Babys jährlich in Babyfenster gegebenen werden, ist statistisch nicht genau erfasst. © Adobe Stock | Steffen Eichner

Babyklappe: Kann ich ein heimlich geborenes Baby anonym abgeben?

Manche Kinder werden heimlich geboren. Für Mütter in einer Notlage, die das noch nicht registrierte Kind anonym „weggeben“ wollen, gibt es Hilfe: die Babyklappe. Nachstehend wird erklärt, wie Babyklappen funktionieren, wo sie zu finden sind und, ob sie überhaupt legal sind.

Was ist eine Babyklappe?


‌Unter Babyklappe versteht man eine vorgewärmte Vorrichtung (Wärmebett), in die ein noch nicht registriertes Neugeborenes gelegt werden kann. Die Mutter muss dabei ihre Identität nicht bekannt geben. Solche Klappen sind für äußerste Notsituationen vorgesehen. Rechtlich und moralisch sind sie sehr umstritten. 

‌Andere Bezeichnungen für dieses Konzept sind Babynest, Babyfenster, Babykörbchen oder Drehlade.
Hinweis:
Deutschlandweit gibt es rund 100 solcher Baby-Vorrichtungen. Zu den Standorten
Betrieben werden Babyklappen in der Regel von Krankenhäusern oder sozialen Einrichtungen freier und kirchlicher Trägerschaft. Das Baby wird nach der Abgabe von Fachpersonal aus dem Wärmebett genommen und medizinisch betreut. In weiterer Folge kommt das Kind zu Pflegeeltern und wird zur als Kind zur Adoption freigegeben

‌Bei der Klappe befinden sich Zettel und Stift, auf den der Vorname des Kindes eingetragen werden kann. Zudem auch Info-Material für die abgebende Person mit anonymen Beratungsangeboten.
Papst Innozenz III. ließ im Jahre 1198 an der Pforte eines Spitals in Rom die erste „Drehlade“ für gefährdete Neugeborene einrichten. Er traf die Anordnung, in den zahlreichen Findelhäusern ebenfalls solche Vorrichtungen für Mütter in Not anzubringen.

Ist die Babyklappe legal?


‌Aus rechtlicher und ethischer Sicht sind Babynester umstritten. Es gibt kein Gesetz, das die anonyme Abgabe von Kindern regelt. Bisherige Versuche, eine gesetzliche Verankerung zu schaffen, sind gescheitert. Damit sind die Klappen also illegal. Dennoch werden sie vom Gesetzgeber geduldet

‌Der größte Einwand gegen Babykörbchen ist das Grundrecht eines Kindes, seine eigene Abstammung zu kennen. Das Gesetz regelt: Die Geburt eines Kindes muss gemäß § 16 PStG (Personenstandsgesetz) innerhalb einer Woche angezeigt werden. Dabei ist auch der Name der Mutter anzugeben (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PStG). Wer dieser Anzeigepflicht nicht nachkommt, kann den Straftatbestand einer Personenstandsfälschung (§ 169 StGB) erfüllen. 

‌Auch der Straftatbestand der Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 170 StGB) ist durch das anonyme Weggeben des Kindes grundsätzlich erfüllt. 

Befürworter argumentieren hingegen, diese Vorrichtungen seien wichtig, um Kindestötungen und Aussetzungen von Neugeborenen zu verhindern. Kritiker erwidern hierauf, die Anzahl an Kindestötungen sei seit der Einführung der Klappen gar nicht zurückgegangen. Und: Man würde es den Eltern zu leicht machen, die Verantwortung für ihre Kinder „abzugeben“, ohne die eigene Identität dabei bekanntzugeben.

Was spricht dafür und was dagegen?


‌Für Babyfenster:
  • Tötung und Aussetzung verringern: 
    ‌Manche Befürworter meinen, die Existenz von Babyfenstern würde die Anzahl an Tötungen („Neonatizid“) und Aussetzungen von Babys verhindern bzw. verringern. Dies ist eine Annahme, die allerdings nicht wissenschaftlich belegt ist.   
  • Hilfe in sozialen Notlagen: 
    ‌Die Klappen können Mütter in sozialen Notlagen unterstützen, z.B. bei erheblicher Überforderung mit dem Kind, bei Angst vor sozialer Ausgrenzung bei einem unehelichem Kind oder Gefährdung dadurch.   
  • Abtreibungen verringern: 
    ‌Ein weiteres Argument ist zudem, dass Babyfenster möglicherweise die hohe Anzahl an Abtreibungen verhindern können.  
  • Hinweis:
    Ob Babyklappen die Tötung von ungeborenen und neugeborenen Babys bzw. Kindesaussetzungen tatsächlich verhindern, ist allerdings wissenschaftlich nicht belegt.
    Gegen Babyfenster:
  • Abstammung bleibt unbekannt: 
    ‌Kinder verlieren dabei ihr Grundrecht auf Kenntnis ihrer Abstammung.   
  • Andere Gründe für Kindstötungen und -aussetzungen: 
    ‌Verschiedene Kinderhilfsorganisationen (z.B. terre de hommes) kritisieren, dass Babyklappen keine Kindestötungen verhindern. Die Gründe für Kindestötungen seien andere als jene, warum Frauen Kinder anonym weggeben. Das Angebot der Babyklappe erreiche daher gar nicht jene Frauen, die ihr Kind töten oder auszusetzen wollen. 
  • Tötungen und Aussetzungen gehen nicht zurück: 
    ‌Die Anzahl der getöteten und ausgesetzten Babys seit der Wiedereinführung der Babyfenster in Deutschland (2000) und seit der Einführung der anonymen Geburt ist nicht zurückgegangen.   
  • Anfällig für Missbrauch: 
    ‌Durch die Wahrung der Anonymität ist dieses Konzept für Missbrauch anfällig: Es ist nicht feststellbar, ob sich Mütter freiwillig für die anonyme Abgabe entscheiden, oder ob sie dazu gedrängt/gezwungen werden. Auch ist es möglich, dass sich die Eltern gar nicht in einer Notlage befinden, sondern sich einfach ihrer Verantwortung entziehen und ihr Kind „loswerden“ möchten. Letztlich wird niemand den Grund für die Kindesabgabe herausfinden. 
  • Hinweis:
    Der deutsche Ethikrat empfiehlt, anstelle von Babyklappen die Hilfsangebote der Kinder- und Jugendhilfe auszuweiten und bereits vorhandene Hilfeleistungen noch bekannter zu machen.

    Wo gibt es Babyklappen in Deutschland?


    ‌Babyfenster befinden sich an verschiedenen Standorten in Deutschland. Meist befinden sie sich in bzw. bei Kliniken, sozialen Einrichtungen oder Kindertagesstätten. Sie existieren z.B. in den Städten Berlin, Hamburg, München, Köln oder Frankfurt. 

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    Hier können Sie eine Babyklappe in der Nähe suchen

    Wie läuft das mit der Babyklappe ab?


    ‌1) Babynest finden: 
    ‌In jedem deutschen Bundesland gibt es ein oder mehrere Babyfenster. Der Weg dorthin ist ausgeschildert. In aller Regel sind die Vorrichtungen versteckt, damit sie schwer einsehbar sind. Somit bleibt die Anonymität der abgebenden Person gewahrt. Zur Babyklappen-Suche

    ‌2) Vorrichtung öffnen: 
    ‌An der Klappe ist ein großer Griff angebracht. Zieht man daran, öffnet sich die Klappe. Dahinter kommt ein gepolstertes Bettchen zum Vorschein. Beim Öffnen geht eine Leuchte an. 

    ‌3) Baby auf Wärmebett legen: 
    ‌Auf dem Wärmebettchen kann das Baby abgelegt werden. Es ist auf 37 Grad Celsius vorgewärmt. 

    ‌4) Infomaterial lesen/abgeben: 
    ‌Im Inneren des Babynests sind Infoblätter aufgelegt. Darauf stehen wichtige Infos für die Mutter. Auch ein Zettel und ein Stift sind angebracht. Auf dem Blatt kann sie den Vornamen des Kindes hinterlassen. Sie kann auch ein Erkennungszeichen hinschreiben. Mit diesem kann sie das Baby später identifizieren. Acht Wochen nach dem Weggeben hat die Mutter noch Zeit, das Baby vom Babynest „zurückzuholen“. 

    ‌5) Wenn die Klappe schließt: 
    ‌Die Klappe schließt langsam und leise. Solange sie noch nicht vollständig geschlossen ist, kann man es sich noch anders überlegen: Sie kann zurückgezogen werden. Einmal geschlossen, bleibt sie auch geschlossen. Sobald die Vorrichtung schließt, ertönt ein Signal für das medizinische Fachpersonal. 

    ‌6) Baby wird untersucht: 
    ‌Das Baby wird daraufhin abgeholt und in die Geburtsklinik gebracht. Im Krankenhaus wird das Baby medizinisch untersucht. Ist das Babynest nicht direkt an eine Klinik angeschlossen, kommt das Neugeborene ins nächste Krankenhaus. Dort wird es für die erste Zeit auf der Säuglingsstation betreut. 

    ‌7) Baby kommt in Pflegefamilie: 
    ‌Nachdem das Neugeborene erstversorgt und medizinisch durchgecheckt wurde, kommt es zu Pflegeeltern

    ‌8) Baby wird zur Adoption freigegeben: 
    ‌Sind 8 Wochen nach der Abgabe abgelaufen und hat sich die abgebende Mutter nicht gemeldet, wird eine Adoptionsvermittlungsstelle kontaktiert. Sobald sich die geeigneten Adoptionseltern finden, wird das Kind zur Adoption freigegeben.

    Bis zu welchem Alter „können“ Kinder in der Babyklappe abgegeben werden?


    ‌Es gibt keine festgelegte Altersgrenze, bis zu der ein Kind dort abgegeben werden „darf“. Diese Handlung ist nämlich an sich schon illegal. Die Klappe ist aber von der Idee her nur für ein Baby vorgesehen. Und nur dann, wenn sich die Mutter in einer extremen Notlage befindet.

    Wie viele Kinder werden laut Statistik in Babyklappen abgegeben?


    ‌Die Zahlen der anonym weggegebenen Kinder werden behördlich weder bundes- noch landesweit erfasst. Für Babyfenster besteht keine Meldepflicht. Die statistische Erfassung basiert auf Freiwilligkeit der betreibenden Einrichtungen und der Adoptionsvermittlungsstellen.
    Hinweis:
    Es ist nicht exakt zu sagen, wie viele Kinder in Deutschland in Babyklappen gelegt werden.
    Nachstehend eine ungefähre Angabe aus der Medienberichterstattung:
  • Baden-Württemberg: 90 abgegebene Babys (2001-2017), 8 vorhandene Klappen 
  • Bayern: Keine Daten zur Anzahl abgegebener Babys, 10 vorhandene Klappen 
  • Berlin: Keine Daten zur Anzahl abgegebener Babys, 5 vorhandene Klappen 
  • Brandenburg: 12 abgegebene Babys (2003-2018), 1 vorhandene Klappen 
  • Bremen: 24 abgegebene Babys (2002-2021), 1 vorhandene Klappen 
  • Hamburg: 21 abgegebene Kinder (2010-2021), 4 vorhandene Klappen 
  • Hessen: Keine Daten zur Anzahl abgegebener Babys, 3 vorhandene Klappen 
  • Mecklenburg-Vorpommern: 1-2 Babys pro Jahr (2005-2020), 2 vorhandene Klappen 
  • Niedersachsen: ca. 80 abgegebene Kinder (2001-2020), 5 vorhandene Klappen 
  • Nordrhein-Westfalen: ca. 0-2 Babys pro Jahr, 25 vorhandene Klappen 
  • Rheinland-Pfalz: 46 abgegebene Kinder (2000-2018), 6 vorhandene Klappen 
  • Saarland: 7 abgegebene Kinder (2011-2021), 1 vorhandene Klappen 
  • Sachsen: Keine Daten zur Anzahl abgegebener Babys, 5 vorhandene Klappen 
  • Sachsen-Anhalt: 24 abgegebene Kinder (2010-2019), 3 vorhandene Klappen 
  • Schleswig-Holstein: Keine Daten zur Anzahl abgegebener Babys, 5 vorhandene Klappen 
  • Thüringen: 35 abgegebene Babys (2001-2019), 3 vorhandene Klappen 

  • ‌Quellen: RND, MAZ, SJS-Bremen, HAZ, TA

    Was bedeutet „vertrauliche Geburt“?


    ‌Bei der vertraulichen Geburt kann eine Mutter ihre Schwangerschaft verbergen und das Kind streng vertraulich gebären. Unter vollumfänglicher medizinischer Aufsicht. Die Identität der Kindeseltern bleibt für mindestens 16 Jahre lang unbekannt. Nach Ablauf der 16 Jahre hat das Kind das Recht, zu erfahren, wer die Eltern sind.
    Hinweis:
    Die vertrauliche Geburt ist zudem in ein Beratungsverfahren integriert. Es gibt sie seit 2014. Ob die vertrauliche Geburt die Babyklappe ersetzen soll und kann, ist umstritten.
  • Babyklappe – Recht einfach erklärt

    Wann wurde die Babyklappe erfunden?

    Auf Anordnung des Papstes Innozenz III. hin wurden die ersten „Drehladen“ für Babys in Gefahr an Findelhäusern und Krankenhäusern angebracht. Von da an gab es vielerorts über die Jahrhunderte hinweg Babyfenster. 

    ‌Weiterlesen: Was ist eine Babyklappe?

    Was ist ein Babykorb?

    Unter „Babykorb“ versteht man das Gleiche wie unter „Babyklappe“. 

    ‌Weiterlesen: Was ist eine Babyklappe?

    Was ist ein Babyfenster?

    Das „Babyfenster“ ist ein Synonym für die Babyklappe. 

    ‌Weiterlesen: Was ist eine Babyklappe?

    Was passiert mit den Kindern in der Babyklappe?

    Nachdem ein Neugeborenes im Babyfenster abgelegt wurde, erhält es eine erstmedizinische Versorgung. Danach kommt es auf die Säuglingsstation und in eine Pflegefamilie. Innerhalb von 8 Wochen kann sich die abgebende Mutter noch melden, um das Kind zurückzubekommen. Danach wird das Kind in Adoption gegeben. 

    ‌Weiterlesen: Wie läuft das ab mit der Babyklappe?

    Warum ist die Babyklappe illegal?

    Erstens muss die Geburt eines Kindes stets registriert werden. Zweitens hat jede Person ein Grundrecht darauf, zu erfahren, wer ihre Eltern sind. Neben den rechtlichen Problemen ist das Babyfenster auch aus moralischer Sicht sehr umstritten. 

    ‌Weiterlesen: Ist die Babyklappe legal?

    Wie oft wird Babyklappe genutzt?

    Wie viele Babys in Babyfenstern landen, ist nicht genau zu sagen. Es gibt keine offizielle Statistik dazu. In Baden-Württemberg zum Beispiel wurden zwischen 2001 und 2017 90 Neugeborene in anonyme Babynester gelegt. 

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