Frau und Kind nach vertraulicher Geburt: Bei dieser Art der Geburt bleibt die Kindesmutter anonym. © Adobe Stock | kieferpix

Vertrauliche Geburt: Wie kann ich ein Kind anonym, aber sicher zur Welt bringen?

Unter manchen Umständen wollen Frauen bei der Geburt ihre Identität nicht preisgeben. Deshalb gibt es die vertrauliche Geburt. Die schwangere Frau kontaktiert dafür eine eigene Beratungsstelle und erhält ein Pseudonym. Nachdem das Kind geboren wurde, kommt es in eine Adoptivfamilie. Mehr lesen.

Was bedeutet „vertrauliche Geburt“?


‌Bei der vertraulichen Geburt kann eine Mutter ihre Schwangerschaft verbergen und das b. Unter vollumfänglicher medizinischer Aufsicht. Die Identität der Kindeseltern bleibt für mindestens 16 Jahre lang unbekannt. Nach Ablauf der 16 Jahre hat das Kind das Recht, zu erfahren, wer die Eltern sind.
Hinweis:
Im Gegensatz zur Babyklappe ist die vertrauliche Geburt legal. Mit der vertraulichen Geburt wird zum einen dem Wunsch einer Frau in einer „Notsituation“ nachgegeben, anonym zu bleiben.

Andererseits wird auch das Recht des Kindes, über seine Abstammung zu erfahren, gewahrt.
Das Kind wird einige Zeit nach der Geburt zur Pflege in eine Pflegefamilie bzw. Adoption in eine Adoptiv-Familie gegeben. Dort wächst es in einem geborgenen und sicheren Umfeld auf. 

‌Auch nach der Geburt hat die Mutter bzw. haben die Eltern die Möglichkeit, sich weiterhin beraten zu lassen. Bis das Adoptionsverfahren abgeschlossen ist, haben die Eltern auch noch die Möglichkeit, das Kind „zurückzunehmen“.
Hinweis:
Die vertrauliche Geburt gibt es seit 2014. Ob die vertrauliche Geburt die Babyklappe ersetzen soll und kann, ist umstritten.

Exkurs: Was versteht man unter einer anonymen Geburt?


‌Eine „anonyme Geburt“ ist ein Überbegriff für Geburten, die anonym erfolgen. Eine Geburt kann zum einen anonym zu Hause erfolgen, ohne dass der Frau zu Hilfe gekommen wird. Dies passiert immer aus verschiedenen Gründen immer wieder. 

‌Zum Beispiel, wenn eine Frau Angst hat, dass jemand über die Schwangerschaft erfährt. In solchen Fällen kann eine Frau in einer solchen Notsituation das Baby in eine Babyklappe legen. 

‌Zudem kann auch die vertrauliche Geburt unter die Definition „anonyme Geburt“ fallen. Die Frau bzw. die Eltern bleiben dabei anonym. Allerdings erfolgt die Geburt unter absoluter medizinischer Aufsicht, wie jede andere „normale“ Geburt.

Ist die vertrauliche Geburt legal?


‌Ja. Die vertrauliche Geburt ist ein legales Angebot für Schwangere, das es seit 2014 gibt. Es fällt in die Kategorie anonymer Hilfs- und Beratungsangebote für Frauen. Die Babyklappe ist im Gegensatz dazu illegal, wird allerdings vom Gesetzgeber geduldet.

Wie viele vertrauliche Geburten gibt es in Deutschland?


‌Die Statistik zeigt: Zwischen der Einführung der vertraulichen Geburt 2014 bis Anfang 2021 gab es in Deutschland über 800 vertrauliche Geburten. Die Daten wurden vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) erhoben.

Welche Gründe gibt es für eine vertrauliche Geburt?

  • Manche Frauen wollen ihre Schwangerschaft verheimlichen, da sie unter starkem sozialen Druck stehen. 
  • Können sich die Eltern aktuell keine Elternschaft vorstellen, kann die vertrauliche Geburt eine Lösung darstellen. So bleibt das Baby am Leben und kommt in eine Familie zur Adoption, bei der es sicher ist. 
  • Weiß eine Mutter bereits zu Beginn der Schwangerschaft, dass es das Baby zur Adoption freigeben möchte, ist die vertrauliche Geburt eine Möglichkeit, das Baby sofort nach der Geburt „abzugeben“. Bei einer gewöhnlichen Adoption vergehen üblicherweise mehrere Wochen, bis das Baby zur Adoption freigegeben werden kann. 

  • Wer kann ein Kind vertraulich zur Welt bringen?


    Jede Frau in Deutschland kann ein Kind vertraulich gebären. Dafür kann es verschiedene Gründe geben. Zum Beispiel, dass die Eltern aktuell mit einem Kind überfordert wären und es lieber nach der vertraulichen Geburt zur Adoption freigeben wollen.

    Wie wird die Identität der Eltern geschützt?


    ‌Eine Mutter, die eine vertrauliche Geburt wünscht, muss nur einmalig ihre Identität ausweisen. Und zwar einer Beraterin gegenüber. Dies ist notwendig, um einen Herkunftsausweis zentral zu hinterlegen, den das Kind ab 16 Jahren einsehen darf. 

    ‌Während des weiteren Verfahrens wird die Mutter nur noch mit einem Pseudonym, also mit einem Decknamen angesprochen.
    Hinweis:
    Beraterinnen und Berater zur vertraulichen Geburt haben stets Schweigepflicht.

    Wie und wann kann ein Kind herausfinden, wer seine leiblichen Eltern sind?


    ‌Es gehört zu den Grundrechten eines jeden Menschen, über seine Identität und Herkunft Bescheid zu wissen (Abstammungsrecht). Nicht zu wissen, wer die eigenen (leiblichen) Eltern sind, kann auf Dauer sehr belastend sein. 

    ‌Daher ist es gesetzlich vorgesehen, dass adoptierte Menschen ab dem 16. Geburtstag herausfinden dürfen, von wem sie abstammen. 

    ‌Dieses Schwellenalter wurde festgelegt, da in diesem Altersbereich ein Mensch in seiner Entwicklung schon recht gefestigt ist.
    Hinweis:
    Hätten Kinder schon in einem früheren Alter das Recht auf Akteneinsicht, könnte das die Beziehung zu den Adoptiveltern destabilisieren.

    Wie läuft eine vertrauliche Geburt ab?


    ‌Im Folgenden wird der Ablauf einer vertraulichen Geburt überblicksmäßig skizziert: 

    ‌1) Beratung: 
    ‌Das Hilfetelefon „Schwangere in Not – anonym & sicher” (0800 40 40 020) bzw. die Website www. geburt-vertraulich.de informiert schwangere Mütter bzw. auch Väter umfangreich. Und zwar zu Rechtsfolgen, Herkunftsnachweis, Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Herkunft, spätere Rücknahme des Babys, Informationen zur Adoption etc. 

    ‌2) Aufnahme der persönlichen Daten: 
    ‌Entscheidet sich die Frau für eine vertrauliche Geburt, werden ihre persönlichen Daten aufgenommen. 

    ‌3) Anonyme Verwahrung der persönlichen Daten: 
    ‌Die persönlichen Daten der Frau werden streng vertraulich und zentral verwahrt. Niemand hat Einsicht in diese Daten. Erst das Kind, wenn es 16 Jahre alt ist. 

    ‌4) Vergabe eines Pseudonyms: 
    Wer sich für eine vertrauliche Geburt entscheidet, erhält ein Pseudonym. Also einen „Decknamen“. Mit diesem Decknamen wird man während des Ablaufs des gesamten Verfahrens angesprochen. Unter dem wahren Namen wird man nicht mehr angesprochen. 

    ‌5) Begleitung vor der vertraulichen Geburt: 
    ‌Während der Schwangerschaft kann man auf vollumfängliche medizinische und psychologische Betreuung zählen. Wer Fragen hat, kann sich jederzeit an eine Hebamme bzw. an das Hilfetelefon Schwangere in Not (0800 40 40 020) wenden. 

    ‌6) Vertrauliche Geburt: 
    ‌Die Geburt erfolgt unter medizinischer Fachbetreuung, wie jede andere „normale“ Geburt. In einer Klinik oder auch zu Hause. 

    ‌7) Begleitung nach der vertraulichen Geburt: 
    ‌Die Mutter (und der Vater) haben nach der Geburt weiterhin die Möglichkeit, sich beraten und betreuen zu lassen. 

    ‌8) Eintragung des Kindes ins Geburtenregister: 
    ‌Nach der Geburt trägt das Standesamt den von der Mutter bzw. den Eltern gewählten Geburtsnamen in das Geburtenregister ein. 

    ‌9) Aufnahme des Kindes in eine Adoptiv-Familie: 
    ‌Gleich nach der Geburt gibt es offiziell eine Inobhutnahme des Kindes durch das Jugendamt. Das Kind erhält sodann auch einen gerichtlich bestellten Vormund. Entscheidet sich die Mutter weiterhin gegen ein Leben mit ihrem Kind, wird das Kind zu Adoptiveltern gegeben. 

    ‌Die Mutter hat also noch eine gewisse Wartefrist und kann das Kind noch „zurückholen“. Die elterliche Sorge der Eltern ruht, bis das Kind von einer Adoptiv-Familie aufgenommen wurde. 

    ‌10) Einsicht in den Herkunftsnachweis nach 16 Jahren: 
    ‌Das Kind darf ab seinem 16. Geburtstag Einsicht in die Herkunftsakten verlangen. Hat die Mutter keine Bedenken bzgl. ihrer Anonymität geäußert, muss dem Kind die Einsicht sofort gewährt werden.
    Hinweis:
    In Ausnahmefällen kann die Mutter bzw. können die Eltern des Kindes auch nach dessen 16. Lebensjahr anonym bleiben. Und zwar dann, wenn zum Beispiel die Mutter an Leib und Leben bedroht wäre, sollte ihre Mutterschaft bekannt werden.

    Im Zweifelsfall muss das Familiengericht entscheiden, ob die Interessen des Kindes oder die der Mutter gewichtiger sind.
    >> Mehr Infos zum Ablauf erhalten.

    Wo bekomme ich Hilfe und Beratung?


    ‌Schwangere, die sich in ihrer Situation überfordert sehen, können sich bezüglich vertraulicher Geburt an jedes Krankenhaus oder an eine Hebamme wenden. Dort finden sie Hilfe und Unterstützung. Wer sein Kind bereits anonym geboren hat (z.B. zu Hause), sollte sich umgehend medizinische Hilfe holen. 

    ‌Wer sich in einer schweren Notlage befindet, kann das Kind auch in eine Babyklappe legen. In jedem Bundesland gibt es eine oder mehrere Babyklappen. 

    ‌Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat eine eigene Internet-Seite zum Thema. Dort können sich Mütter bzw. Eltern informieren: 

    ‌>> Website „Geburt vertraulich“  

    ‌>> Kostenloses Hilfetelefon „Schwangere in Not - anonym und sicher“ (24 Stunden pro Tag, anonym): 0800 40 40 020

    In welchen Kliniken sind vertrauliche Geburten möglich?


    ‌In jedem Krankenhaus bzw. jeder Geburtsklinik ist eine vertrauliche Geburt möglich. Es handelt sich dabei nämlich um eine bundesweite Regelung. Möglich ist auch eine Geburt zu Hause oder in einem Geburtsthaus.

    Was tun, wenn ich mein Kind zurückhaben will?


    ‌Wer sich nach einer vertraulichen Geburt bewusst wird, das Kind doch großziehen zu wollen, kann das Kind grundsätzlich noch „zurückholen“. Voraussetzung: Das Kind ist noch nicht in einer Adoptionsfamilie (Adoptionsverfahren darf noch nicht abgeschlossen sein) und das Familiengericht befindet, dass die Rückgabe des Kindes an die leibliche Mutter dem Kindeswohl entspricht.
    Hinweis:
    In diesem Fall muss die Mutter natürlich ihre Anonymität wieder aufgeben.

    Kostenübernahme bei vertraulicher Geburt


    Eine vertrauliche Geburt ist kostenlos. Die Beratung sowie die Geburt an sich sowie die medizinische Betreuung und nachgehende Beratung müssen nicht bezahlt werden.

    Weitere Informationen


    ‌Nachstehend finden Sie Broschüren und Übersichtsgrafiken zum Thema vertrauliche Geburt im PDF-Format zum Download.

    Allgemeine Informationen für Frauen bzw. Eltern

  • Erfahrungsberichte


    ‌Die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eigens eingerichtete Website zur vertraulichen Geburt bietet eine Reihe an Erfahrungsberichten.
  • Informationen für beteiligte Fachkräfte

  • Vertrauliche Geburt – Recht einfach erklärt

    Was ist eine vertrauliche Geburt?

    Bei der vertraulichen Geburt kann eine Mutter ihre Schwangerschaft verbergen und das Kind streng vertraulich gebären. Unter vollumfänglicher medizinischer Aufsicht. Die Identität der Kindeseltern bleibt für mindestens 16 Jahre lang unbekannt. Danach hat das Kind das Recht, zu erfahren, wer die Eltern sind. 

    ‌Weiterlesen: Was bedeutet „vertrauliche Geburt“?

    Ist die vertrauliche Geburt legal?

    Ja, im Gegensatz zur Babyklappe, die zwar illegal ist und dennoch geduldet wird, ist die vertrauliche Geburt vollkommen legal. 

    ‌Weiterlesen: Ist die vertrauliche Geburt eigentlich legal?

    Bleibe ich bei der vertraulichen Geburt wirklich anonym?

    Ja, die Mutter bekommt vor der Geburt ein Pseudonym, also einen Decknamen. Mit diesem entbindet sie dann. Die persönlichen Daten der Mutter werden zwar aufgenommen, aber dann zentral und unzugänglich aufbewahrt. Nach 16 Jahren kann das Kind eine Akteneinsicht verlangen. 

    ‌Weiterlesen: Wie wird die Identität der Eltern geschützt?

    Ist es möglich nach der vertraulichen Geburt länger als 16 Jahre anonym zu bleiben?

    Ja, aber nur wenn die Mutter durch das Bekanntwerden ihrer Identität stark gefährdet wäre. Zum Beispiel, wenn sie in einem Milieu lebt, in dem ihr mit Mord gedroht wird. Ansonsten ist dem Kind unverzüglich Einsicht zu geben, wenn es dies verlangt und das 16. Lebensjahr vollendet hat. 

    ‌Weiterlesen: Wie läuft eine vertrauliche Geburt ab?

    Was ist, wenn ich mein Kind nach der vertraulichen Geburt zurückhaben möchte?

    Nach der vertraulichen Geburt kommt das Kind in Obhut des Jugendamts bzw. in eine Pflegefamilie. Danach wird das Kind zur Adoption freigegeben. Bis das Adoptionsverfahren abgeschlossen ist, was normalerweise bis zu einem Jahr nach der Geburt dauert, kann die Mutter das Kind grundsätzlich wieder „zurückhaben“. Dafür muss sie ihre Identität aufgeben und das Gericht muss sicherstellen, dass das Rückgängigmachen dem Kindeswohl entspricht. 

    ‌Weiterlesen: Was tun, wenn ich mein Kind zurückhaben will?

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