Eine Arbeitnehmerin im Rollstuhl sitzt im Büro und arbeitet am Computer. © Adobe Stock | LIGHTFIELD STUDIOS

Zusatzurlaub: Mehr Urlaubstage bei Schwerbehinderung

Zusatzurlaub für Personen mit Schwerbehinderung ist gesetzlich vorgeschrieben. Um Anspruch darauf zu haben, müssen Beschäftigte dem Arbeitgeber nachweisen, dass sie einen Grad der Behinderung von 50 oder höher haben. Bei wöchentlich fünf Arbeitstagen besteht Anspruch auf 5 Tage Zusatzurlaub im Jahr.

Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung


‌Personen mit Schwerbehinderung in Beschäftigungsverhältnissen haben gemäß § 208 Abs. 1 SGB IX Anspruch auf bezahlte zusätzliche Urlaubstage

‌Bei einer Fünf-Tage-Woche erhalten Beschäftigte jährlich 5 Tage Zusatzurlaub. Bei mehr oder weniger Arbeitstagen pro Woche erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub. Pro wöchentlichem Arbeitstag kommt ein Tag Zusatzurlaub zustande. Arbeitet eine schwerbehinderte Person etwa an drei Tagen die Woche, hat sie Anspruch auf drei Tage Zusatzurlaub im Jahr.
Hinweis:
Der Zusatzurlaub ist als Mindestzusatzurlaub zu verstehen. Der Umfang kann etwa mittels tariflicher oder betrieblicher Regelungen erweitert werden.
Nur Schwerbehinderte haben Anspruch auf Zusatzurlaub. Damit eine Person als schwerbehindert gilt, muss sie nach § 2 SGB IX einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 oder mehr aufweisen. Personen mit geringerem Grad der Behinderung haben ausnahmslos keinen Anspruch auf Zusatzurlaub. Das gilt auch für Personen mit Behinderung, die Schwerbehinderten gleichgestellt sind.

Zusatzurlaub, zusätzlich zu was?


‌Ist der Zusatzurlaub nun zusätzlich zum gesetzlichen Mindesturlaub oder zum (meist höheren) einzelvertraglich vereinbarten Urlaub zu gewähren? 

‌Mit dieser Frage hat sich auch schon das Bundesarbeitsgericht beschäftigt und in einem Urteil klargestellt: Der Zusatzurlaub ist als zusätzlicher Urlaub zum normalen Jahresurlaub zu verstehen, den ein Arbeitnehmer auch ohne Schwerbehinderung erhalten würde. Unabhängig davon, ob der reguläre Urlaub nur den Mindesturlaub oder mehr Urlaubstage beinhaltet. 

‌Die Hintergründe des Urteils sehen folgendermaßen aus: 

‌1) Ein Arbeitgeber vereinbarte mit einem schwerbehinderten Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsvertrags einen jährlichen Erholungsurlaub von 29 Tagen bei einer 5-Tage-Woche. 

‌2) Nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis wurden 29 Tage abgegolten. 

‌3) Der Arbeitnehmer forderte aber auch die Abgeltung von 5 Tagen gesetzlichen Zusatzurlaubs. Der Arbeitgeber weigerte sich, den Zusatzurlaub abzugelten. Da der gesetzliche Mindesturlaub gemäß § 3 BUrlG bei 20 Tagen liegt, war er der Meinung, der Zusatzurlaub würde durch die vertraglich vereinbarten 29 Tage bereits erfasst sein. 

‌4) Das Bundesarbeitsgericht widersprach der Auffassung des Arbeitgebers. Denn die 29 Tage Urlaub hätten dem Arbeitnehmer bereits ohne Schwerbehinderung zugestanden. Der Zusatzurlaub müsse demnach zusätzlich dazu gewährt werden.

Zusatzurlaub: Teilurlaub


‌Steht eine Person mit Schwerbehinderung nicht ein volles Kalenderjahr lang in einem Beschäftigungsverhältnis, hat sie nur Anspruch auf einen anteilig berechneten Zusatzurlaub. Das ist etwa der Fall, wenn
  • die Person das Beschäftigungsverhältnis im bereits begonnenen Kalenderjahr antritt.
  • die Person das Beschäftigungsverhältnis vor Ende des Kalenderjahres beendet. 

  • ‌Für jeden voll gearbeiteten Monat steht dem Beschäftigten ein Zwölftel des jährlichen Zusatzurlaubs zu. Bruchteile von Urlaubstagen werden auf einen ganzen Tag aufgerundet, wenn sie mindestens einen halben Tag ergeben.
    Beispiel:
    Ein Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung arbeitet an 5 Tagen pro Woche. Der jährliche Zusatzurlaub beträgt 5 Tage. Das Arbeitsverhältnis endet bereits nach sechs Monaten. Damit stehen dem Arbeitnehmer anteilig berechnet sechs Zwölftel des Zusatzurlaubs zu. Das sind 2,5 Tage. Da halbe Tage aufgerundet werden, ergibt sich ein Anspruch auf 3 Tage Zusatzurlaub.
    Eine Besonderheit gibt es zu beachten, wenn die Schwerbehinderteneigenschaft nicht ein volles Kalenderjahr lang vorliegt: 

    ‌1) Gemäß § 208 Abs. 2 SGB IX erfolgt eine anteilige Berechnung des Zusatzurlaubs. Für jeden vollen Monat mit Schwerbehinderteneigenschaft hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zwölftel des Zusatzurlaubs. 

    ‌2)
    Besteht das Beschäftigungsverhältnis zudem nicht ein ganzes Kalenderjahr lang, gibt es in diesem Fall keine erneute Minderung des Zusatzurlaubs.

    Anspruch auf Zusatzurlaub


    ‌Damit ein Beschäftigter mit Schwerbehinderung Anspruch auf Zusatzurlaub hat, muss er dem Dienstgeber nachweisen, dass eine Schwerbehinderung vorliegt. Das ist mittels Schwerbehindertenausweis möglich. Diesen erhält man vom Versorgungsamt. 

    ‌1) Der Beschäftigte stellt einen Antrag auf Feststellung des Behinderungsgrades an das Versorgungsamt. 

    ‌2) Stellt das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung von 50 oder höher fest, kann der Beschäftigte einen Schwerbehindertenausweis anfordern.
    Hinweis:
    Ist die Schwerbehinderung offensichtlich erkennbar, ist kein Nachweis in Form eines Schwerbehindertenausweises notwendig. Das ist etwa der Fall, wenn der Beschäftigte im Rollstuhl sitzt, weil er beide Beine verloren hat.
    Mehr zu diesem Thema können Sie in dem Artikel Kündigung bei Schwerbehinderung lesen.

    Geltend machen des Zusatzurlaubs


    ‌Arbeitnehmer, die zum ersten Mal Zusatzurlaub in Anspruch nehmen wollen, müssen diesen bei ihrem Arbeitgeber ausdrücklich geltend machen. Dabei haben sie sich auf ihre Schwerbehinderteneigenschaft zu berufen und für ein bestimmtes Urlaubsjahr Zusatzurlaub zu verlangen (BAG, Urteil v. 28.1.1982, 6 AZR 636/79).
    Hinweis:
    Der Zusatzurlaub ist im laufenden Urlaubsjahr geltend zu machen. Macht der Arbeitnehmer das nicht, hat er keinen Anspruch mehr darauf.

    Rückwirkender Zusatzurlaub


    ‌Erfolgt die Feststellung der Schwerbehinderung, hat der Beschäftigte Anspruch auf Zusatzurlaub. Der Anspruch entsteht dabei auch rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Antragstellung an das Versorgungsamt auf Feststellung des Behinderungsgrades. 

    ‌Zieht sich die Feststellung des Behinderungsgrades über mehrere Jahre hin, kann der Arbeitnehmer rückwirkend nur bis zum abgelaufenen letzten Kalenderjahr Zusatzurlaub beanspruchen. Eine Übertragung des Zusatzurlaubs in das aktuelle Urlaubsjahr ist allerdings nur unter der Voraussetzung möglich, dass der Arbeitnehmer diesen bereits im Vorjahr geltend gemacht hat.
    Hinweis:
    Eine bloße Mitteilung an den Arbeitgeber, dass ein Antrag auf Feststellung des Behinderungsgrades gestellt wurde, ist nicht ausreichend für eine Übertragung des möglicherweise zustehenden Zusatzurlaubs. Der Zusatzurlaubsanspruch ist bereits ausdrücklich geltend zu machen, auch wenn die Schwerbehinderung noch nicht nachweisbar ist. Ansonsten erlischt der mögliche Anspruch auf Zusatzurlaub mit Ablauf des Urlaubsjahres (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 15.5.2005, 3 Sa 73/07).

    Zusatzurlaub: Verfall und Abgeltung


    ‌Was Verfall, Übertragung und Abgeltung des Zusatzurlaubs betrifft, gelten dieselben Regelungen wie für den gesetzlichen Mindesturlaub. Rechtliche Grundlage sind dabei die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes sowie die aktuelle Rechtsprechung.

    Verfall des Zusatzurlaubs


    ‌Nicht genommene Urlaubstage verfallen am Ende eines Kalenderjahres und bei Urlaubsübertragung am 31. März des Folgejahres. Allerdings stellt die aktuelle Rechtsprechung strenge Anforderungen an die Verfallbarkeit des Urlaubs.
  • Nach Urteil des Bundesarbeitsgerichts muss der Arbeitgeber Arbeitnehmer rechtzeitig darauf hinweisen, dass sie ihre Urlaubstage nehmen müssen. Auch muss er ihnen ermöglichen, die Urlaubstage zu nehmen. Das gilt für gesetzlichen Mindesturlaub, nicht aber auf vertraglich vereinbarten Mehrurlaub. 
  • Das LAG Niedersachsen entschied in einem Urteil, dass der Arbeitgeber auch bei Zusatzurlaub von Schwerbehinderten Hinweis- und Informationspflichten nachkommen muss. So hat er den Arbeitnehmer auf die Verfallbarkeit des Zusatzurlaubs hinzuweisen und den Arbeitnehmer aufzufordern, den Zusatzurlaub zu nehmen.  
  • Hinweis:
    Kommt der Arbeitgeber seinen Pflichten nicht nach, verfällt der Urlaub des Arbeitnehmers nicht. Der Anspruch bleibt demnach weiterhin bestehen.

    Abgeltung des Zusatzurlaubs


    ‌Nach § 7 des Bundesurlaubsgesetzes muss Urlaub, der aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, abgegolten werden. Das trifft nicht nur auf den regulären Erholungsurlaub, sondern auch auf den Zusatzurlaub zu. 

    ‌Nach einem Urteil des BAG besteht der Abgeltungsanspruch auch dann, wenn der Arbeitnehmer erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf seine Schwerbehinderungseigenschaft hinweist. Es bedarf in diesem Fall keiner vorherigen Geltendmachung des Zusatzurlaubs.

    Andere Arten des Zusatzurlaubs

    Vertraglicher Zusatzurlaub


    ‌Jeder Arbeitnehmer hat nach § 1 BUrlG Anspruch auf Erholungsurlaub. Im Bundesurlaubsgesetz ist eine Mindestanzahl jährlicher Urlaubstage festgelegt, die dem Arbeitnehmer in jedem Fall zustehen (§ 3 BUrlG).Allerdings kann im Rahmen von Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag ein höherer Urlaubsanspruch vereinbart werden. 

    ‌Erhält ein Arbeitnehmer durch vertragliche Regelung zusätzlich zum Mindesturlaub Urlaubstage, spricht man dabei auch von vertraglichem Zusatzurlaub. 

    ‌Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in dem Artikel Urlaubsregelung.

    Sonderurlaub


    ‌Arbeitnehmer erhalten Zusatzurlaub, wenn es ihnen nicht möglich oder zumutbar ist, zur Arbeit zu erscheinen. Diese Art des Zusatzurlaubs nennt man Sonderurlaub und ist je nach Situation bezahlt oder unbezahlt möglich. 

    ‌Es folgen zwei Beispiele für bezahlten Sonderurlaub:
  • Todesfall: Im Todesfall des Partners oder von Verwandten ersten Grades hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf zwei Tage Sonderurlaub. Einer wird für den Todestag, der andere für den Tag der Beerdigung gewährt. 
  • Hochzeit: Zur eigenen Hochzeit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf einen Tag bezahlten Sonderurlaub. Bei kirchlicher und standesamtlicher Heirat, kann der Arbeitnehmer zwei Tage Sonderurlaub beanspruchen, wenn diese an zwei verschiedenen Tagen stattfinden. 

  • ‌Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter Sonderurlaub.

    Zusatzurlaub nach TVöD


    ‌Beschäftigte im öffentlichen Dienst, die ständige Wechselschichtarbeit oder ständige Schichtarbeit ausüben, haben gemäß § 27 TVöD Anspruch auf Zusatzurlaub. Dabei gelten folgende Bestimmungen:
  • Wechselschichtarbeit: Für jede zwei zusammenhängende Monate haben Beschäftigte Anspruch auf einen Tag Zusatzurlaub. Somit sind jährlich bis zu sechs Zusatzurlaubstage möglich. 
  • Schichtarbeit: Für jede vier zusammenhängende Monate haben Beschäftigte Anspruch auf einen Tag Zusatzurlaub. Jährlich ergibt das bis zu 3 Zusatzurlaubstage. 
  • Zusatzurlaub: Auslandseinsatz


    ‌Beamte deren Dienstort sich im Ausland befindet, haben gemäß § 1 HUrlV unter Umständen Anspruch auf bis zu 18 Tage Zusatzurlaub im Jahr. Nämlich dann, wenn
  • es sich um einen außereuropäischen Dienstort handelt. 
  • es sich um einen Dienstort innerhalb von Europa handelt, an dem besonders schwierige Lebens- und Arbeitsbedingungen herrschen.

    ‌ 
  • Zusatzurlaub – Recht einfach erklärt

    Wie viel Zusatzurlaub bekommen Personen mit Schwerbehinderung?

    Personen mit Schwerbehinderung haben Anspruch auf bezahlten Zusatzurlaub. Bei fünf wöchentlichen Arbeitstagen beträgt dieser 5 Urlaubstage pro Jahr. Sind es mehr oder weniger Arbeitstage pro Woche, erhöht oder verringert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. 

    ‌Weiterlesen: Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung

    Wann hat man Anspruch auf Zusatzurlaub?

    Um Anspruch auf Zusatzurlaub zu haben, muss der Beschäftigte dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung mittels Schwerbehindertenausweis nachweisen. Auf Antrag an das Versorgungsamt prüft dieses den Grad der Behinderung. Bei einem ausreichend hohen Grad der Behinderung kann der Beschäftigte einen Schwerbehindertenausweis anfordern. 

    ‌Weiterlesen: Anspruch auf Zusatzurlaub

    Kann man rückwirkend Anspruch auf Zusatzurlaub haben?

    Der Anspruch auf Zusatzurlaub besteht rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Antragsstellung auf Feststellung des Behinderungsgrades. Anspruch auf Zusatzurlaub aus dem vorherigen Urlaubsjahr haben Arbeitnehmer aber nur dann, wenn sie diesen bereits ausdrücklich gelten gemacht haben. 

    ‌Weiterlesen: Rückwirkender Zusatzurlaub

    Kann Zusatzurlaub verfallen?

    Zusatzurlaub verfällt, wenn er von Beschäftigten nicht bis zum Ende des Kalenderjahres genommen wird. Bei Urlaubsübertragung verfällt er am 31. März des Folgejahres. Allerdings verfällt der Zusatzurlaub nicht, wenn es der Arbeitgeber versäumt, seinen Hinweis- und Informationspflichten nachzukommen. 

    ‌Weiterlesen: Verfall des Zusatzurlaubs

    Was bedeutet vertraglicher Zusatzurlaub?

    Unter vertraglichem Zusatzurlaub versteht man jene Urlaubstage, die Arbeitnehmer durch vertragliche Vereinbarung zusätzlich zum gesetzlichen Mindesturlaub erhalten. Der höhere Urlaubsanspruch kann entweder im Arbeitsvertrag oder in einem geltenden Tarifvertrag festgelegt sein. 

    ‌Weiterlesen: Vertraglicher Zusatzurlaub

    Wer bekommt Sonderurlaub?

    Unter Sonderurlaub versteht man zusätzliche Urlaubstage, die Arbeitnehmer aus besonderen Gründen erhalten können. Voraussetzung ist, dass es dem Arbeitnehmer nicht möglich oder zumutbar ist, zur Arbeit zu erscheinen. Das ist etwa bei der eigenen Hochzeit oder einem Todesfall in der Familie der Fall. 

    ‌Weiterlesen: Sonderurlaub

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