Ein Arbeitnehmer stürzt im Homeoffice vom Bürostuhl. © Adobe Stock | Studio Romantic

Arbeitsunfall im Homeoffice: Welche Tätigkeiten sind versichert?

Der Unfallversicherungsschutz im Homeoffice besteht nach neuer Gesetzgebung in gleichem Umfang wie im Betrieb. Versichert sind alle Tätigkeiten, die in beruflichem Zusammenhang stehen. Geschieht im Homeoffice ein Arbeitsunfall, ist für dessen Anerkennung eine genaue Dokumentation besonders wichtig.

Definition von Arbeitsunfall im Homeoffice


‌Damit ein Arbeitsunfall vorliegt, müssen nach § 8 Abs. 1 SGB 7 folgende Voraussetzungen gegeben sein:

  • Die verunfallte Person ist gesetzlich unfallversichert. Das trifft grundsätzlich auf alle Beschäftigten zu. 
  • Der Unfall ist ein zeitlich begrenztes Ereignis. Dieses wirkt von außen auf den Körper ein. 
  • Der Unfall verursacht einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Betroffenen. (Gesundheitsschaden meint nicht nur körperlichen Schaden, sondern schließt auch den Schaden eines Hilfsmittels, wie einer Brille, mit ein.) 
  • Die Tätigkeit, bei der es zu dem Unfall kommt, ist gesetzlich versichert
  • Hinweis:
    Seit Juni 2021 gibt es eine neue gesetzliche Regelung, nach der Arbeitnehmer im Homeoffice in gleichem Umfang Versicherungsschutz haben wie Beschäftigte, die in der Betriebsstätte arbeiten (§ 8 SGB 7).
    Homeoffice kann in unterschiedlichen Formen auftreten:
  • Die Arbeit findet ausschließlich zuhause statt. 
  • Der Arbeitnehmer übt seine Tätigkeit abwechselnd im Privatbereich und im Betrieb aus.  
  • Es besteht kein fester Arbeitsplatz. Der Arbeitnehmer kann die Arbeit prinzipiell von überall aus erledigen. Zuhause, im Park, im Hotelzimmer oder im Café. Dieses Konzept nennt man mobiles Arbeiten. 

  • ‌Der Versicherungsschutz in Hinsicht auf einen Arbeitsunfall besteht gemäß § 8 Abs. 1 SGB 7 sowohl im Haushalt des Arbeitnehmers als auch an einem „anderen Ort“, wie es bei mobiler Arbeit der Fall ist. 

    ‌Wichtig für den Versicherungsschutz im Homeoffice ist, dass die Arbeit im Homeoffice zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart ist. Das ist formlos möglich; eine schriftliche Vereinbarung ist aufgrund der beiderseitigen Absicherung allerdings besser. Etwa eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag

    ‌Ohne Vereinbarung oder Anweisung des Arbeitgebers unterliegt Arbeit im Privatbereich nicht dem Versicherungsschutz. Wenn der Arbeitnehmer also aus Eigeninitiative zu Hause arbeitet und ein Unfall passiert, ist es kein Arbeitsunfall.
    Hinweis:
    Auch bei Homeoffice im Ausland können Arbeitsunfälle geschehen. Dabei ist es wichtig, mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger vorab die Bedingungen des Unfallversicherungsschutzes zu klären. Das betrifft etwa erforderliche Bescheinigungen.

    Homeoffice: (nicht) versicherte Tätigkeiten


    ‌Nicht jeder Unfall, der im Homeoffice passiert, ist als Arbeitsunfall zu werten. Damit es sich um einen Arbeitsunfall handelt, muss der Unfall im Rahmen einer versicherten Tätigkeit passieren. 

    Versichert sind Tätigkeiten, die in eindeutig beruflichem Zusammenhang stehen. Im Homeoffice kann etwa ein Drucker auf den Fuß des Arbeitnehmers fallen. Oder der Arbeitnehmer stürzt beim Aufstehen aus seinem Bürosessel. In diesen Fällen handelt es sich um einen Arbeitsunfall. 

    ‌Nicht versichert sind hingegen Tätigkeiten, die dem privaten Lebensbereich zuzuordnen sind. Dazu zählen etwa die folgenden:
  • Holen der Post 
  • Rauchen einer Zigarette 
  • Trainieren am Hometrainer 
  • Kochen 
  • Müll rausbringen 

  • ‌Bis 2021 waren viele Tätigkeiten im Homeoffice nicht versichert, die bei Arbeit im Betrieb versichert waren. Erst durch die neue Gesetzgebung besteht im Homeoffice ein gleichwertiger Versicherungsschutz. Das betrifft insbesondere Unfälle auf Betriebswegen oder Wegeunfälle. Denn zurückgelegte Wege können auch versicherte Tätigkeiten darstellen.

    Betriebswege: Homeoffice


    ‌Betriebswege sind versicherte Wege, die Arbeitnehmer bei Ausübung ihrer Tätigkeit zurücklegen. Im Homeoffice sind Betriebswege Wege innerhalb des Haushalts, die einem beruflichen Zweck dienen. Dazu zählt beispielsweise der Weg zum Router, wenn der Arbeitnehmer die für seine Arbeit erforderliche Internetverbindung überprüfen möchte. 

    ‌Die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zeigt, dass die Schwelle zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Homeoffice niedriger ist als früher. So trifft das Bundessozialgericht (BSG) wichtige, an die neue Gesetzgebung angepasste Entscheidungen. Gemäß einem Urteil des BSG ist es etwa auch ein Arbeitsunfall, wenn der Arbeitnehmer auf dem direkten Weg zwischen seinem Bett und dem Arbeitszimmer auf der Treppe stürzt. Da der Weg der erstmaligen Aufnahme der Arbeit dient, benützt der Arbeitnehmer die Treppe im Interesse des Arbeitgebers, was den Weg zu einem Betriebsweg macht. 

    ‌Daneben sind bei Heimarbeit neuerdings auch folgende Wege als Betriebswege versichert:
  • Weg in die Küche, wenn die Nahrungsaufnahme das Ziel des Wegs ist. Denn die Nahrungsaufnahme dient dem Erhalt der Arbeitskraft.  
  • Weg zur Toilette, da es sich um ein notwendiges Bedürfnis handelt.  

  • ‌Vor der neuen Gesetzgebung galten diese Wege im Homeoffice als Wege im eigenwirtschaftlichen Interesse und waren als private Tätigkeiten nicht unfallversichert. Im Gegensatz zu dem Toilettengang oder dem Gang zur Kantine in einem Betrieb.
    Achtung:
    Der Aufenthalt in der Küche oder in der Toilette ist im Gegensatz zum Weg nicht versichert.

    Wegeunfall: Homeoffice


    ‌Wegeunfälle sind eine Unterart des Arbeitsunfalls und bezeichnen Unfälle, die auf dem Weg zur oder von der Arbeit stattfinden. 

    ‌Bringt ein Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit sein Kind zur Schule oder zur Kita oder holt es nach der Arbeit ab, ist er auf diesem Weg auch unfallversichert (§ 8 Abs. 2a. SGB 7). 

    ‌Am 30. Januar 2020 gab es ein Urteil, dass bei Arbeit im Homeoffice keine Wegeunfälle möglich seien, da der Versicherungsschutz nur bei Wegen zwischen der Arbeitsstätte und der Wohnung greife. Verunfalle ein Arbeitnehmer, nachdem er sein Kind zur Kita gebracht hat, bestehe dabei kein Versicherungsschutz. 

    ‌Durch die neue Gesetzgebung ist es nunmehr auch dann ein Arbeitsunfall, wenn sich zwischen dem Haushalt und der Kita bzw. Schule ein Unfall ereignet (§ 8 Abs. 2a. SGB 7). 

    ‌Ein Arbeitsunfall liegt auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer in der Mittagspause für das Mittagsessen zu einem Restaurant geht oder sich eine Kleinigkeit vom Supermarkt holt und auf dem Weg einen Unfall erleidet. Denn wie auch beim Weg in die Küche ist das Ziel des Arbeitnehmers die Nahrungsaufnahme, was einen hinreichenden Versicherungsgrund darstellt.
    Hinweis:
    Kein Unfallschutz besteht während des Aufenthalts im Restaurant oder im Supermarkt. Die gesetzliche Unfallversicherung besteht nur auf dem Weg dorthin oder auf dem Nachhauseweg.

    Arbeitsunfall: mobiles Arbeiten


    ‌Unfälle bei mobilem Arbeiten können dann als Arbeitsunfall zählen, wenn sie während einer versicherten Tätigkeit passieren. Die Abgrenzung zwischen privaten Tätigkeiten und beruflichen Tätigkeiten ist dabei oft schwierig, aber notwendig zur Klärung der Versicherungsfrage. 

    ‌Wenn ein Arbeitnehmer gemischte Tätigkeiten ausführt, ist er nur bei jener versichert, die beruflichen Zusammenhang aufweist. Angenommen ein Arbeitnehmer fährt Ski und telefoniert gleichzeitig mit Headset mit einem Kunden. Dann kann ein Unfall je nach Hergang sowohl ein Arbeitsunfall als auch ein privater Unfall sein:
  • Hat das Headset einen technischen Defekt und verletzt das Trommelfell, dann handelt es sich um einen Arbeitsunfall.  
  • Stürzt der Arbeitnehmer beim Skifahren, ist es kein Arbeitsunfall. 

  • ‌Mobiles Arbeiten kann grundsätzlich überall stattfinden. Bislang gibt es wenig Rechtsprechung dazu. Deshalb gilt es bei einem Unfall, nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu entscheiden, ob die Tätigkeit gesetzlich unfallversichert war oder nicht.

    Vorgehensweise bei Unfall im Homeoffice


    ‌Passiert im Betrieb ein Unfall, ist es in der Regel einfacher, ihn als Arbeitsunfall anerkennen zu lassen, als es im Homeoffice der Fall ist. Geschieht der Unfall am Arbeitsplatz, liegt ein Arbeitsunfall nahe. Insbesondere wenn es Zeugen zum Unfallhergang gibt. 

    ‌Doch auch bei Homeoffice ist es möglich, einen Arbeitsunfall nachzuweisen. Wichtig ist die richtige Vorgehensweise. Diese beinhaltet eine detaillierte Dokumentation des Unfalls, insbesondere in Hinsicht auf folgende Aspekte:
  • Unfallhergang: Betroffene sollten den Unfall so schnell wie möglich dokumentieren. Die Beschreibung des Unfallhergangs ist einfacher und glaubwürdiger, wenn die Erinnerung noch frisch ist. 
  • Unfallort/Handlungsmotivation: Entscheidend ist, bei Ausübung welcher Tätigkeit der Unfall passiert ist. Der Unfallort sollte dokumentiert werden. Wichtiger aber ist dabei, was die Handlungsmotivation des Arbeitnehmers war. Denn ein Arbeitsunfall setzt einen beruflichen Bezug der Tätigkeit voraus. 
  • Unfallzeitpunkt: Der Arbeitnehmer sollte den Zeitpunkt festhalten, zu dem sich der Unfall ereignet hat. Als Arbeitsunfall können nur Unfälle zählen, die innerhalb der Zeit stattfinden, die mit dem Arbeitgeber als Arbeitszeit vereinbart ist. Möglicher Nachweis für den Unfallzeitpunkt kann ein Telefonat mit dem Rettungsdienst oder einem Arzt sein. 
  • Homeoffice: Unfall melden


    ‌Erleidet ein Arbeitnehmer im Homeoffice einen Unfall, muss er zeitnahe den Arbeitgeber darüber informieren. Neben Beschreibung von Unfallhergang, Unfallort und Unfallzeitpunkt sollte er auch alle Zeugen des Unfalls benennen, wenn es welche gibt. 

    ‌Besteht die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers voraussichtlich über den Unfalltag hinaus, muss er einen Durchgangsarzt aufsuchen. Neben Erstversorgung und Diagnose hat dieser die Aufgabe, den Unfallhergang zu untersuchen und für den Unfallversicherungsträger einen Unfallbericht anzufertigen. 

    ‌Der Arbeitgeber hat dem zuständigen Unfallversicherungsträger den Unfall zu melden, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Unfalls länger als drei Tage arbeitsunfähig ist. Anhand des Unfallberichts des Durchgangsarztes und der Unfallmeldung des Arbeitgebers entscheidet der Unfallversicherungsträger, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelt oder nicht.
    Hinweis:
    Wenn ein Arbeitnehmer mit der Entscheidung des Unfallversicherungsträgers nicht einverstanden ist, kann er Widerspruch einlegen und die Sachlage gegebenenfalls vor dem Sozialgericht prüfen lassen. Sinnvollerweise sichert sich der Arbeitnehmer dazu den Beistand eines Rechtsanwalts, der auf Sozialrecht spezialisiert ist. Der Anwalt kann den Arbeitnehmer beraten und hat die notwendige Expertise, um die Erfolgschancen einer Klage einzuschätzen.

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    Arbeitsunfall: wer zahlt?


    ‌Passiert in Deutschland ein Arbeitsunfall, leistet der Arbeitgeber für die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit Lohnfortzahlung

    ‌Bei längerer Arbeitsunfähigkeit zahlt der zuständige Unfallversicherungsträger dem Arbeitnehmer Verletztengeld. Vorausgesetzt es handelt sich um Arbeitsunfall. Falls der Unfallversicherungsträger nach Prüfung des Unfalls zu dem Schluss kommt, dass kein Arbeitsunfall vorliegt, leitet er diese Information weiter an die Krankenkasse. Diese leistet daraufhin Krankengeld. 

    ‌Welcher Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig ist, richtet sich nach Art des Betriebs. Für gewerbliche Unternehmen sind gewerbliche Berufsgenossenschaften zuständig. Diese sind in Wirtschaftszweige unterteilt. Landwirtschaftliche Unternehmen haben die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft als Versicherungsträger. Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand gibt es verschiedene, etwa Unfallkassen oder Gemeindeunfallversicherungsverbände. Mehr dazu erfahren Sie in dem Artikel Arbeitsunfall

    ‌Neben Verletztengeld haben Arbeitnehmer gegenüber dem Unfallversicherungsträger bei Bedarf auch Anspruch auf Heilbehandlung sowie auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie zur sozialen Rehabilitation (§ 26 SGB 7). Mehr dazu können Sie in dem Artikel Berufsgenossenschaft lesen.

    Arbeitsunfall im Homeoffice – Recht einfach erklärt

    Ist man im Homeoffice unfallversichert?

    Unfallversicherungsschutz besteht sowohl bei Arbeit von zuhause aus als auch bei mobiler Arbeit. Voraussetzung ist, dass eine entsprechende Arbeitsform mit dem Arbeitgeber vereinbart ist. Nach neuer Gesetzgebung ist der Unfallversicherungsschutz im Homeoffice gleich hoch wie im Betrieb. 

    ‌Weiterlesen: Definition von Arbeitsunfall im Homeoffice

    Was zählt im Homeoffice als Arbeitsunfall?

    Grundsätzlich sind alle Tätigkeiten versichert, die unmittelbar in beruflichem Zusammenhang stehen. Verunfallt der Arbeitnehmer hingegen bei einer privaten Tätigkeit, handelt es sich um keinen Arbeitsunfall. 

    ‌Weiterlesen: Homeoffice: (nicht) versicherte Tätigkeiten

    Welche Wege im Haushalt sind versichert?

    Wege im Haushalt, die einem beruflichen Zweck dienen, nennt man Betriebswege. Sie sind ebenso versichert wie Wege, die Arbeitnehmer bei Ausübung ihrer Tätigkeit im Betrieb zurücklegen. Neuerdings sind auch der Gang zur Küche, um etwas zu essen, oder der Gang zur Toilette versichert. 

    ‌Weiterlesen: Betriebswege: Homeoffice

    Was passiert, wenn man sich im Homeoffice verletzt?

    Nach einem Unfall im Homeoffice ist der Arbeitgeber zu informieren. Zudem hat der Arbeitnehmer einen Durchgangsarzt aufzusuchen, der einen Unfallbericht für den Unfallversicherungsträger anfertigt. 

    ‌Weiterlesen: Homeoffice: Unfall melden

    Wer zahlt bei Unfall im Homeoffice?

    Passiert im Homeoffice ein Unfall, hat der Arbeitgeber für bis zu sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung zu leisten. Handelt es sich um einen Arbeitsunfall, bekommt der Arbeitnehmer danach Verletztengeld von dem zuständigen Unfallversicherungsträger. 

    ‌Weiterlesen: Arbeitsunfall: wer zahlt?

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