Ein Mann geht Stellenanzeigen in der Zeitung durch. © Adobe Stock | A_Bruno

Langzeitarbeitslosigkeit: Definition, Chancen und Tipps

Langzeitarbeitslosigkeit kann verschiedene Ursachen haben und meint Arbeitslosigkeit von mindestens einem Jahr. Das Jobcenter bietet Betroffenen Unterstützung, etwa durch Weiterbildungsmaßnahmen. Auch gibt es seit 2019 das Teilhabechancengesetz, das Langzeitarbeitslosen neue Perspektiven schafft.

Definition und Statistik von Langzeitarbeitslosigkeit


‌In Deutschland gilt eine Person als langzeitarbeitslos, wenn sie seit einem Jahr oder länger arbeitslos ist (§ 18 SGB III). 

‌Nach Definition des § 138 SGB III besteht Arbeitslosigkeit dann, wenn die Person
  • arbeitsfähig ist. 
  • eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben kann und darf, die mindestes 15 Wochenstunden umfasst. 
  • nicht oder weniger als 15 Stunden pro Woche arbeitet. 
  • Eigenbemühen zeigt, um eine Arbeit zu finden. 
  • bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet ist. 
  • arbeitsbereit ist und Vermittlungsbemühungen zur Verfügung steht. 

  • ‌Langzeitarbeitslose unter 50 Jahren haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Denn dieser endet nach spätestens 12 Monaten der Arbeitslosigkeit. 

    ‌Ab 50 Jahren steigt die Anspruchsdauer schrittweise. Wer 58 Jahre alt ist und zuvor mindestens 48 Monate einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist, hat Anspruch auf bis zu zwei Jahre Arbeitslosengeld. 

    ‌Langzeitarbeitslose ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld können Bürgergeld beanspruchen. Dabei handelt es sich um eine staatliche Leistung zur Sicherung der Grundbedürfnisse.

    Statistik von Langzeitarbeitslosigkeit


    ‌Die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht regelmäßig Statistiken zu Arbeitslosigkeit. Die aktuellsten Statistiken sind vom 31. 03. 2023. Danach lag die Arbeitslosenquote unter potenziellen Arbeitnehmern im Jahr 2023 (Januar bis März) durchschnittlich bei 5,7 Prozent. 

    ‌Was die Langzeitarbeitslosigkeit betrifft, so zeigen die Statistiken etwa Folgendes: Durchschnittlich sind
  • 33,9 % der Arbeitslosen langzeitarbeitslos. 
  • 56, 1 % der Langzeitarbeitslosen Männer. 
  • 60,1 % der Langzeitarbeitslosen ohne Berufsabschluss. 
  • Es gibt einen geringen Anteil an Jugendarbeitslosigkeit. Je älter Arbeitnehmer werden, desto schwerer können sie sich aus der Arbeitslosigkeit befreien. Folgende Tabelle gibt einen Überblick über den Anteil an Langzeitarbeitslosigkeit nach dem Gesichtspunkt des Alters:

    Arten der Arbeitslosigkeit


    ‌Arbeitslosigkeit kann verschiedene Gründe und Ursachen haben. Es lassen sich vier verschiedene Arten der Arbeitslosigkeit unterscheiden:
  • Friktionelle Arbeitslosigkeit 
  • Saisonale Arbeitslosigkeit 
  • Strukturelle Arbeitslosigkeit 
  • Konjunkturelle Arbeitslosigkeit
    ‌ 
  • Friktionelle Arbeitslosigkeit


    ‌Friktionelle Arbeitslosigkeit wird auch Sucharbeitslosigkeit oder Fluktuationsarbeitslosigkeit genannt. Darunter versteht man eine vorübergehende Arbeitslosigkeit. Diese kann etwa beim Wechsel zwischen zwei Jobs entstehen. Wenn der Austritt aus dem alten Arbeitsverhältnis zeitlich nicht mit dem Eintritt in das neue übereinstimmt. Von friktioneller Arbeitslosigkeit spricht man auch in Hinsicht auf die vorübergehende Arbeitslosigkeit nach Abschluss der Schule oder des Studiums oder in Zusammenhang mit einem Umzug. Merkmal der friktionellen Arbeitslosigkeit ist, dass sie in der Regel von kurzer Dauer und unvermeidbar ist.
    Hinweis:
    Grundsätzlich kann friktionelle Arbeitslosigkeit freiwillig (z. B. durch Eigenkündigung) oder unfreiwillig (z. B. durch Arbeitgeberkündigung) herbeigeführt werden.

    Saisonale Arbeitslosigkeit


    ‌Saisonale Arbeitslosigkeit ist jahreszeitenabhängig. In manchen Branchen kommt es in bestimmten Jahreszeiten zu verringertem Arbeitsaufkommen und Personalbedarf. 

    ‌Beispielsweise werden im Bereich der Bau- oder Landwirtschaft Mitarbeiter zur Saisonarbeit eingestellt. Meist mit befristeten Arbeitsverträgen. Im Winter kommt es dann zu saisonaler Arbeitslosigkeit, da kein Personalbedarf besteht. Diese verringert sich, sobald die Klimabedingungen wieder die Aufnahme der entsprechenden Arbeit zulassen. 

    ‌Ähnliches ist in der Tourismusbranche zu beobachten, in der es aufgrund klimabedingter Schwankungen in der Nachfrage Hauptsaisonen und Nebensaisonen gibt.

    Konjunkturelle Arbeitslosigkeit


    ‌Eine konjunkturelle Arbeitslosigkeit entsteht bei einem Abschwung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Die Wirtschaftsbereiche sind in der Regel in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Oftmals ist es eine Sache von Angebot und Nachfrage. Können Unternehmen etwa bestimmte Produkte nicht mehr vertreiben, weil deren Preise erhöht werden, sinkt die Produktion. Das führt dazu, dass weniger Mitarbeiter benötigt werden. 

    ‌Die Agentur für Arbeit vermindert konjunkturelle Arbeitslosigkeit durch die Bereitstellung von Kurzarbeitergeld. In der Regel dauert es zwei bis drei Jahre, bis sich die Wirtschaft erholt und konjunkturelle Arbeitslosigkeit zurückgeht.

    Strukturelle Arbeitslosigkeit


    ‌Strukturelle Arbeitslosigkeit ist ein vielschichtiger Begriff, der verschiedene Aspekte umfasst. Grob umrissen geht es um Strukturveränderungen in der Wirtschaft, die ein Ungleichgewicht zwischen dem Arbeitsangebot und der Nachfrage schaffen. 

    ‌Strukturelle Arbeitslosigkeit ist zumeist eine Form der Langzeitarbeitslosigkeit. Sie kann verschiedene Ursachen haben:
  • Merkmalsstrukturelle Arbeitslosigkeit: Ein Arbeitsloser hat nicht die Qualifikationen für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit. 
  • Sektorale Arbeitslosigkeit: Ein Wirtschaftssektor schrumpft, während ein anderer wächst. Fehlen Arbeitnehmern im schrumpfenden Sektor die Qualifikationen, um einen Job im wachsenden Sektor auszuüben, kommt es früher oder später zu Arbeitslosigkeit.  
  • Technologische Arbeitslosigkeit: Durch technischen Fortschritt, etwa Automatisierung, verändern sich Produktionsschritte. Arbeitskräfte werden durch Maschinen ersetzt und ein Stellenabbau ist die Folge.
  • Regionale Arbeitslosigkeit: Regionale Arbeitslosigkeit besteht dann, wenn in einem Gebiet zu viele Personen denselben Beruf anbieten, dieser aber in anderen Regionen benötigt wird. 
  • Institutionelle Arbeitslosigkeit: Grund für diese Form der Arbeitslosigkeit sind arbeits- und sozialrechtliche Bedingungen. Beispielsweise bieten niedrige Löhne keinen Anreiz, eine Arbeit aufzunehmen, wenn der Arbeitnehmer damit seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann. 

  • Gründe für Langzeitarbeitslosigkeit


    ‌Es kann schnell passieren, arbeitslos zu werden. Etwa durch Kündigung vonseiten des Arbeitnehmers aufgrund von Unzufriedenheit im Job. Oder durch Stellenabbau des Arbeitgebers. Auch kann es dauern, nach einer Ausbildung oder einem Studium einen passenden Job zu finden. 

    ‌Meist ist eine Arbeitslosigkeit von kurzer Dauer. Doch trotz Maßnahmen der Agentur für Arbeit und anderer Hilfsangebote schaffen manche nicht wieder den Einstieg in die Berufstätigkeit. Gründe für eine Langzeitarbeitslosigkeit können etwa die folgenden sein:
  • Alter: Je älter ein Arbeitnehmer bei Jobverlust ist, umso schwieriger ist es, einen neuen Job zu finden. Insbesondere Arbeitslose über 50 haben geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt. 
  • Schwere oder chronische Krankheit: Gesundheitliche Probleme erhöhen das Risiko, langzeitarbeitslos zu werden. Insbesondere dann, wenn man den vorherigen Beruf nicht mehr ausüben kann und eine Umschulung notwendig ist. 
  • Wenig Qualifikationen: Ohne Berufsabschluss ist das Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit besonders hoch. Maßnahmen zur Qualifizierung und Weiterbildung sind erforderlich. 
  • Vorurteile: Je länger die Arbeitslosigkeit andauert, desto mehr Vorurteilen ist man im Bewerbungsprozess ausgesetzt. Schließlich stellen Arbeitgeber lieber jemanden ohne Lücke im Lebenslauf ein. 
  • Hinweis:
    Daneben gibt es noch weitere Faktoren, die den Schritt aus der Langzeitarbeitslosigkeit erschweren können. Etwa Alkohol- oder Drogenprobleme, mangelnde Sprachkenntnisse oder psychische Beeinträchtigungen.

    Folgen von Langzeitarbeitslosigkeit


    ‌Langzeitarbeitslosigkeit kann die Psyche belasten und mit der Zeit die Persönlichkeit und das Verhalten des Betroffenen verändern:
  • Das Selbstbewusstsein sinkt. 
  • Die Motivation, einen Job zu finden, verringert sich. 
  • Es entstehen gesundheitliche Probleme, die von Kopfschmerzen und Schlaf- und Essstörungen bis hin zu ausgewachsenen Depressionen reichen. 
  • Betroffene plagen häufig Schuldgefühle. 
  • Scham und Angst führen zu sozialer Isolation, zum Teil auch vor Freunden und der Familie. 
  • Viele Arbeitslose sind dazu geneigt, in vermehrtem Maße Alkohol oder Drogen zu konsumieren. 
  • Hinweis:
    Durch die Negativspirale, in der sich viele Langzeitarbeitslose befinden, ist es oftmals notwendig, eine Therapie zu machen und erst dann eine weitere Jobvermittlung anzustreben.

    Chancen bei Langzeitarbeitslosigkeit


    ‌Um Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen, gibt es verschiedene Ansätze. 

    ‌Das Jobcenter setzt in Zusammenhang mit dem Bürgergeld vermehrt auf Qualifikation und Weiterbildung anstatt auf die Vermittlung kurzfristiger Aushilfsjobs. Ziel ist die dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt. 

    ‌Daneben gibt es ein am 1. Januar 2019 in Kraft getretenes Teilhabechancengesetz, das Langzeitarbeitslosen mehr Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt schaffen soll. Teil des Gesetzes ist etwa die Aufnahme zweier Förderungen in das zweite Sozialgesetzbuch:
  • Eingliederung von Langzeitarbeitslosen (§ 16e SGB II
  • Teilhabe am Arbeitsmarkt nach (§ 16i SGB II
  • Hinweis:
    Grundgedanke dieser Förderungen ist ein Lohnkostenzuschuss für den Arbeitgeber bei Einstellung eines Langzeitarbeitslosen. Auch ist eine beschäftigungsbegleitende Betreuung durch die Agentur für Arbeit möglich. Diese ist ganzheitlich und hat zum Ziel, den ehemals Langzeitarbeitslosen bei der Organisation seines Alltags zu unterstützen, sowohl private als auch berufliche Aspekte betreffend.

    Tipps für Langzeitarbeitslose


    ‌Um aus der Langzeitarbeitslosigkeit auszubrechen, ist es wichtig, nicht in eine Negativspirale abzurutschen. Wer aktiv bleibt und sich engagiert, wirkt der Entstehung psychischer Probleme entgegen und verbessert seine Chancen auf einen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. Es gilt, das Selbstbewusstsein zu stärken und Optionen wahrzunehmen. 

    ‌Folgende Tipps können helfen, wieder ins Berufsleben einzusteigen: 

    ‌1) Jobcenter: Das Jobcenter bietet zahlreiche Informationen, Beratungen und Hilfsmaßnahmen an. Wer Initiative zeigt, kann die angebotenen Ressourcen zielbringender nutzen. 

    ‌2) Weiterbildungen: Die Erweiterung von Qualifikationen durch Weiter- und Fortbildungen kann das Selbstwertgefühl verbessern und neue Türen am Arbeitsmarkt öffnen. 

    ‌3) Andere Branchen: In manchen Branchen sind die Chancen für Langzeitarbeitslose besser als in anderen. Etwa im Sicherheitsgewerbe, im Garten- und Landschaftsbau oder im Gesundheits- und Sozialwesen. Wer in seinem Bereich keine Arbeit findet, kann sich womöglich umorientieren. 

    ‌4) Networking: Durch das Knüpfen neuer Kontakte erhöhen sich die Chancen auf den beruflichen Wiedereinstieg. Etwa über Jobmessen oder Karrierenetzwerke wie LinkedIn. 

    ‌5) Ehrenamt: Wer ein Ehrenamt ausübt, bleibt aktiv, knüpft Kontakte und übernimmt Verantwortung. Das macht sich auch gut im Lebenslauf.

    Langzeitarbeitslosigkeit – Recht einfach erklärt

    Wann gilt man als langzeitarbeitslos?

    Langarbeitslos sind Personen, die seit mindestens einem Jahr arbeitslos sind. Damit sie als arbeitslos gelten, müssen sie unter anderem arbeitslos gemeldet sein, arbeitsfähig sein und für Vermittlungsbemühungen zur Verfügung stehen. 

    ‌Weiterlesen: Definition und Statistik von Langzeitarbeitslosigkeit

    Wie viel Geld bekommen Langzeitarbeitslose?

    Manche Langzeitarbeitslose über 50 bekommen Arbeitslosengeld, da sie einen längeren Anspruch darauf haben. Alle anderen Langzeitarbeitslosen erhalten kein Arbeitslosengeld, können aber Bürgergeld beanspruchen. 

    ‌Weiterlesen: Definition und Statistik von Langzeitarbeitslosigkeit

    Was sind Gründe für Langzeitarbeitslosigkeit?

    Langzeitarbeitslosigkeit kann verschiedene Ursachen haben. Mögliche Faktoren, die den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt erschweren können, sind etwa fortgeschrittenes Alter, mangelnde Qualifikationen oder gesundheitliche Probleme. 

    ‌Weiterlesen: Gründe für Langzeitarbeitslosigkeit

    Was passiert, wenn man langzeitarbeitslos ist?

    Langzeitarbeitslosigkeit kann sich negativ auf die Psyche und die Persönlichkeit auswirken. So treten häufig Schuldgefühle und Scham auf, was zu sozialer Isolation führen kann. Auch das Entstehen gesundheitlicher Probleme ist keine Seltenheit. 

    ‌Weiterlesen: Folgen von Langzeitarbeitslosigkeit

    Was tun gegen Langzeitarbeitslosigkeit?

    Langzeitarbeitslose haben verschiedene Möglichkeiten, um wieder einen Fuß in die Tür des Arbeitsmarktes zu bekommen. Etwa durch Angebote und Hilfsmaßnahmen des Jobcenters oder durch Networking. 

    ‌Weiterlesen: Tipps für Langzeitarbeitslose

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