Eine Arbeitnehmerin droht dem Arbeitgeber mit erhobenem Zeigefinger. © Adobe Stock |

Druckkündigung: Definition, Voraussetzungen und Urteile

Kündigt der Arbeitgeber einen Mitarbeiter, weil Dritte das von ihm verlangen und bei Weiterbeschäftigung mit Nachteilen drohen, spricht man von einer Druckkündigung. Diese ist nur zulässig, wenn dem Arbeitgeber massiver wirtschaftlicher Schaden droht und ihm kein milderes Mittel zur Verfügung steht.

Definition einer Druckkündigung


‌Normalerweise kündigt der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb heraus. Nicht so bei der Druckkündigung. Dabei handelt es sich um eine seltene Kündigungsart, bei der der Arbeitgeber einen Mitarbeiter kündigt, weil Dritte ihn massiv unter Druck setzen, das zu tun. Dritte können etwa andere Mitarbeiter, der Betriebsrat oder Kunden des Arbeitgebers sein. 

‌Bei einer Druckkündigung drohen Dritte dem Arbeitgeber mit Nachteilen, sollte dieser dem Verlangen einer Kündigung nicht nachgeben:
  • Handelt es sich um andere Mitarbeiter des Arbeitgebers, können diese beispielsweise mit Streiks oder Massenkündigungen drohen, falls dieser einen bestimmten Arbeitnehmer weiterbeschäftigt.  
  • Vertragspartner des Arbeitgebers können diesen unter Druck setzen, indem sie mit der Auflösung der Geschäftsbeziehung oder mit der Nichtvergabe wichtiger Aufträge drohen. 
  • Hinweis:
    Beugt sich der Arbeitgeber dem Druck von Dritten und kündigt den Arbeitnehmer, ist das rechtlich nur in seltenen Fällen erlaubt. Hat der Arbeitnehmer Kündigungsschutz, ist eine Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG nämlich nur aus personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen erlaubt. Dabei gelten strenge Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Kündigung.

    Unechte Druckkündigung


    ‌Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts liegt eine unechte Druckkündigung vor, wenn es einen objektiven Kündigungsgrund gibt, der primär für die Kündigung verantwortlich ist. Dieser ist entweder im Verhalten des Arbeitnehmers oder in seiner Person begründet. Dritte machen den Arbeitgeber zwar auf den Kündigungsgrund aufmerksam und drängen ihn mithilfe von Drohungen zur Kündigung des Arbeitnehmers. Letztendlich liegt es aber im Ermessen des Arbeitgebers, ob er einen ausreichenden Grund zur Kündigung sieht. 

    ‌Je nach Kündigungsgrund kann der Arbeitgeber eine personenbedingte oder eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitnehmers durchführen:
  • Verhaltensbedingte Kündigung 
    ‌Kündigungsgrund ist ein schuldhafter Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. In der Regel ist die Kündigung gemäß § 314 BGB erst nach erfolgter Abmahnung erlaubt. In schwerwiegenden Fällen ist auch eine sofortige Kündigung zulässig. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie unter Verhaltensbedingte Kündigung
  • Personenbedingte Kündigung 
    ‌Der Kündigungsgrund liegt in dem meisten Fällen außerhalb des Einflussbereichs des Arbeitnehmers. Aus personenbezogenen Gründen hat er nicht die notwendige Fähigkeit oder Eignung, um die Arbeitsanforderungen zukünftig ausreichend zu erfüllen. Mehr dazu erfahren Sie in dem Artikel Personenbedingte Kündigung.  
  • Hinweis:
    Zieht der Arbeitgeber aufgrund vorliegender Gründe die Kündigung eines Arbeitnehmers in Betracht, hat er unter anderem eine Interessensabwägung vorzunehmen. Wenn Dritte Druck auf den Arbeitgeber ausüben, kann das seine Entscheidung zur Kündigung begünstigen.

    Echte Druckkündigung


    ‌Eine echte Druckkündigung liegt dann vor, wenn es keinen objektiven Kündigungsgrund gibt, aus dem der Arbeitgeber eine Kündigung durchführen könnte. Einzig Dritte verlangen die Kündigung des Arbeitnehmers und üben Druck auf den Arbeitgeber aus, um ihr Ziel zu erreichen. 

    ‌Eine echte Druckkündigung ist eine betriebsbedingte Kündigung. Diese ist zulässig, wenn dringende betriebliche Erfordernisse eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unmöglich machen. Im Falle einer Druckkündigung ist die betriebsbedingte Kündigung dann zulässig, wenn Dritte so massiv Druck ausüben, dass dem Arbeitgeber keine zumutbare Wahl als die Kündigung bleibt. Etwa weil er erhebliche wirtschaftliche Schäden befürchten muss, sollte er die Kündigung nicht durchführen. 

    ‌Mehr zur betriebsbedingten Kündigung können Sie im Artikel Betriebsbedingte Kündigung lesen.

    Voraussetzungen einer Druckkündigung


    ‌An eine Druckkündigung sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Arbeitgeber muss alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft haben, sodass ihm nur mehr die Kündigung bleibt. Nach Urteil des Bundesarbeitsgerichts müssen für die Zulässigkeit einer Druckkündigung folgende Voraussetzungen zwingend erfüllt sein:
  • Fürsorgepflicht 
    ‌Der Arbeitgeber unterliegt der Fürsorgepflicht. Er hat sich schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen und zu versuchen, die Drohungen abzuwehren. Mehr zur Fürsorgepflicht können Sie in dem Artikel Fürsorgepflicht lesen. 
  • Keine Selbstverschuldung des Arbeitgebers 
    ‌Ist der Arbeitgeber selbst verantwortlich für das Entstehen der Drucksituation, ist eine Druckkündigung in jedem Fall unzulässig.  
  • Drohende wirtschaftliche Schäden 
    ‌Dem Arbeitgeber müssen erhebliche wirtschaftliche Schäden drohen, für den Fall, dass er den Arbeitnehmer weiterbeschäftigt. Etwa Massenkündigungen oder der Abbruch wichtiger Geschäftsbeziehungen. Befürchtet der Arbeitgeber bloß die Kündigung einzelner anderer Mitarbeiter oder den Absprung kleiner Kunden ist das kein ausreichender Grund für eine Druckkündigung.  
  • Arbeitnehmerschutz bei Druckkündigung: Schema


    ‌Der Arbeitgeber hat im Rahmen seiner Fürsorgepflicht alle zumutbaren Mittel zu ergreifen, um den Arbeitnehmer vor einer Druckkündigung zu schützen. Folgendes Schema zeigt eine geeignete Vorgehensweise für Arbeitgeber auf: 

    ‌1) Prüfung des Sachverhalts 
    ‌Der Arbeitgeber sollte Gespräche mit den Druck ausübenden Personen führen und prüfen, inwieweit ihre Forderung einer Entlassung des Arbeitnehmers begründet ist. 

    ‌2) Klare Positionierung 
    ‌Gibt es keinen objektiven Kündigungsgrund, sollte der Arbeitgeber das argumentativ deutlich machen und den Arbeitnehmer in Schutz nehmen, indem er die Forderung als unangemessen beurteilt. 

    ‌3) Anhörung des betroffenen Mitarbeiters 
    ‌Stehen Vorwürfe im Raum, die den Arbeitnehmer belasten, hat der Arbeitgeber diesen anzuhören. Der Arbeitnehmer soll die Gelegenheit bekommen, seine Version der Geschehnisse in einer Stellungnahme zu schildern. 

    ‌4) Vermittlung zwischen Konfliktparteien 
    ‌Der Arbeitgeber sollte den Versuch unternehmen, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. So kann er womöglich die Wogen zu glätten und eine Lösung für die Situation finden, bevor diese weiter eskaliert. 

    ‌5) Sanktionen 
    ‌Falls Mitarbeiter ihre Arbeit verweigern, um den Arbeitgeber unter Druck zu setzen, sollte dieser die Rechtswidrigkeit einer solchen Maßnahme aufzeigen und mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen. Im Falle einer Arbeitsverweigerung kann der Arbeitgeber Abmahnungen erteilen und Gehaltskürzungen vornehmen. Bei fortgesetzter Arbeitsverweigerung darf er Kündigungen durchführen. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie unter Arbeitsverweigerung

    ‌6) Prüfung milderer Mittel 
    ‌Nutzen alle oben genannten Maßnahmen nichts, muss der Arbeitgeber prüfen, ob ihm mildere Mittel zur Verfügung stehen, als den betroffenen Arbeitnehmer zu kündigen. Ein milderes Mittel kann etwa eine Versetzung des Arbeitnehmers in eine andere Abteilung sein.

    Urteile zu Druckkündigung

    Streitfall über Hafenmitarbeiter


    ‌Ein Hafenmitarbeiter musste wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes eine Gefängnisstrafe absitzen. Der Arbeitgeber kündigte den Hafenmitarbeiter aufgrund dessen zweimal, dieser gewann jedoch beide Male die Kündigungsschutzklagen. Somit musste der Arbeitgeber ihn weiterbeschäftigen. Doch einige der Mitarbeiter lehnten eine Zusammenarbeit ab und verweigerten ihre Arbeit. Sie forderten die Entlassung des verurteilten Sexualstraftäters und bestanden darauf, erst wieder ihre Arbeit aufzunehmen, wenn dieser sich nicht mehr auf dem Terminalgelände aufhielte. Der Arbeitgeber beugte sich dem Druck und kündigte den Hafenmitarbeiter daraufhin ein weiteres Mal. 

    ‌Das Bundesarbeitsgericht entschied zugunsten des Hafenmitarbeiters und beurteilte die Druckkündigung als unzulässig. In dem Urteil stellte das BAG fest, dass der Arbeitgeber sich nicht ausreichend schützend vor den Arbeitnehmer gestellt hatte. Er hätte die Mitarbeiter, die ihre Arbeit niederlegten, deutlich auf die Rechtswidrigkeit ihre Handlung aufmerksam machen und ihnen Abmahnungen sowie Gehaltskürzungen androhen müssen. Außerdem hatte der Arbeitgeber nicht konkret dargelegt, welche wirtschaftlichen Schäden ihm durch die Arbeitsverweigerung der Mitarbeiter drohten.

    Streitfall über Leiterin eines Berufskollegs


    ‌Die kommissarische Leiterin eines Berufskollegs wurde von der Geschäftsführerin entlassen, nachdem Schüler die Teilnahme am Unterricht verweigert hatten und Teile des Kollegiums damit drohten, bei Weiterbeschäftigung der Leiterin selbst zu kündigen. Nach Aussage der Kollegen störe die Leiterin den Betriebsfrieden. 

    ‌Die Leiterin des Berufskollegs erhob nach der Entlassung einer Kündigungsschutzklage. Das BAG stellte in einem Urteil die Unwirksamkeit der Kündigung fest. Die Begründung war, dass die Geschäftsführerin ihrer Fürsorgepflicht nicht ausreichend nachgekommen sei. Sie hätte dem Druck nicht einfach nachgeben dürfen. Vielmehr hätte sie versuchen müssen, das Kollegium von seiner Drohung abzubringen. Etwa im Rahmen einer Mediation.

    Gegen Druckkündigung wehren


    ‌Unabhängig davon, ob es sich um eine unechte oder eine echte Druckkündigung handelt, kann der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erheben. Nach Zugang der Kündigung hat er dafür gemäß § 4 KSchG 3 Wochen Zeit. Danach gibt es keine Möglichkeit mehr, die Kündigung anzufechten. 

    ‌Handelt es sich um eine unechte Druckkündigung, hat eine Kündigungsschutzklage dann Sinn, wenn die notwendigen Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte oder eine personenbedingte Kündigung nicht erfüllt sind. Um das zu prüfen, ist es sinnvoll, einen Anwalt für Arbeitsrecht einzuschalten. Schließlich hat dieser die fachliche Expertise, um die Erfolgschancen einer Kündigungsschutzklage einzuschätzen.

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    ‌Auch bei einer echten Druckkündigung sollte der Arbeitnehmer anwaltlichen Beistand in Anspruch nehmen. Es gilt unter anderem zu prüfen, inwieweit der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nachgekommen ist und ob eine Selbstverschuldung seinerseits vorliegt. In den allermeisten Fällen ist eine Kündigungsschutzklage sinnvoll, da die Voraussetzungen an eine rechtlich zulässige Druckkündigung ausgesprochen hoch sind. 

    ‌Mehr zum Thema Kündigungsschutzklage können Sie in dem Artikel Kündigungsschutzklage lesen.

    Druckkündigung – Recht einfach erklärt

    Was ist eine Druckkündigung?

    Bei einer Druckkündigung kündigt der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, weil Dritte ihn dahingehend unter Druck setzen. Handelt es sich dabei um andere Mitarbeiter, können diese beispielsweise mit Massenkündigungen drohen, falls der Arbeitgeber den Arbeitnehmer weiterbeschäftigt. 

    ‌Weiterlesen: Definition einer Druckkündigung

    Wann handelt es sich um eine unechte Druckkündigung?

    Bei einer unechten Druckkündigung gibt es einen tatsächlichen Kündigungsgrund. Verlangen Dritte die Kündigung des Arbeitnehmers, ist das objektiv gerechtfertigt. Erfolgt nun eine Kündigung, basiert diese vorrangig auf dem Kündigungsgrund. Der Druck ist nur eine Nebenerscheinung. 

    ‌Weiterlesen: Unechte Druckkündigung

    Was ist eine echte Druckkündigung?

    Bei einer echten Druckkündigung liegt kein objektiver Kündigungsgrund vor. Die Kündigung erfolgt allein deshalb, weil Dritte Druck auf den Arbeitgeber ausüben. Die Druckkündigung ist eine Form der betriebsbedingten Kündigung. Somit ist sie nur zulässig, wenn dringende betriebliche Gründe vorliegen. 

    ‌Weiterlesen: Echte Druckkündigung

    Wann ist eine Druckkündigung wirksam?

    Es gibt mehrere Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Druckkündigung. So hat der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nachkommen und darf die Drucksituation nicht selbst verschuldet haben. Zudem muss dem Arbeitgeber erheblicher wirtschaftlicher Schaden drohen, den er nur durch die Kündigung abwenden kann. 

    ‌Weiterlesen: Voraussetzungen einer Druckkündigung

    Was sind die Pflichten des Arbeitgebers bei einer Druckkündigung?

    Der Arbeitgeber hat sich schützend vor den Arbeitnehmer zu stellen. Er hat deutlich zu machen, dass es keinen Kündigungsgrund gibt und die Forderung nach einer Kündigung zurückweisen. Drohen Mitarbeiter mit Arbeitsverweigerung, muss der Arbeitgeber ihnen arbeitsrechtliche Maßnahmen in Aussicht stellen und diese bei Bedarf umsetzen. 

    ‌Weiterlesen: Arbeitnehmerschutz bei Druckkündigung: Schema

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