Bewerber zu googeln kann einen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz sowie die Datenschutz-Grundverordnung darstellen. Insbesondere dann, wenn der Personaler sich nicht auf berufsbezogene Daten beschränkt, sondern auch freizeitorientierte Netzwerke wie Facebook als Informationsquelle nutzt.
Internet-Recherche zu Bewerbern
Im Rahmen ihrer Bewerbung übermitteln Bewerber einen Lebenslauf und ein Bewerbungsschreiben an das Unternehmen ihrer Wahl. Oftmals auch Qualifikationsnachweise wie Arbeitszeugnisse. Bei einer Bewerbung haben sie es in der Hand, welche Informationen sie preisgeben. Neben dem beruflichen Werdegang geben manche Bewerber etwa ausgewählte Hobbys und Interessen an.
Viele Arbeitgeber bzw. Personaler möchten weitere Informationen über den Bewerber einholen und recherchieren im Internet zu Informationen über ihn. Dabei sind Social-Media-Profile des Bewerbers eine häufig genutzte Informationsquelle. Die Ergebnisse der Recherche lassen Arbeitgeber bzw. Personaler insgeheim in ihre Entscheidung miteinfließen, ob der Bewerber für den Job in Betracht kommt oder nicht.
Gründe für Aussortieren von Bewerbern
Forschen Arbeitgeber bzw. Personaler im Internet nach Informationen über einen Bewerber, können verschiedene Ergebnisse dazu führen, dass sie diesen nicht zum Vorstellungsgespräch einladen oder andere Bewerber im Bewerbungsprozess bevorzugen. Dazu zählen die folgenden:
Bilder ausschweifender Partynächte
übermäßige Grammatik- und Rechtschreibfehler
radikale politische Ansichten
Darstellungen von Drogen- oder Alkoholkonsum
diskriminierende oder derbe Kommentare
Darüber hinaus ist es für Bewerber von erheblichem Nachteil, wenn der Arbeitgeber bzw. Personaler Informationen findet, die den Angaben im Lebenslauf oder Bewerbungsschreiben widersprechen.
Bewerber/Mitarbeiter googeln: Rechtliche Einschränkungen
Möchte der Arbeitgeber oder Personaler im Internet Daten zum Bewerber erheben, sind die Grenzen des Bundesdatenschutzgesetzes sowie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einzuhalten. Dasselbe gilt für die Datenerhebung von Mitarbeitern.
Nach § 26 Abs. 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten zum Zweck des Beschäftigungsverhältnisses nur verarbeitet werden, wenn dies
bei Bewerbern für die Entscheidung über das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses angemessen und erforderlich ist.
bei Arbeitnehmern für die Durchführung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses angemessen und erforderlich ist.
oder notwendig ist, um Rechte oder Pflichten aus einem Gesetz, einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einer Dienstvereinbarung auszuüben oder zu erfüllen.
Vermutet der Arbeitgeber eine betriebsbezogene Straftat eines Arbeitnehmers, etwa Betrug oder Diebstahl am Arbeitsplatz, dürfen gemäß § 26 Abs. 1 BDSG unter folgenden Voraussetzungen personenbezogene Daten verarbeitet werden:
Es gibt tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verdacht auf eine Straftat.
Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist notwendig, um die Straftat aufzudecken.
Die Verarbeitung der Daten ist verhältnismäßig in Hinblick auf Art und Ausmaß der vermuteten Straftat.
Einwilligung zur Datenerhebung
Die Erhebung personenbezogener Daten ist neben oben genannten Punkten auch zulässig, wenn der Bewerber oder Arbeitnehmer seine schriftliche oder elektronische Einwilligung gibt. In diesem Fall hat der Arbeitgeber in Textform den Zweck der Verarbeitung darzulegen und auf ein Widerrufsrecht des Beschäftigten hinzuweisen (§ 26 Abs. 1 BDSG).
Informationspflicht bei Datenerhebung
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, betroffene Personen zu informieren, wenn er ihre personenbezogenen Daten ohne ihr Wissen verarbeitet hat. Dabei hat er unter anderem mitzuteilen, aufgrund welcher Rechtsgrundlage die Verarbeitung erfolgt ist (Art. 14 DSGVO).
Wie dürfen Personaler Daten über Bewerber erheben?
Bei der Internetsuche nach Informationen zu Bewerbern müssen sich Personaler auf Daten beschränken, die für die Einstellung und Qualifikation relevant sind. Dazu zählen etwa Qualifikationsnachweise, Arbeitsproben und andere berufsbezogene Informationen. Private Informationen des Bewerbers hingegen unterliegen dem Persönlichkeitsrecht. Sie gehen den Personaler nichts an und sind tabu. Er darf sie nicht suchen oder verarbeiten.
Bewerber besitzen häufig Profile auf Online-Plattformen. Inwieweit Personaler diese durchleuchten dürfen, richtet sich unter anderem danach, ob es sich um freizeitorientierte soziale Netzwerke oder berufsorientierte soziale Netzwerke handelt.
Allgemeine Google-Recherche
Eine allgemeine Suche nach einem Bewerber auf Google ist aus datenschutzrechtlicher Sicht kompliziert. Denn zumeist finden sich dabei nicht nur berufsbezogene Inhalte, sondern auch welche, die dem Privatleben zuzuordnen sind. Andererseits sind die Daten frei zugänglich im Netz. Rechtlich handelt es sich um eine Grauzone. Die Datenerhebung durch Googeln des Bewerbers ist grundsätzlich zulässig, solange sie nicht zur Erstellung eines Persönlichkeitsprofils führt.
Freizeitorientierte soziale Netzwerke
Freizeitorientierte soziale Netzwerke wie Facebook oder Instagram sind heikel, denn hier finden sich vorwiegend private Informationen des Bewerbers. Personalern ist es deshalb nicht gestattet, diese zu analysieren. Das gilt unabhängig davon, ob die Daten auf der Plattform öffentlich zugänglich oder vom Bewerber auf privat eingestellt sind.
Selbst wenn der Bewerber mit dem Personaler auf Facebook befreundet ist, darf dieser keine Informationen gegen den Bewerber verwenden. Private Angaben stehen schließlich in keinem beruflichen Zusammenhang.
Oft gibt es zudem in den AGBs sozialer Netzwerke ein Verbot zur gezielten Recherche von Bewerbern oder Mitarbeitern.
Berufsorientierte soziale Netzwerke
Ob es aus datenschutzrechtlicher Sicht zulässig ist, das Profil eines Bewerbers in einem berufsorientierten Netzwerk wie Xing oder LinkedIn zu analysieren, ist umstritten.
Zum einen sind Netzwerke wie Xing oder LinkedIn eindeutig für berufliche Zwecke ausgelegt und enthalten meist nur Inhalte, die für die Einstellung relevant sein können. Zum anderen sind die Inhalte erst nach Anmeldung auf der Plattform und nicht allgemein zugänglich. Auch ist die Datenerhebung nicht unbedingt erforderlich, um das Beschäftigungsverhältnis zu begründen.
Es handelt sich somit auch hier um eine datenschutzrechtliche Grauzaune. Wenn es um berufsorientierte Netzwerke geht, ist die Online-Suche zumindest eher zulässig als bei freizeitorientierten Netzwerken.
Einfluss auf Bewerbungsverfahren
Private Informationen über einen Bewerber, die ein Personaler bei der Internet-Recherche findet, dürfen seine Entscheidung über eine Einstellung nicht beeinflussen. Dazu zählen etwa sexuelle Orientierung, Religion, Parteizugehörigkeit oder ethnische Herkunft des Arbeitnehmers.
Personaler dürfen auch im Rahmen von Vorstellungsgesprächen nicht nach persönlichen Informationen fragen, die keinerlei beruflichen Bezug haben.
Eine Ausnahme kann bei Tendenzbetrieben vorliegen. Diese haben vorwiegend oder ausschließlich eine ideelle Orientierung. Bei Einstellung eines Bewerbers können Personaler prüfen, ob dessen Haltung mit dem Zweck des Betriebs übereinstimmt. Je nach Tendenzbetrieb kann das etwa die Religion oder die politische Einstellung des Bewerbers betreffen. In diesem Fall handelt es sich dabei um berufsbezogene Informationen, die Personaler in ihre Entscheidung über eine Einstellung einfließen lassen dürfen (Art. 9 Abs. 2 lit. d DSGVO).
Konsequenzen von Datenschutzverstößen
Ein Bewerber oder Arbeitnehmer vertraut darauf, dass der Arbeitgeber bzw. Personaler keine persönlichen Daten über ihn im Internet recherchiert. Denn das wäre ein Verstoß gegen das Datenschutzgesetz.
Kommt es zu einem Verstoß gelten grundsätzlich folgende Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung:
1) Betroffene haben das Recht, sich bei einer Aufsichtsbehörde über den Verstoß zu beschweren (Art. 77 DSGVO).
2) Die Aufsichtsbehörde kann verschiedene Maßnahmen gegen den Täter ergreifen (Art. 58 DSGVO).
3) Eine mögliche Maßnahme ist, dass die Aufsichtsbehörde ein Bußgeld verhängt (Art. 83 DSGVO).
4) Ist dem Betroffenen ein Schaden entstanden, kann er Schadensersatz verlangen (Art. 82 DSGVO).
Bewerber selbst erfahren selten von Datenschutzverstößen. Immerhin geben Personaler bzw. Arbeitgeber solche ungern zu. Wer diese eher aufdecken kann, ist der Betriebsrat. Denn der Arbeitgeber hat diesen nach § 99 BetrVG in jedem Bewerbungsverfahren über den Bewerber zu unterrichten und ihm die Bewerbungsunterlagen vorzulegen. Gibt es dabei Hinweise auf unerlaubte Internetrecherche des Arbeitgebers, kann der Betriebsrat intervenieren und gegebenenfalls den Bewerber darauf aufmerksam machen.
Schadensersatz
Ein Schaden entsteht einem Bewerber insbesondere dann, wenn der Personaler oder Arbeitgeber ihm wegen der erlangten privaten Informationen die Einstellung verweigert. Hier Schadensersatz zu verlangen ist zwar in der Theorie möglich. Allerdings ist in der Praxis schwer nachzuweisen, dass
ein Verstoß gegen das Datenschutzgesetz vorliegt und
die erhaltenen Informationen maßgeblich waren, die Einstellung zu verwehren.
Die besten Chancen auf Schadensersatz haben Bewerber, bei denen der Personaler für die Nichteinstellung einen Grund angibt, der nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz als diskriminierend zu werten ist.
In diesem Fall sollte der Bewerber sich für rechtliche Beratung an einen Anwalt für Arbeitsrecht wenden. Dieser hat die notwendige Expertise um festzustellen, wie hoch die Chancen auf eine erfolgreiche Schadensersatzklage sind.
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Bewerber googeln – Recht einfach erklärt
Werden Bewerber gegoogelt?
Bewerber müssen damit rechnen, dass Personaler oder Arbeitgeber eine Internetrecherche zu ihnen machen. Häufig nutzen diese dabei als Informationsquelle auch soziale Netzwerke. Etwa Facebook oder Instagram.
Weiterlesen: Internet-Recherche zu Bewerbern
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Welche Informationen dürfen Personaler googeln?
Grundsätzlich gibt es strenge Grenzen, was Personaler über Bewerber googeln dürfen und was nicht. Denn erlaubt ist die Suche nur, wenn es um berufsbezogene Informationen geht. Private Inhalte sind hingegen tabu.
Weiterlesen: Bewerber/Mitarbeiter googeln: Rechtliche Einschränkungen
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Dürfen Personaler Bewerber auf Facebook suchen?
Facebook ist ein soziales Netzwerk das freizeitorientiert ist. Für die Einstellung relevante Informationen sind dort wahrscheinlich nicht zu finden. Deshalb ist es Personalern nicht gestattet, das Profil des Bewerbers zu durchleuchten.
Weiterlesen: Freizeitorientierte soziale Netzwerke
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Wie dürfen Personaler private Informationen verwenden?
Selbst wenn Personaler zu Bewerbern private Informationen im Internet finden, dürfen sie diese nicht in die Entscheidung über die Einstellung miteinfließen lassen. Auch dürfen sie bei Vorstellungsgesprächen in der Regel keine privaten Angelegenheiten ansprechen.
Weiterlesen: Einfluss auf Bewerbungsverfahren
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Was für Konsequenzen gibt es für den Arbeitgeber bei unerlaubter Internet-Recherche?
Von Datenschutzverstößen betroffene Personen können bei einer Aufsichtsbehörde Beschwerde einreichen. In diesem Fall können auf den Arbeitgeber unter Umständen ein Bußgeld und die Zahlung von Schadensersatz zukommen.
Weiterlesen: Konsequenzen von Datenschutzverstößen
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