Flüchtlingskinder in einem Flüchtlingslager tragen Wasser: Manche Deutsche wollen ein Flüchtlingskind aufnehmen © Adobe Stock | Michele

Flüchtlingskind aufnehmen: Voraussetzungen, Ablauf & mehr

Immer wieder wollen Menschen ein Flüchtlingskind aufnehmen; aus Syrien, Afghanistan oder anderen Krisengebieten. In diesem Beitrag wird erklärt, wie die Aufnahme genau abläuft, welche Unterstützungsleistungen es gibt und was sonst noch zu beachten ist.

Wie kann ich ein Flüchtlingskind aufnehmen?


‌Wer ein Flüchtlingskind aufnehmen möchte, kann das örtliche Jugendamt kontaktieren. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu helfen. Die Aufnahme in die eigene Familie erfolgt im Rahmen einer Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII). 

‌Dieser Beitrag konzentriert sich in erster Linie darauf, wie ein Flüchtlingskind in eine Pflegefamilie (auch „Gastfamilie“) aufgenommen werden kann. Alternativ dazu können Familien oder Einzelpersonen jungen Flüchtenden auch auf andere Weise helfen.

Möglichkeiten zur Aufnahme

  • Vollzeitpflege: 
    ‌Hier wird ein minderjähriger unbegleiteter Flüchtling für eine gewisse Zeit in die eigene Familie aufgenommen. Die Familie bezeichnet man auch häufig als „Gastfamilie“.  
  • Vormundschaft: 
    ‌Bei einer Vormundschaft übernimmt man die gesetzliche Vertretung der Eltern des unbegleiteten Kindes. Die Eltern sind ja in vielen Fällen nicht in Deutschland. Der Vormund muss wichtige Entscheidungen rund um den „Mündel“ treffen, hat Haftungsrisiken und arbeitet eng mit Jugendamt und Familiengericht zusammen.    
  • Adoption: 
    ‌Wer ein Flüchtlingskind adoptieren möchte, muss sich mit dem örtlichen Jugendamt bzw. mit einer anerkannten Adoptionsvermittlungsstelle in Verbindung setzen. Ein Kind darf immer nur auf diesem Weg adoptiert werden. Voraussetzungen und Ablauf sind gleich wie bei einer Adoption im Inland bzw. Auslandsadoption
  • Patenschaft: 
    ‌Als Pate unterstützt man einen Minderjährigen bei der Integration in die Aufnahmegesellschaft. Dabei ist man ein wichtiger Ansprechpartner, geht möglicherweise gemeinsamen Freizeitbeschäftigungen nach, hilft beim Lernen und Hausaufgaben machen etc.  
  • Welche Voraussetzungen gibt es?


    ‌Für die Aufnahme eines Flüchtlingsbabys bzw. Flüchtlingskindes gelten die üblichen Voraussetzungen einer Aufnahme in eine Pflegefamilie. 

    ‌Voraussetzungen:

  • Bewerbung beim Jugendamt 
  • sichere finanzielle Verhältnisse 
  • ausreichend Wohnraum 
  • erweitertes polizeiliches Führungszeugnis 
  • Einverständnis aller Familienmitglieder 
  • Gesundheitsattest 
  • Bereitschaft zur Kooperation mit dem Jugendamt und allen anderen involvierten Personen/Institutionen 
  • Erziehungs- und Betreuungskompetenz 
  • Teilnahme an verpflichtenden Schulungen und Veranstaltungen 

  • ‌Nicht zwingend erforderlich:
  • spezielle Vorkenntnisse 
  • spezielle Ausbildung 
  • spezielle Sprachkenntnisse 
  • verheiratet sein 
  • ein heterosexuelles Paar sein 

  • ‌Vorteilhaft, aber nicht verpflichtend:
  • private bzw. berufliche Erfahrung mit Minderjährigen 
  • Offenheit, Interesse und Sensibilität für die Herkunftskultur der geflüchteten Person 
  • Bereitschaft, sich mit anderen, sozio-kulturell geprägten Verhaltensweisen auseinanderzusetzen 
  • Bereitschaft, Vorurteile kritisch zu hinterfragen 

  • ‌Alle weiteren Details zu den Voraussetzungen, können im Beitrag Pflegeeltern werden nachgelesen werden.
    Hinweis:
    Wer ein verwandtes unbegleitetes Flüchtlingskind aufnehmen will, muss ggf. weniger Voraussetzungen erfüllen. Weitere Informationen dazu gibt es beim Jugendamt. Haben Angehörige Probleme mit dem Jugendamt, können sie auch einen Anwalt für Familienrecht einschalten.

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    Wie läuft die Aufnahme eines Flüchtlings ab?


    ‌1) Erfüllung der Voraussetzungen und Bewerbung: 
    ‌Zuerst ist beim Jugendamt zu erfragen, ob vor Ort Pflegeeltern für Flüchtlingskinder gesucht werden. Wenn nicht, kann man an eine andere Stelle weitergeleitet werden. Beim Jugendamt wird die Bewerbung eingereicht und auch der weitere Ablauf erfragt. 

    ‌2) Clearingverfahren: 
    ‌Das Jugendamt klärt die Bedürfnisse des Kindes. 

    ‌3) Vermittlung: 
    ‌Das Jugendamt sucht die geeigneten Pflegepersonen für das Kind. Das kann mehrere Monate dauern. 

    ‌4) Kennenlernen: 

    ‌Potenzielle Pflegefamilie und Kind lernen sich persönlich kennen. 

    ‌5) Beginn des Pflegeverhältnisses: 
    ‌Aufnahme der Vollzeitpflege, wenn alle Beteiligten einverstanden sind und das Kennenlernen positiv verlaufen ist. 

    ‌6) Ende des Pflegeverhältnisses: 
    ‌Die allermeisten Flüchtlingskinder, die nach Deutschland kommen, sind zwischen 14 und 18 Jahre alt. Ein Pflegeverhältnis endet meist mit der Volljährigkeit des Kindes. In manchen Fällen bleibt es bis ins Erwachsenenalter hinein bestehen (oder Erwachsenenadoption). Denkbar ist auch der Wechsel in eine andere Wohnform der Hilfen zur Erziehung.

    Was dürfen die Pflegeeltern eines Flüchtlings entscheiden?


    ‌Die Pflege- bzw. Gasteltern dürfen sogenannte „Angelegenheiten des täglichen Lebens“ (Alltagssorge) regeln. Das sind wiederkehrende Entscheidungen z.B. hinsichtlich:
  • Arztbesuche, 
  • Schule, KiTas, Ausbildung, 
  • Freizeitaktivitäten und Urlaube etc. 

  • ‌Nicht ohne Weiteres entscheiden dürfen die Eltern z.B.
  • einen Umzug an einen anderen Ort,  
  • Rückführung in die Ursprungsfamilie,  
  • Hilfen zur Erziehung in Anspruch nehmen etc. 
  • Hinweis:
    Das Jugendamt hat für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Regel das Sorgerecht. Die rechtliche Vertretung jedoch übernimmt häufig ein sogenannter „Vormund“.

    Welche staatliche Unterstützung gibt es?


    ‌1) Steuerfreiheit: 
    ‌Pflegegeld wird nicht versteuert. Allerdings muss es in der Steuererklärung als Einnahme aus freiberuflicher Tätigkeit angegeben werden. 

    ‌2) Versicherung: 
    ‌Bis zu 150 Euro jährlich wird vom Jugendamt für die Privatunfallversicherung erstattet. Ebenso werden Haftpflichtversicherung sowie die Krankenhilfekosten übernommen. 

    ‌3) Beratungsangebote: 
    ‌Die Pflegefamilien haben Anspruch auf Beratungsleistungen des Jugendamtes. Zum Beispiel werden Schulungen, Supervision, Veranstaltungsabende und Erfahrungsaustausch mit anderen Pflegefamilien angeboten. 

    ‌4) Pflegegeld: 
    ‌Dieses Geld steht eigentlich den Personensorgeberechtigten bzw. Vormündern zu. Weil aber häufig die Pflegeeltern selbst die Erziehungs- und Pflegekosten zahlen, wird das Pflegegeld oft direkt an sie geleistet. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. empfiehlt zwischen 714–875 Euro monatlich. Die Höhe unterscheidet sich zwischen den Kommunen. 

    ‌5) Weitere Leistungen: 
    ‌Alles zu weiteren Leistungen im Beitrag: Pflegeeltern werden.

    Wohin kann ich mich wenden?

  • Flüchtlingskind aufnehmen: ans örtliche Jugendamt wenden 
  • Unterstützung bei der Pflege: ans örtliche Jugendamt wenden.  
  • Hinweis:
    Die Kontaktdaten aller Jugendämter in Deutschland.

    Erfahrungsberichte & Info-Materialien


    ‌Erfahrungsberichte:

  • ‌Infomaterialien für die Vollzeitpflege von Flüchtlingen:
  • Warum ist eine Pflegefamilie für Flüchtlinge sinnvoll?


    ‌Der Vorteil einer Gastfamilie liegt im familiäreren Umfeld, in dem das Flüchtlingskind leben und sich entwickeln kann. Der enge Bezug zur Pflegefamilie ist in vielerlei Hinsicht förderlich: für die Spracherlernung, Eingewöhnung in Schule und Ausbildung etc.

    Weitere Beiträge

  • Flüchtlingskind aufnehmen – Recht einfach erklärt

    Wie kann ich einen Flüchtling aufnehmen?

    Unter „ein Flüchtlingskind aufnehmen“ versteht man in der Regel, dass Paare oder Einzelpersonen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge als Pflegekinder („privat“) in ihre Familien aufnehmen. Dies erfolgt immer über das Jugendamt. Möglich ist auch eine Vormundschaft, eine Patenschaft und ggf. eine Adoption. 

    ‌Weiterlesen: Wie kann ich ein Flüchtlingskind aufnehmen?

    Wer kann ein Flüchtlingskind aufnehmen?

    Wer Flüchtlingskinder aufnehmen möchte, muss die üblichen Voraussetzungen für eine „Vollzeitpflege“ erfüllen. 

    ‌Weiterlesen: Welche Voraussetzungen gibt es?

    Wie lange bleiben Flüchtlinge in Pflegefamilien?

    Viele unbegleitete minderjährige Flüchtende sind bei ihrer Ankunft in Deutschland zwischen 14 und 18 Jahre alt. Üblicherweise endet die Pflege mit der Volljährigkeit. Die Pflegezeit dauert also meist zwischen ein paar Monaten bis zu 4 Jahre. Kann aber auch länger dauern. 

    ‌Weiterlesen: Wie läuft die Aufnahme eines Flüchtlings ab?

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