Pflichtteilsverzichtender unterschreibt Pflichtteilsverzichtsvertrag beim Notar im Büro. © Adobe Stock | Andrey Popov

Pflichtteilsverzichtsvertrag: Definition, Kosten, Widerruf

Das Pflichtteilsrecht kann nur per Vertrag entzogen werden: mit dem sogenannten Pflichtteilsverzichtsvertrag. Dieser kann jedoch nur abgeschlossen werden, wenn der Pflichtteilsberechtigte das ebenfalls möchte. Eine Abfindungszahlung ist möglich, aber nicht Pflicht. Alles dazu lesen Sie hier.

Was versteht man unter einem Pflichtteilsverzichtsvertrag?


‌Mit einem Pflichtteilsverzichtsvertrag verzichtet ein Pflichtteilsberechtigter auf seinen Pflichtteil. Der Vertrag wird zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem abgeschlossen. Die Folge davon ist, dass im Erbfall der Pflichtteilsberechtigte keinen Pflichtteil mehr bekommen kann, wenn er enterbt würde. Der Verzichtende erhält meist als Gegenleistung eine Abfindung ausgezahlt. 

‌Der Pflichtteilsverzichtsvertrag ändert nichts am Erbrecht des Verzichtenden. Er ist nach wie vor gesetzlicher Erbe. Diese Stellung verliert er nur, falls er vom Erblasser enterbt wird.
Hinweis:
Vorliegender Beitrag behandelt exklusiv das Thema Pflichtteilsverzichtsvertrag. Mehr Details zum Thema Pflichtteilsverzicht lesen.

Welche Arten von Pflichtteilsverzichtsvertrag gibt es?


‌Es sind mithin zwischen zwei Formen des Pflichtteilsverzichtsvertrags zu unterscheiden: 

‌1) Uneingeschränkter Pflichtteilsverzichtsvertrag: 
‌Hier verzichtet der Verzichtende auf die Ausgleichspflichtteile, auf die Pflichtteilsergänzungsansprüche, sowie auf seine Pflichtteilsrestansprüche als auch auf seine Verteidigungsrechte. 

‌2) Beschränkter Pflichtteilsverzichtsvertrag: 
‌Bei diesem Vertrag verzichtet der Verzichtende nicht auf sein ganzes Pflichtteilsrecht, sondern lediglich auf spezifische Teile davon.

Wann macht ein Pflichtteilsverzichtsvertrag Sinn?


‌Soll auf den Pflichtteil verzichtet werden, muss dies in einem Vertrag festgehalten werden. Von daher macht ein schriftlicher Vertrag nicht nur Sinn, sondern ist zwingend erforderlich. Ein mündlicher Pflichtteilsverzichtsvertrag ist nicht gültig. 

‌Situationsbezogen ist der Pflichtteilsverzicht dann sinnvoll, wenn z.B. ein Ehepaar ein Berliner Testament errichtet. Mit dem Verzicht der Kinder können diese dann den Pflichtteil nicht geltend machen, nachdem der erste Elternteil verstirbt. Die Konsequenz für die Kinder wäre: Sie würden enterbt, falls sie ihren Pflichtteil einfordern, was nachteilig für sie wäre.

Wie wirkt sich ein solcher Vertrag rechtlich aus?


‌Der Pflichtteilsverzichtsvertrag schließt automatisch auch die Abkömmlinge des Verzichtenden vom Pflichtteil aus, sofern im Vertrag nichts anderes bestimmt wird. Keine Auswirkungen hat der Verzichtsvertrag auf das gesetzliche Erbrecht. Ist er gesetzlicher Erbe und stirbt der Erblasser, so erbt er seinen gesetzlichen Erbteil bzw. jenen Teil, mit dem er vom Erblasser bedacht wurde.

Welcher Form bedarf ein derartiger Vertrag?


‌Ein Pflichtteilsverzichtsvertrag braucht eine notarielle Beurkundung, um rechtsgültig zu sein. Der Erblasser ist zur persönlichen Anwesenheit bei Vertragsabschluss beim Notar verpflichtet. Der Verzichtende hingegen kann eine bevollmächtigte Vertretung zur Vertragsunterzeichnung schicken; er muss nicht unbedingt persönlich dabei sein.

Wie wird ein Pflichtteilsverzichtsvertrag erstellt?


‌Erblasser und Verzichtender können den Vertrag inhaltlich grundsätzlich so gestalten, wie sie wollen. Zum Beispiel können sie sich ausmachen, auf welche Teile des Pflichtteilsrechts sich der Verzicht bezieht. Oder auch: Ob der Erblasser eine Abfindung zahlt oder nicht. 

‌Wichtig ist, dass weder sittenwidrigen Formulierungen enthalten sind, noch der Vertrag aufgrund von Drohung, Täuschung etc. zustande kommt. In solchen Fällen wäre der Vertrag ungültig und anfechtbar. 

‌Ein Anwalt für Erbrecht etwa kann für die Erstellung des Vertrags helfen bzw. ein Muster vorlegen.

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Achtung:
Bekommt der Verzichtende eine Abfindung und wird er nicht enterbt, erhält er trotzdem seinen Erbteil. Somit kann er einen Vorteil aus der Situation ziehen. Der Erblasser müsste ihn deshalb per Testament oder Erbvertrag enterben, damit dieser nicht übervorteilt wird.

Kann es einen Pflichtteilsverzichtsvertrag ohne Abfindung geben?


‌Ja, die Abfindungszahlung ist optional und nicht verpflichtend. Die Abfindung ist häufig eine gute Motivation für den Erben, sich überhaupt auf den Pflichtteilsverzichtsvertrag einzulassen. Es kann nämlich sein, dass er das Geld aus der Abfindung sofort brauchen kann und er deshalb den Verzicht auf den Pflichtteil leichter akzeptiert.

Was kann der Erblasser tun, wenn der Pflichtteilsberechtigte nicht in den Pflichtteilsverzichtsvertrag einwilligt?


‌Der Verzichtsvertrag kann und darf selbstverständlich nur einvernehmlich erstellt werden. Auch darf der Pflichtteilsberechtigte nicht dazu gedrängt, bedroht oder getäuscht werden. Es gibt jedoch legale Wege, die den Pflichtteilsberechtigten dazu bewegen können, einem Pflichtteilsverzichtsvertrag einzuwilligen.
  • Pflichtteilsstrafklausel: 
    ‌Zum Beispiel die sogenannte Pflichtteilsstrafklausel. Der Hintergrund: Durch eine Pflichtteilsstrafklausel wird dem Anspruchsberechtigten der Zugriff auf den Pflichtteil unattraktiv gemacht. Mit der Klausel würde er nämlich bestraft, wenn er auf den Pflichtteil zugreift; und zwar mit der Enterbung.
  • Alle Details dazu, wie man einen Pflichtteil umgehen oder verringern kann. 
  • Achtung:
    Es kommt immer wieder vor, dass Klauseln unredlich formuliert werden. Es ist also Sicherheit geboten. Am besten man berät sich im Vorfeld mit einem Rechtsanwalt für Erbrecht darüber.
  • Abfindung ausmachen: 
    ‌Sinnvoll kann auch die Vereinbarung einer Abfindungszahlung sein. Die Idee: Der Pflichtteilsberechtigte verzichtet vertraglich auf den Pflichtanteil, bekommt aber im Gegenzug gleich eine Abfindung ausgezahlt. Das nun früher verfügbare Geld kann vorteilhaft für ihn sein. Dadurch lässt sich der Pflichtteilsberechtigte vielleicht auf den Vertrag ein. 
  • Hinweis:
    Die Abfindungszahlung kann z.B. so hoch wie der gesetzliche Pflichtteil sein, muss aber nicht.

    Welche Kosten fallen an?


    ‌Bei der Erstellung des Pflichtteilsverzichtsvertrags fallen Kosten für den Notar an: die Notargebühren für die Beurkundung des Verzichtsvertrags. Sie berechnen sich auf Grundlage des Vermögenswertes, auf den der Verzichtende verzichtet (§ 102 GNotKG). Es wird die 2,0-fache Gebühr berechnet (Gebühren-Tabelle B).

    Kann man einen Pflichtteilsverzichtsvertrag anfechten?


    ‌Ja, er kann angefochten werden, und zwar dann, wenn der Vertrag aufgrund eines Irrtums, einer Drohung, Täuschung oder eines Gesetzesverstoßes zustande gekommen ist. Oder auch: Wenn der Vertrag sittenwidrig ist. 

    ‌Zum Beispiel, wenn der verzichtende Vertragspartner noch nicht die geistige Reife für den Vertragsabschluss hat, oder sich in einer Zwangslage befindet. Oder, wenn eine sittenwidrige Klausel formuliert wurde. Letzteres wäre zum Beispiel, wenn im Vertrag vereinbart würde, dass der Verzichtende – anstelle einer Abfindungszahlung – die Tochter des Erblassers heiraten darf. Hierfür gilt dasselbe wie für alle anderen Verträge.

    Kann man einen solchen Vertrag wiederrufen?


    ‌Ein Widerruf bzw. eine Aufhebung oder auch Änderung des Pflichtteilsverzichtsvertrags ist nur dann möglich, wenn beide Vertragspartner (einvernehmlich) den Vertrag rückgängig machen. Um dies zu erreichen, müssen sie einen neuen Vertrag beim Notar aufsetzen und beurkunden lassen.
    Hinweis:
    Der Abschluss eines Pflichtteilsverzichtsvertrages ist nur zu Lebzeiten des Erblassers möglich.

    Wie unterstützt ein Anwalt?


    ‌Ein Pflichtteilsverzichtvertrag kann recht komplex sein. Es ist daher vorteilhaft, sich vorher eingehend mit einem Juristen für Erbrecht zu beraten. Ein Anwalt für Erbrecht zum Beispiel klärt über die rechtlichen Eigenheiten und möglichen Schwierigkeiten eines Pflichtteilsverzichtsvertrages auf. 

    ‌Zudem kann er praktische Hilfe bei der Ausgestaltung des rechtsgültigen Verzichtsvertrags leisten. Besonders hinsichtlich des Einbaus bestimmter Klauseln und der sittenkonformen Formulierung des Vertrags ist rechtliche Erfahrung und Expertise wichtig. Letztlich kann er auch einen Notar organisieren und überhaupt die gesamten Rahmenbedingungen für den Pflichtteilsverzichtsvertrag prüfen.

    Weitere Beiträge

  • Pflichtteilergänzungsanspruch: Was ändern Schenkungen am Pflichtteil
  • Pflichtteilsverzichtsvertrag – Recht einfach erklärt

    Was ist ein Pflichtteilsverzichtsvertrag?

    Erblasser und Erbe können mit einem solchen Vertrag (einvernehmlich) vereinbaren, dass der Erbe – für den Fall, dass dieser enterbt wird – keinen Pflichtanteil an der Erbschaft oder nur einen bestimmten Teil davon erhält. Manchmal bekommt der Verzichtende eine Abfindungszahlung im Gegenzug. 

    ‌Weiterlesen. Was versteht man unter einem Pflichtteilsverzichtsvertrag?

    Ist der Pflichtteilsverzichtsvertrag unbedingt in Schriftform notwendig?

    Ja, dieser Vertrag muss schriftlich abgeschlossen und von einem Notar beurkundet werden. Der Erblasser muss bei der Vertragsunterzeichnung persönlich anwesend sein. Der Verzichtende kann sich auch von jemand Bevollmächtigten beim Vertragsabschluss vertreten lassen. 

    ‌Weiterlesen. Wann macht ein Pflichtteilsverzichtsvertrag Sinn?

    Wie kann man einen Pflichtteilsberechtigten zu einem Pflichtteilsverzichtsvertrag anregen?

    Zum Beispiel durch die Vereinbarung einer Abfindungszahlung; möglicherweise braucht der Verzichtende das Geld gleich. Oder mit einer Pflichtteilsstrafklausel; es gibt verschiedene davon. Die Strafklausel kann z.B. beinhalten, dass der Pflichtteilsverzichtende enterbt wird, sollte er den Pflichtteil geltend machen. 

    ‌Weiterlesen. Was kann der Erblasser tun, wenn der Pflichtteilsberechtigte nicht in den Pflichtteilsverzichtsvertrag einwilligt?

    Wann kann man einen Pflichtteilsverzichtsvertrag anfechten?

    Eine Anfechtung ist nur möglich, wenn die Vertragsunterzeichnung aufgrund von Drohung, Täuschung oder eines Gesetzesverstoßes zustande gekommen ist. Oder, wenn der Vertrag sittenwidrig ist; etwa eine sittenwidrige Klausel enthält, oder die verzichtende Vertragspartei vom Erblasser abhängig ist oder noch nicht die nötige geistige Reife für einen Vertragsabschluss hat, usw. 

    ‌Weiterlesen. Kann man einen Pflichtteilsverzichtsvertrag anfechten?

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