Stau, Autobahn, Rettungsgasse © Adobe Stock | Andreas Gruhl

Rettungsgasse bilden – Worauf sollten Autofahrer achten?

Autofahrer müssen im Stau eine Rettungsgasse bilden, um Rettungskräften das Erreichen eines Unfallorts zu erleichtern. Erfahren Sie, wann die Rettungsgasse gebildet werden muss, worauf bei drei- und mehrspurigen Autobahnen zu achten ist und wie Verstöße gegen diese Vorschrift geahndet werden.

Rettungsgasse bilden rettet Leben!


‌Die Bildung einer Rettungsgasse ermöglicht es Einsatzkräften, schnell den Unfallort zu erreichen. Viele Autofahrer sind unsicher, wie bei der Bildung der Rettungsgasse vorzugehen ist. Doch dieses Wissen ist wichtig. Laut aktueller Unfallstatistik kam es im Jahr 2021 in Deutschland zu mehr als 2,3 Millionen Autounfällen. Bei 258.000 dieser Unfälle waren Verletzte zu beklagen und 2.569 Menschen verunglückten tödlich. Nach einem schweren Autounfall mit Verletzten entscheiden oft Minuten darüber, ob den Opfern geholfen werden kann und die Notfallmaßnahmen erfolgreich sind. Ohne eine Rettungsgasse käme in vielen Fällen Hilfe zu spät, sodass die Zahl der Verkehrstoten steigen würde. 

‌Darüber hinaus geht es um die Sicherheit der Rettungskräfte und der Polizisten, die bei einem Unfall alarmiert werden. Die Unfallquote von Notarzt- und Rettungswagen liegt 300 bis 400 Prozent über der allgemeinen Unfallquote. Es ist somit von entscheidender Bedeutung, dass sich alle Verkehrsteilnehmer korrekt verhalten und im Stau eine Rettungsgasse bilden. Leider wissen laut einer Forsa-Umfrage 64 Prozent der Autofahrer nicht genau, wie man sich bei der Bildung einer Rettungsgasse verhalten muss. 

‌Die Vorschriften zur Bildung der Rettungsgasse wurden 2017 reformiert. Seitdem werden Zuwiderhandlungen mit wesentlich höheren Bußgeldern sowie Punkten in Flensburg und Fahrverboten geahndet. Die entsprechende Vorschrift ist eindeutig und wurde in § 38 der Straßenverkehrsordnung (StVO) festgelegt.
Hinweis:
Blaues Blinklicht und gelbes Blinklicht § 38 Absatz 1 StVO:

(1) 1Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn darf nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten.

Es ordnet an:

"Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen".
Wie freie Bahn zu schaffen ist, wird in § 11 StVO konkretisiert. Die Vorschrift bezieht sich auf Autobahnen und Straßen außerorts mit zwei oder mehr Fahrstreifen in einer Richtung. Daraus resultiert, dass es innerorts nicht zwingend erforderlich ist, eine Rettungsgasse zu bilden. Dennoch dürfen auch innerhalb von Ortschaften Einsatzkräfte keinesfalls behindert werden. Wenn auf einer Außerortsstraße nur eine Fahrspur je Richtung vorhanden ist, müssen die Verkehrsteilnehmer jeweils an den rechten Rand der Fahrspur ausweichen, um Einsatzfahrzeugen das Erreichen des Unfallorts zu ermöglichen.
Hinweis:
Besondere Verkehrslagen § 11 Absatz 2 StV0:

(2) Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.

In welchen Situationen muss eine Rettungsgasse gebildet werden?


‌Den meisten Autofahrern ist der Grundsatz „Bei Stau Rettungsgasse“ bekannt. Diese Aufforderung ist jedoch nicht ganz zutreffend. Sie müssen bereits dann eine Rettungsgasse bilden, wenn auf einer Autobahn oder mehrspurigen Straße außerorts nur noch mit Schrittgeschwindigkeit gefahren werden kann. Die Bildung einer Rettungsgasse ist also erforderlich, sobald der Verkehr ins Stocken gerät und eine Geschwindigkeit von sieben bis zehn Stundenkilometer nicht überschritten wird. 

‌Es muss also grundsätzlich bei stockendem Verkehr eine Rettungsgasse gebildet werden, unabhängig davon, ob bereits ersichtlich ist, dass ein Unfall den Stau verursacht. Daraus folgt, dass man sich nicht damit herausreden kann, kein Martinshorn gehört oder Blaulicht gesehen zu haben. 

‌Doch zwischen welchen Fahrstreifen soll die Rettungsgasse gebildet werden? Es gilt die Regel: Die Rettungsgasse wird immer zwischen dem linken Fahrstreifen und den übrigen Fahrstreifen gebildet. Wenn Sie den linken Fahrstreifen befahren, müssen Sie an den linken Rand des Fahrstreifens ausweichen. Autofahrer, die auf den anderen Fahrstreifen unterwegs sind, weichen entsprechend nach rechts aus und räumen dabei die direkt rechts neben dem linken Fahrstreifen liegende Spur. 

‌Schalten Sie außerdem das Warnblinklicht ein, wenn Sie an den Stau heranfahren, um andere Verkehrsteilnehmer vor der Gefahrensituation zu warnen.

Wie müssen sich Autofahrer bei der Bildung der Rettungsgasse verhalten?


‌Die Rettungsgasse wird gebildet, wenn der Verkehr ins Stocken gerät und die Fahrzeuge noch rollen. Gehen Sie dabei wie folgt vor: 

‌1) Blinker setzen 

‌2) Zur Seite fahren 

‌3)
Vermeiden, dass das Heck in die Fahrbahn ragt 

‌4)
Ausreichenden Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einhalten 

‌5)
Standspur freihalten 

‌6)
Vor Weiterfahrt auf weitere Rettungsfahrzeuge achten 

‌Wenn die Rettungsgasse an einer Kreuzung gebildet wird, ist es erlaubt, eine rote Ampel zu überfahren und in die Kreuzung hineinzufahren. Selbstverständlich dürfen andere Verkehrsteilnehmer dabei nicht gefährdet werden. Bei einer grünen Ampel sollte man ebenfalls anhalten und sich entsprechend einordnen. 

‌Befindet man sich bei Bildung der Rettungsgasse im Bereich einer Autobahnauffahrt ist sicherzustellen, dass die Einsatzfahrzeuge auch über mehrere Fahrspuren hinweg den Unfallort erreichen können. Um das zu gewährleisten, muss die Autobahnauffahrt unbedingt freigehalten werden.
Hinweis:
Rechte-Hand-Regel:

‌Mit dieser einfachen Regel kann man sich problemlos merken, welche Spur als Rettungsgasse geräumt werden muss. Die Lücke zwischen Daumen und den anderen Fingern der rechten Hand symbolisiert die Rettungsgasse. Es ist also egal, ob neben dem linken noch zwei, drei oder vier weitere Fahrspuren in eine Richtung vorhanden sind. Die Fahrspur neben der linken wird immer als Rettungsgasse genutzt. Autofahrer, die nicht auf der linken Fahrspur unterwegs sind, orientieren sich immer nach rechts.

Darf man auf den Standstreifen fahren?


‌Der Standstreifen ist meist zu schmal für breite Rettungsfahrzeuge und deshalb nicht als Rettungsweg geeignet. Dennoch dürfen Autofahrer den Standstreifen nur dann befahren, wenn es ansonsten nicht möglich ist, eine Rettungsgasse von ausreichender Breite zu bilden. Eine weitere Ausnahme ist die direkte Aufforderung der Polizei, den Standstreifen zu befahren.

Wann kann die Rettungsgasse aufgelöst werden?


‌Die Rettungsgasse muss geöffnet bleiben, bis sich der Stau auflöst und die Unfallstelle geräumt ist. Bis zu diesem Zeitpunkt ist es jederzeit möglich, dass weitere Rettungsfahrzeuge oder Abschleppwagen die Rettungsgasse zur Durchfahrt benötigen.

Welche Fahrzeuge dürfen die Rettungsgasse befahren?


‌Die Rettungsgasse darf ausschließlich von Polizei- und Rettungsfahrzeugen wie Kranken- und Feuerwehrwagen oder von Abschleppwagen befahren werden. Keinesfalls dürfen Autofahrer die Rettungsgasse nutzen, um schneller voranzukommen. Vor der Neuregelung der Verordnungen zur Bildung der Rettungsgasse wurde ein derartiges Vergehen lediglich als verbotenes Rechtsüberholen, also als Verstoß gegen das Überholverbot geahndet. Jetzt wird das Fahren in der Rettungsgasse mit einem höheren Bußgeld von 240 Euro sowie zwei Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot bestraft.

Was gilt innerhalb einer Ortschaft?


‌Wie oben erläutert, gibt es innerorts keine zwingende Vorschrift zur Bildung einer Rettungsgasse. Viele Verkehrsteilnehmer reagieren erschrocken, wenn im Stop-and-go-Verkehr hinter ihnen ein Martinshorn zu hören ist und der Rettungswagen in schneller Geschwindigkeit heranfährt. Plötzliches Bremsen ist keine angemessene Reaktion. Auch innerorts gilt, dass man darauf achten muss, Einsatzkräften die Durchfahrt zu ermöglichen. Deshalb sollte man langsam fahren und durch Setzen des Blinkers signalisieren, dass man nach rechts oder links ausweichen will. Wenn es erforderlich ist, muss man am Rand der Fahrbahn anhalten und sicherstellen, dass das Heck nicht auf die Fahrbahn ragt. Sie dürfen außerdem im Notfall auf den Bordstein fahren, um Platz zu schaffen, solange dabei weder Fahrradfahrer noch Fußgänger gefährdet werden. 

‌Auch für Fahrradfahrer und Fußgänger gilt übrigens, das sie alles vermeiden müssen, was Rettungskräfte behindert. Bleiben Fußgänger oder Fahrradfahrer stehen, um das Unfallgeschehen zu beobachten („Gaffen“), ist dies eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 1.000 Euro geahndet werden kann.

Wie wird Fehlverhalten bei der Bildung der Rettungsgasse bestraft?


‌Eine Rettungsgasse zu bilden, rettet Leben und sorgt dafür, dass Einsatzkräfte schnellstmöglich zum Unfallort gelangen. Dementsprechend werden Verstöße gegen diese Vorschrift keinesfalls als Kavaliersdelikt betrachtet, sondern mit hohen Bußgeldern, Punkten in Flensburg und Fahrverboten geahndet. 

‌Die Höhe der Strafen für diese Ordnungswidrigkeiten sind im aktuellen Bußgeldkatalog aufgelistet. 

‌Aktuell gültige Strafen:

‌Sie haben einen Bußgeldbescheid erhalten, obwohl Sie sich keiner Schuld bewusst sind oder sich aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht anders als geschehen verhalten konnten? Verlieren Sie in diesem Fall keine Zeit, denn ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ist nur bis zu zwei Wochen nach Erhalt möglich. Deshalb sollten Sie umgehend einen Rechtsanwalt mandatieren, der auf Verkehrsrecht spezialisiert ist, damit dieser Ihre Interessen vertritt.

In welchen Fällen kann man strafrechtlich belangt werden?


Wer mit Absicht die Rettungsgasse blockiert und auf diese Weise die Einsatzkräfte behindert, wird gemäß § 315c des Strafgesetzbuches (StGB) – Gefährdung des Straßenverkehrs einer Verkehrsstraftat bezichtigt. Eine derartige Anklage erwartet Autofahrer beispielsweise, wenn sie in der Rettungsgasse hinter einem Rettungswagen fahren oder die Rettungsgasse in falscher Richtung befahren, um dem Stau zu entkommen. Für eine solche Straftat droht eine Geld- oder Haftstrafe von maximal fünf Jahren. Das aktive Behindern von Rettungskräften wird juristisch mit einem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gleichgesetzt und je nach Schwere des Vergehens ebenfalls mit Geld- und Haftstrafen bis zu fünf Jahren geahndet. 

‌Wenn Sie wegen Gefährdung des Straßenverkehrs angeklagt werden, ist die Mandatierung eines Strafrechtsanwalts dringend anzuraten.

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Warum kommt es bei der Bildung der Rettungsgasse oft zu Problemen?


‌Leider funktioniert die Bildung einer Rettungsgasse in der Praxis nicht so reibungslos, wie es die eindeutigen Vorschriften vermuten lassen. Nicht immer ist es mangelnde Einsicht, sondern oft Unsicherheit, die Autofahrer zu falschem Handeln bewegt. Häufig bleiben Autofahrer erschreckt mitten auf der Fahrbahn stehen, wenn sich ein Einsatzwagen mit Blaulicht und Martinshorn von hinten nähert. Innerorts wird beispielsweise oft in eine Seitenstraße eingebogen. Muss der Rettungswagen ebenfalls genau dort einbiegen, kommt es zur Blockade. Weil die Bildung der Rettungsgasse eine lebenswichtige Maßnahme ist, wird jedoch unbeabsichtigtes Fehlverhalten ebenso hart bestraft wie Rücksichtslosigkeit.

Rettungsgasse – Welche Regeln gelten in anderen europäischen Ländern?


‌Ein Unfall im Urlaub ist eine Extremsituation. Informieren Sie sich schon vor Antritt der Reise über Unterschiede bei den Verkehrsvorschriften, um dann besonnen und ruhig zu reagieren. In Österreich, in der Schweiz, in Belgien, in Tschechien, in Ungarn, in Luxemburg, in der Slowakei, in Slowenien und in Polen gelten bei der Bildung der Rettungsgasse vergleichbare Vorschriften wie in Deutschland. Andere europäische Länder belassen es bei einer allgemeinen Aufforderung. Doch auch dort gilt, dass im Notfall Gassen für Einsatzfahrzeuge freizumachen sind.

Rettungsgasse bilden – Recht einfach erklärt

Wann muss eine Rettungsgasse gebildet werden?

Wenn es außerhalb zu stockendem Verkehr oder einem Stau kommt, müssen die Fahrer aller Fahrzeuge eine Rettungsgasse bilden. 

‌Weiterlesen: In welchen Situationen muss eine Rettungsgasse gebildet werden?

Welche Spur muss bei der Bildung der Rettungsgasse geräumt werden?

Es muss stets die neben der linken Fahrbahn liegende Spur geräumt werden. Fahrzeuge auf der linken Spur fahren an den linken Fahrbahnrand. Die Fahrzeuge auf den anderen Spuren orientieren sich nach rechts, wobei der Standstreifen freizuhalten ist. 

‌Weiterlesen: In welchen Situationen muss eine Rettungsgasse gebildet werden?

Wie verhält man sich bei Unfällen innerhalb einer Ortschaft?

Obwohl die Bildung einer Rettungsgasse nur außerorts vorgeschrieben ist, müssen Autofahrer auch innerorts den Weg für Rettungskräfte freimachen. Links fahrende Fahrzeuge orientieren sich am linken Rand der Fahrbahn und rechts fahrende Autos weichen nach rechts aus. Auf diese Weise wird es den Einsatzfahrzeugen ermöglicht, die Mitte der Straße zu nutzen, um zum Unfallort zu gelangen. 

‌Weiterlesen: Was gilt innerhalb einer Ortschaft?

Welchen Strafen drohen Autofahrern, die sich nicht vorschriftsmäßig verhalten?

Vergehen hinsichtlich der Bildung einer Rettungsgasse werden als Ordnungswidrigkeit geahndet und mit hohen Bußgeldern, Punkten in Flensburg sowie einem einmonatigen Fahrverbot bestraft. Geht das Fehlverhalten mit einer Gefährdung des Straßenverkehrs einher, droht sogar eine strafrechtliche Anklage und damit im schlimmsten Fall fünf Jahre Haft. 

‌Weiterlesen: Wie wird Fehlverhalten bei der Bildung der Rettungsgasse bestraft?

Welche Regeln gelten in anderen europäischen Ländern?

In Österreich, in der Schweiz, in Belgien, in Luxemburg, in Polen, in Tschechien, in Slowenien, in Ungarn und in der Slowakei gelten die gleichen Regeln wie in Deutschland. Im übrigen europäischen Ausland gibt es jedoch nur allgemeine Empfehlungen, die besagen, dass eine Gasse für Einsatzfahrzeuge geräumt werden muss. 

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