Geschwister tragen einen Erbstreit aus: Sind Immobilien im Nachlass ist Streit oft vorprogrammiert. © Adobe Stock | motortion

Erbstreit: Warum wird ums Erbe gestritten und was kann man dagegen tun?

In einer Erbengemeinschaft festsitzen, enterbt werden, Pflichtteilsansprüche auszahlen. Erbstreits kommen sehr häufig vor. Dieser Beitrag zeigt auf, welche Gründe häufig Erbstreitigkeiten auslösen und gibt Ratschläge, was Erblasser sowie Erben beitragen können, um Erbstreits zu vermeiden.

Was sind übliche Auslöser für einen Erbstreit?


‌Immobilien und Grundstücke, Geschwister erben gemeinschaftlich, Enterbung. Die Gründe für Erbstreitigkeiten sind vielfältig. Nachstehend werden Ihnen die häufigsten Gründe vorgestellt.

1) Gesetzliche Erbfolge


‌Setzt der Erblasser nicht bewusst spezifische Erben für seinen Nachlass ein, beispielsweise in einem Testament oder Erbvertrag, so greift die gesetzliche Erbfolge. Demgemäß entsteht eine Erbengemeinschaft, wenn mehrere gesetzliche Erben vorhanden sind

‌Dies führt immer wieder zu schweren Erbstreitigkeiten, vor allem dann, wenn sich die gleichzeitig Erbenden nicht gut verstehen und/oder Vermögenswerte vorhanden sind, die sich nur kompliziert aufteilen lassen. Zum Beispiel ein Haus oder ein Grundstück.
Hinweis:
Ein Problem bei der gesetzlichen Erbfolge kann außerdem sein, dass der Erben an den Nachlass kommen, die vielleicht mit dem Erblasser nie etwas zu tun hatten und nun von den anderen Miterben als „Nutznießer“ angesehen werden.

2) Pflichtteil


‌Der Pflichtteil ist der Pflichtanteil am Erbe, der enterbten gesetzlichen Erben zusteht. Er beträgt immer die Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Das Problem: Enterbte fühlen sich in vielen Fällen vom Erblasser übergangen. Zudem kann die Auszahlung des Pflichtteils den Erben Schwierigkeiten bereiten, vor allem dann, wenn sie Immobilien geerbt haben. 

‌Können sie den Pflichtteil nicht aus eigener Tasche bezahlen, bleibt oft nur der Verkauf der Immobilie, um liquide zu werden und den Enterbten bezahlen zu können. 

‌Ein weiterer Konfliktherd ergibt sich aus dem sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch. Verschenkt der Erblasser Vermögen innerhalb von 10 Jahren vor seinem Tod, so wird dieses Vermögen zu einem bestimmten Prozentsatz noch zur Erbschaft hinzugerechnet.

3) Erbengemeinschaft


‌Sehr häufig gibt es dann Erbstreits, wenn mehrere Personen gleichzeitig erben. Erbstreitigkeiten unter Geschwistern und dem überlebenden Ehegatten sind in diesem Zusammenhang verbreitet. 

‌Besonders schwierig: Eine Erbengemeinschaft muss in den allermeisten Fragen gemeinschaftlich entscheiden. Gehen die Meinungen auseinander, kann sich die Erbauseinandersetzung in einer Erbengemeinschaft im schlimmsten Fall über Jahrzehnte in die Länge ziehen.
Hinweis:
Auslöser für Erbstreitigkeiten unter Geschwistern sind nicht selten Zuwendungen zu Lebzeiten vom Erblasser an einen zukünftigen Erben (z.B. Schenkungen). Dies kann vom Erblasser auch als Taktik verwendet werden, um die Erbmasse zu reduzieren und andere Personen von der Erbschaft auszugrenzen (siehe auch Pflichtteilsergänzungsanspruch in diesem Zusammenhang).

4) Immobilien


‌Immobilien bzw. Grundstücke haben in der Regel einen hohen Wert und sind schwer aufzuteilen. Die Meinungsverschiedenheiten zur Frage der Verwendung von Immobilien und Grundstücken sind in Erbengemeinschaften oft groß. 

‌Ein Erbe möchte beispielsweise in das Haus einziehen und die anderen auszahlen, ein anderer möchte es vermieten und wieder ein anderer Erbe will so schnell wie möglich an Geld und das Haus verkaufen

‌Im schlimmsten Fall – wenn keine Einigung zu erzielen ist – bleibt einer Immobilie dann nur noch die Zwangsversteigerung, auch Teilungsversteigerung genannt. Dabei kommt sie für weit weniger Geld unter den Hammer, als sie eigentlich wert wäre.

5) Formfehler im Testament


‌Testamente sind anfällig für Formfehler. Schreibt ein Erblasser ein Testament, muss er sich an genaue Regeln halten. So muss er es beispielsweise persönlich und eigenhändig verfassen, oder er lässt es von einem Notar schreiben. Ein mit dem PC verfasstes und ausgedrucktes Testament ist unwirksam. Außerdem darf es keine widersprüchlichen Formulierungen enthalten. 

‌Werden diese Formvorschriften missachtet, läuft der Erblasser Risiko, ein unwirksames Testament aufgesetzt zu haben. Eine Testamentsanfechtung, z.B. durch einen übergangenen Erben, ist dann möglich.
Hinweis:
Die sicherere Variante ist immer ein notarielles Testament oder ein Testament, das mithilfe eines Anwalts für Erbrecht errichtet wird.

Wie kann man Erbstreit vermeiden?


‌Erbstreit kann sowohl vom Erblasser vorgebeugt als auch von den Erben nach dem Erbfall vermieden werden, wenn einige wichtige Dinge beachtet werden. Die wichtigsten Maßnahmen hierfür werden nachstehend vorgestellt.

Was kann der Erblasser tun?


‌1) Wirksames Testament schreiben 
‌Das Testament ist ein nützliches erbrechtliches Instrument, mithilfe dessen der Erblasser die Erbschaft klar regeln kann. Er kann darin Teilungsanordnungen und andere Anordnungen treffen, Auflagen erteilen, gesetzliche Erben enterben, einen Testamentsvollstrecker und Ersatztestamentsvollstrecker einsetzen. 

‌Aber: Wird das Testament inhaltlich klar und formgerecht errichtet, kann es auch durch klare Anordnungen oft Zerwürfnisse innerhalb von Erbengemeinschaften vermeiden. Oder etwa indem schon vorausschauend nur bestimmte Personen (z.B. jene, die sich gut verstehen) in eine Erbengemeinschaft zusammengefasst werden. 

‌2) Erbvertrag errichten 
‌Ein Erbvertrag kann deshalb gut Streitigkeiten vorbeugen, da er für den eingesetzten Erben keine Überraschung darstellt. Es handelt sich dabei um einen Vertrag, der zwischen Erblasser und Erbe(n) abgeschlossen wird. Somit ist von vorneherein klar, wer tatsächlich etwas erben wird.
Hinweis:
Ein Anwalt für Erbrecht kann bei Erbstreitigkeiten unterstützen, die eigene Position durchzusetzen.
3) Vorweggenommene Erbfolge nutzen 
‌Ein weiteres nützliches Werkzeug ist die vorweggenommene Erbfolge, auch „Übertragung zu Lebzeiten“. Erfolgt dafür keine Gegenleistung handelt es sich um eine Schenkung. Der Vorteil daran ist, dass zudem Steuern gespart werden können. Denn der Freibetrag für Schenkungs- und Erbschaftssteuer kann alle 10 Jahre voll ausgeschöpft werden. 

‌4) Testamentsvollstrecker anordnen 
‌Die Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist es, sicherzustellen, dass der Wille des Erblassers tatsächlich durchgesetzt wird. Nur in seltenen Fällen können sich Erben gegen den Willen des Erblassers entscheiden. Aber auch nur dann, wenn der Testamentsvollstrecker damit einverstanden ist. 

‌Sinnvoll ist ein Testamentsvollstrecker z.B. auch bei minderjährigen Erben. Dieser kann dann sicherstellen, dass Personen, welche die Vermögenssorge für das Kind über haben, sich nicht am Nachlass bedienen können, der ihren Kindern zufällt.
Hinweis:
Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung kann andererseits aber auch Konfliktpotential freisetzen. Denn die Erben müssen sich an ihn halten. Trotzdem behält der Erblasser damit die Oberhand und kann vermeiden, dass der Nachlass gegen seinen Willen verwendet wird.
5) Checkliste erstellen 
‌Mit einer Checkliste kann der Erblasser nach seinem Todesfall den Erben einiges an Chaos ersparen. Die Checkliste hilft sowohl den Erben als auch dem Erblasser selbst, sich über die gesamte Erb- und Vermögenssituation einen Überblick zu verschaffen

‌Darin kann beispielsweise angegeben werden, ob und welche Sparbücher und Bankkonten es gibt, welche Versicherungen bestehen, ob ein Testament oder ein Erbvertrag vorhanden ist, welches Vermögen in Form von Geld, Immobilien, Aktien etc. im Nachlass befindlich ist. Mehr im Beitrag Checkliste für Erblasser und Erben lesen.

Was können die Erben tun?


‌1) Erbteilsverkauf 
‌Mit einem Erbteilsverkauf kann ein Erbe aus einer Erbengemeinschaft ausscheiden, die möglicherweise sehr hohes Konfliktpotential hat. Durch das Ausscheiden erhält er einerseits Geld und braucht sich andererseits zukünftig nicht mehr mit den Nachteilen der Erbengemeinschaft abmühen.
Hinweis:
Die Verwaltungsarbeiten in der Erbengemeinschaft können viele Ressourcen binden, weshalb ein Verkauf des Erbteils die beste Lösung aus der Verpflichtung einer Erbschaft ist.
2) Abschichtung 
‌Unter Abschichtung versteht man eine recht unkomplizierte Form des Ausstiegs aus der Erbengemeinschaft. Als Gegenleistung kann der aussteigende Miterbe eine Abfindung in Geld erhalten. Der Erbteil des ausgeschiedenen Miterben kommt nun den anderen Miterben zu. Dadurch ergibt sich eine Anwachsung: Der Anteil wird auf die verbleibenden Erben aufgeteilt. 

‌3) Erbauseinandersetzungsklage 
‌Eine Erbauseinandersetzungsklage ist neben der Zwangsversteigerung die letzte Möglichkeit, eine Erbengemeinschaft aufzulösen. Dabei wird ein Auseinandersetzungsplan (Teilungsplan) bei Gericht eingereicht. Das Gericht prüft daraufhin den Teilungsplan. Gibt es der Klage statt, dann wird der Nachlass laut Plan aufgeteilt. 

‌4) Erbausschlagung 
‌Eine weitere Möglichkeit, um den Problemen eines Erbstreits zu entgehen, ist die Ausschlagung des Erbteils. Wer das Erbe ausschlägt, verliert seine rechtliche Stellung als Erbe vollständig. Für die Erbausschlagung ist eine 6-wöchige Frist ab Kenntnis des Erbanfalls zu berücksichtigen.
Hinweis:
Eingebracht wird die Ausschlagungserklärung persönlich beim Nachlassgericht, alternativ kann sie von einem beauftragten Notar bzw. Rechtsanwalt via Notar eingebracht werden.

Was kann ein Erbstreit kosten?


‌Bei Erbstreitigkeiten können zum Beispiel Kosten für Testamentsvollstrecker, Mediator, Rechtsanwalt für Erbrecht und Gutachter anfallen. Wird ein Streit vor Gericht ausgefochten, sind die Kosten immer von derjenigen Partei zu tragen, welche den Erbstreit verliert. Also die Gerichtskosten als auch die eigenen sowie die Anwaltskosten der gegnerischen Partei.

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Hinweis:
Erbstreitigkeiten sind in der Regel sehr teuer, da die Streitwerte ebenfalls sehr hoch sind.

Wie lange können sich Erbstreitigkeiten hinziehen?


‌Erbstreits können sehr lange dauern. Die Dauer ist in erster Linie davon abhängig, wann sich die Miterbengemeinschaft einigen kann. Solange dies nicht gelingt, ist die Erbschaft auch nicht auseinandergesetzt. Gerichtliche Erbstreitigkeiten können sich ebenfalls über Jahre ziehen, wenn sie über verschiedene Instanzen gehen.

Erbstreit – Recht einfach erklärt

Welche Gründe können Auslöser für Erbstreit sein?

Häufig liegt Erbstreit darin begründet, dass der Erblasser die Erbregelung der gesetzlichen Erbfolge überlässt, d.h. wenn z.B. keine letztwillige Verfügung vorhanden ist, wenn die Enterbung bzw. die Auszahlung des Pflichtteils das Konfliktpotential schürt, Immobilien im Nachlass und mehr. 

‌Weiterlesen: Was sind übliche Auslöser für einen Erbstreit?

Was können Erblasser tun, um einem Erbstreit vorzubeugen?

Wirksame Maßnahmen, die bereits der Erblasser im Vorfeld treffen kann, um Erbstreitigkeiten vorzubeugen, sind beispielsweise die Errichtung eines (gültigen) Testaments oder Erbvertrags, die Ausnutzung von Übertragungen zu Lebzeiten, die Anordnung eines Testamentsvollstreckers etc. 

‌Weiterlesen: Wie kann man Erbstreit vermeiden?

Was können Erben tun, um einen Erbstreit zu vermeiden?

Erben können Erbstreitigkeiten womöglich Erbstreitigkeiten minimieren oder ihnen gänzlich aus dem Weg gehen, indem sie ihren Erbteil verkaufen, mit einem Abschichtungsvertrag aus der Erbengemeinschaft austreten, eine Auseinandersetzungsklage bei Gericht einreichen, oder ähnliches. 

‌Weiterlesen: Wie kann man Erbstreit vermeiden?

Was kostet ein Erbstreit?

Kosten entstehen üblicherweise für Rechtsanwalt, Mediator, Gericht, Gutachter, Testamentsvollstrecker. 

‌Weiterlesen: Was kann ein Erbstreit kosten?

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